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Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Singen, während sie in einfachen Sätzen kommunizierten, die aus komplexen Hautmustern, Körpersprache und Textur gebildet wurden: 45
    Wirb um mich. Wirb um mich.
    Sieh meine Waffen!
    Ich bin stark und wild.
    Bleib weg! Bleib weg! Sie ist mein!…
    Das war die alte Cephalopoden-Sprache, wie Sheena wusste, eine Sprache aus Licht und Schatten und Körperhaltung. Die wabern-den ›Worte‹ verschmolzen miteinander, Worte, die von Sex, Gefahr und Nahrung handelten. Es war eine Sprache so alt wie der Kalmar selbst – Millionen Jahre alt, viel älter als die Menschen –, und sie war ausdrucksvoll und ästhetisch, und Sheena stob umher und plapperte fröhlich.
    … Aber da legte sich ein Schatten übers Wasser. Sheenas starker Gravitations-Sinn meldete ein sich näherndes charakteristisches Rumoren im Infraschallbereich: Es war ein Barrakuda, ein Jäger des Kalmars. Dieser hier war noch jung und klein, deswegen aber nicht ungefährlicher.
    Die an den Rändern der Schule postierten Wächter wandten sofort die Mimikry-Taktik an oder stellten sich tot. Mit einfachen Worten versuchten sie den Räuber zu täuschen und warnten den Rest der Schule.
    Schwarze Streifen auf dem Mantel, schlaffe Arme, schnell rück-wärts schwimmen: Schaut mich an. Ich bin ein Papageienfisch. Ich bin kein Kalmar.
    Transparenter Körper, dunkle Arme V-förmig nach unten gerichtet: Schaut uns an. Wir sind Seegras, Sargassum, das in der Strömung sich wiegt. Wir sind keine Kalmare.
    Ein Pseudomorph, ein kalmarförmiger Tintenklecks, hastig ausgestoßen und mit Schleim stabilisiert: Schaut uns an. Wir sind Kalmare. Wir sind alle Kalmare.
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    Sich dem Räuber zuwenden, Arme ausbreiten, weiße Flecken und falsche Augen, um größer zu wirken: Schau mich an. Ich bin stark und wild. Flieh!
    Die dunkle Form verharrte in der Nähe wie ein richtiger Barrakuda, bevor er in die Schule hinabstieß, um sie aufzubrechen.
    Sheena wusste aber, dass es hier in diesem gartenartigen Reservat keine Räuber gab. Sheena erkannte das Glänzen von Stahl, sah die Kameralinsen, die wie Pockennarben über die allzu glatte Haut verteilt waren, hörte das gleichmäßige Mahlen der Propeller im Rücken des Gebildes. Sie begriff, dass der Schatten eine Bootstrap-Maschine sein musste.
    Und sie spürte eine trübe Erkenntnis dieser Tatsache in den funkelnden animalischen Bewusstseinen ihrer Verwandten, in deren Mitte sie sich befand; sie waren auch intelligent, jedenfalls intelligent genug, um zu wissen, dass sie hier sicher waren. Zumal ihre Verteidigung so ausgeklügelt war, dass die Kalmare kaum jemals von Räubern behelligt wurden. Deshalb hatten die pfeilschnellen Fluchtbewegungen und die Wachsamkeit der Schule auch ein spie-lerisches Element.
    Und dann schlug der Jäger zu.
    Der schlanke Zylinder stob durch die wartenden, halb verborge-nen Kalmare. Erkenntnis pulsierte durch die Schule. Ein paar von ihnen breiteten die Arme aus und überzogen die Mäntel mit Mustern aus Balken und Streifen. Schau mich an. Ich habe dich gesehen.
    Ich werde fliehen. Es ist sinnlos, mich zu jagen.
    Nun löste sich ein kräftiges Männchen aus der Schule der Kalmare und nahm den Barrakuda aufs Korn. Ein Muster lief in gleichmäßigen Wellen über die Haut – ein Flickenteppich aus hellen und dunklen Brauntönen, der sich über den ganzen stromlinienförmigen Leib bis zu den Tentakelspitzen ausbreitete. Es war das Muster, das Dan als vorüberziehende Wolke bezeichnete. Halte an und betrachte mich. Der Barrakuda hielt inne.
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    Das Männchen breitete die acht Arme aus, hob die beiden langen Tentakel und fixierte den Barrakuda mit großen grünen Augen. Verwirrende Muster aus Licht und Schatten pulsierten auf seiner Haut. Schau mich an. Ich bin groß und stark. Ich kann dich töten.
    Der metallene Barrakuda hing im Wasser. Das Muster hatte ihn scheinbar in den Bann geschlagen, wie man es von einem echten Räuber auch hätte erwarten sollen.
    Langsam und vorsichtig schwamm das Männchen dem Barrakuda entgegen und näherte sich ihm bis auf eine Mantellänge, ohne ihn auch nur für einen Moment aus den Augen zu lassen.
    Im letzten Moment wendete der Barrakuda träge und wollte davonschwimmen. Aber dafür war es nun zu spät.
    Das Männchen griff an. Es holte mit beiden Tentakeln aus – so schnell, dass nicht einmal Sheena mit den Augen zu folgen vermochte –, und die Saugnäpfe schlugen wie Knüppel gegen die Haut des Barrakudas und blieben dort haften.
    Der Barrakuda beschleunigte. Aber er vermochte

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