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Das München-Komplott

Das München-Komplott

Titel: Das München-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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an welchem Fall arbeiten Sie da? Wir sind natürlich auch interessiert. Nauber war deutscher Staatsbürger, ein hoher General, pensioniert zwar, aber es war Mord. Um was geht es?«
    »Es gab ein Nato-Gremium, das entsprechend einer Geheimvorschrift namens Field Manual 30–31 des amerikanischen Militärgeheimdienstes Terroraktionen in Europa durchführte. In Italien flog es nach dem verheerenden Bombenattentat auf den Bahnhof von Bologna auf. Diese geheime Organisation heißt Gladio. Sie war auch in Deutschland aktiv. Ichvermute, dass das Attentat auf dem Münchener Oktoberfest von Gladio verübt wurde. Es misslang, und die Alleinschuld wurde einem Studenten namens Gundolf Köhler zugeschoben, der der neonazistischen Wehrsportgruppe Hoffmann nahestand. Ich vermute weiterhin, dass Köhler nur die Bombe ablegen sollte. Gezündet hat sie wahrscheinlich ein damals junger deutscher Geheimdienstler namens Hans Leitner, den wir beide ja kennen beziehungsweise kannten. Koordiniert wurden die Einsätze von dem Allied Clandestine Committee . Wie sind die beiden anderen Generäle umgekommen?«
    »Sie wurden erschossen. Wie Nauber.«
    »Jemand ist also damit beschäftigt, die Mitglieder dieses Komitees zu beseitigen.«
    »Sie wissen, dass ich damals im Landeskriminalamt tätig war. Ich war ein junger Kriminalbeamter. Aber dass da etwas schieflief, spürte ich doch.«
    »Deshalb haben Sie mich mit den Ermittlungen betraut.«
    »Ja. Manche Fälle lassen einen nicht los.«
    »Wenn wir herausfinden wollen, was damals wirklich geschah, müssen wir den türkischen General befragen. Solange er noch lebt.«
    »Was brauchen Sie dazu?«
    »Ich gebe Ihnen nun einige Namen durch. Bitte schicken Sie mir die Flugbewegungen dieser Personen. Und den Namen und die Adresse dieses türkischen Generals.«

In Trabzon
    Noch in der Nacht brachte ein Kurier die gewünschten Informationen und den BKA-Ausweis.
    Der türkische General Acun Güres¸ wohnte in Istanbul, hieltsich zurzeit jedoch in Trabzon am Schwarzen Meer auf. Er besuchte dort einen Kongress im Zorlu Grand Hotel. Noch zwei Tage würde die Veranstaltung dauern.
    Das BKA buchte für ihn den Flug. In Istanbul hatte er zwei Stunden Aufenthalt, dann stieg er in die Maschine nach Trabzon. Zum Glück hatte er einen Fensterplatz. Unter sich sah er Hochgebirge, dessen Gipfel sogar jetzt im Sommer von Schnee und Eis bedeckt waren.
    Acun Güres¸’ Leben war bedroht. Jemand tötete alle Mitglieder des Komitees, das selbst für unzählige Terroranschläge in Europa verantwortlich war. Vielleicht war es der amerikanische Geheimdienst. Wahrscheinlich sogar.
    Er wusste es nicht.
    Unter ihm wurde die Landschaft abrupt sanfter. Die Berge zogen sich zurück, und plötzlich flog die Maschine über das Schwarze Meer. Die Stewardess verkündete, dass sie sich bereits im Landeanflug auf Trabzon befanden, und verlangte, dass sich alle Passagiere anschnallen und die Rückenlehnen hochstellen sollten.
    Der Flughafen der Stadt lag etwas außerhalb. Dengler nahm ein Taxi in die Innenstadt.
    Dengler hatte noch in Stuttgart das Buch Schwarzes Meer von Anthony Bryer gekauft, um sich auf diese Stadt vorzubereiten. Früher war die Gegend um Trabzon eine griechische Siedlung gewesen. Ihre Besonderheit war, dass sie sich bis tief ins Hinterland hineinzog, in Berge bis zur Wasserscheide. Die meisten der christlichen Bauern seien Pächter der reichen Klöster gewesen, »die sich an die steilen Abhänge der Gebirgstäler klammerten«. Bryer schrieb von »einer klösterlichen Wirtschaft von fast tibetanischen Ausmaßen«. Wenn man die Städte beiseite ließe, dann sei hier die höchste Konzentration griechischsprachiger Bevölkerung gewesen, weit mehr als auf dem Peloponnes. Als nach dem Ersten Weltkrieg das Osmanische Reich zusammenbrach, teilten die Siegermächte, England und Frankreichvoran, große Gebiete des Osmanischen Reiches unter sich auf. Der britische Premierminister Lloyd George ermutigte Griechenland zu einer Invasion in Anatolien und unterstützte damit »Groß-Griechische« Illusionen von einem Griechenland, das die Gegend um Izmir umfassen sollte und Konstantinopel wieder zur Hauptstadt nehmen würde. Diese Pläne wurden 1922 von Kemal Atatürk zerschmettert. Im Vertrag von Lausanne vereinbarten beide Länder einen »Bevölkerungsaustausch«. Kriterium war die Religion; das heißt Moslem‚ Türke, Christ‚ Grieche. 164 000 pontische Griechen folgten 1923 dem letzten Patriarchen von Trapezunt nach

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