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Das München-Komplott

Das München-Komplott

Titel: Das München-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Klaue Metallschrott und hob ihn auf die Schiffe.
    Der Schrott türmte sich hinter einer weißen Absperrmauer,drückte sie fast auseinander, Metallteile hingen über den Rand der Mauer bis zum Boden. Dengler kam es wie eine überfüllte Schuhschachtel vor, die sich an den Seitenrändern bis an die Grenze des Berstens bog.
    Davor war ein Containerlager. Himmelwärts türmten sich blaue und rostbraune Behälter und bildeten eine kleine Stadt mit eigenen Pfaden und Schluchten. Dengler marschierte durch diese Gräben. Hier konnte sie sich nicht verstecken.
    Er ging zur Mole zurück und rief Bettys Namen.
    Nichts rührte sich.
    Nun, dann würde er am Abend zu der Verabredung mit ihr wiederkommen.

Geständnisse
    »Geständnisse?«, sagte der Minister und hob die Brauen.
    Er legte den Füller zur Seite und sah sie an.
    Sie mochte ihn. Obwohl er ganz anders war als sie. Er kam aus einer Politikerfamilie. Sein Vater war bereits Abgeordneter im badischen Landtag gewesen. Er hatte die komplette Tour hinter sich, die sie auch absolviert hatte. Schüler-Union, Junge Union, RCDS, dann die Partei, erste Ämter und natürlich ein Jura-Studium mit Promotion. Er war in der Partei verankert, aber er war auch ein Auslaufmodell. Nach der Wahl würde er wohl kaum mehr Minister werden. Jeder wusste das, aber niemand sprach darüber.
    »Ich höre mir gern Geständnisse junger Frauen an«, sagte er.
    »Es wird dir nicht sehr viel Freude machen, Werner. Ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe einen Dienstflug mit dem Hubschrauber unternommen und der Flugbereitschaftangegeben, ich würde ihn in deiner Vertretung nutzen. Jemand, der mir sehr nahesteht, wurde von Neonazis zusammengeschlagen. Und ich wollte zu ihm. Das kann ich zu meiner Entlastung anführen. Ich war völlig aufgelöst. Kopflos.«
    »Und nun hat jemand deine Verfehlung mitbekommen?«
    »Ich hatte gerade eine Unterredung mit dem Präsidenten des Verfassungsschutzes. Er hat von der Sache Wind bekommen und wollte sie dazu benutzen, mich zu erpressen. Ich soll meine Initiativen für ein NPD-Verbot aufgeben. Ich lasse mich natürlich nicht erpressen. Aber in den letzten Wochen vor dem Wahlkampf wirst du auf deine parlamentarische Staatssekretärin verzichten müssen. Ich trete zurück.«
    »Wie geht es der Person, ein Mann vermute ich, die im Krankenhaus liegt?«
    »Besser. Viel besser. Ich hoffe, dass er morgen entlassen wird.«
    »Gut. Das freut mich. Wann hast du den Hubschrauber benutzt?«
    »Vor drei Tagen.«
    Der Minister griff zum Telefon.
    »Frau Meissner, ich hatte ganz vergessen, Ihnen zu sagen, dass Frau von Schmoltke mich vor drei Tagen in …«
    Sein Mund formte lautlos das Wort wo .
    »Tübingen«, sagte Charlotte.
    »… in Tübingen vertreten hat. Sie musste für mich einen Besuch in einem Krankenhaus abstatten. Würden Sie dies bitte nachträglich der Flugbereitschaft mitteilen, dass die das in den Listen richtig aufschreiben, ja? Herzlichen Dank.«
    Er legte auf.
    »So etwas kann ich nur einmal machen.«
    »Ich weiß. Ich danke dir.«
    »Schon o. k. Wie läuft der Wahlkampf?«
    »Du musst ihn rauswerfen, Werner.«
    »Bitte?«
    »Den Chef des Verfassungsschutzes. Er hat versucht, eine Politikerin zu erpressen. Er ist nicht tragbar. Feuere ihn.«
    Der Minister nahm den Füller wieder von der Tischplatte und drehte ihn zwischen beiden Händen. Dabei sah er Charlotte nicht an, sondern blickte auf den rotierenden Füller, als sei es ein Orakel.
    »Das geht nicht«, sagte er schließlich.
    »Was heißt, das geht nicht? Der Dienst baut seine eigene Partei auf. Er erzählte mir, dass …«
    »Es geht nicht. Charlotte. Es geht einfach nicht.«
    Er legte den Füller wieder zurück.
    »Sie haben dich, Werner, sie haben dich auch … in ihrer Gewalt.«
    »Ich habe dir geholfen. Gerade eben. Mehr kann ich nicht tun.«
    Er stand auf.
    »Charlotte, meine Tage sind gezählt. Das weißt du, das weiß ich. Du bist die Hoffnung. Du musst es besser machen. Ich bewundere deine Offenheit … Und deine Unabhängigkeit. Vermassele sie dir nicht.«
    Ungelenk umarmte er sie.
    Charlotte fühlte sich wie betäubt, als sie das Ministerbüro verließ.

Dengler stirbt
    Das gelbe Licht schaukelte träge auf dem trüben Wasser. Die Kaianlagen lagen verlassen vor ihm. Vorne die Stadt der Container, dann die Schrottverladestelle. Metallteile hingen an der Mauer herunter. Manchmal, wenn das Licht, das vom Wasser kam, von ihrer Oberfläche reflektiert wurde, blinkten sie auf, sonst lagen sie in tiefem

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