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Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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das Fenster und ging auf leisen Sohlen ins Schlafzimmer. Hier schlief ihre Tochter Chai friedlich in ihrem Bettchen.
    Ihr Gesicht glich einem runden Mond, und der kleine Mund stand offen.
    Chai war ein illegitimes Kind. Nur ein paar Leute wussten überhaupt von ihrer Existenz, aber nicht einmal ihr Vater. Xiaohu hatte raffinierte Pläne ausgeheckt, Chai mit einer fingierten Vita einen Start zu ermöglichen. Sie sollte eine gute Ausbildung genießen und ein nützliches Mitglied der Gesellschaft werden. Sie sollte ihren Weg im Leben gehen.
    Oder zumindest einen Weg des geringstmöglichen Schmerzes, sagte Xiaohu sich düster. Durch die amerikanische Vorhersage war aber selbst das zunichte gemacht worden.
    Negativer Utilitarismus, sagte Xiaohu sich. Der Kampf gegen das Böse statt des Strebens nach dem Guten. Vielleicht war in dieser unvollkommenen Welt einfach nicht mehr drin. Die Müdigkeit drohte sie zu überwältigen.
    Xiaohu küsste ihre Tochter. Dann nahm sie ein Kissen und legte es dem Kind sanft aufs friedliche Gesicht.
    Bob Dauid:
    Er war immer schon geschickt mit den Händen gewesen. Im Alter von sieben oder acht hatte er zusammen mit seinem Vater Lkw-Motoren auseinander genommen. Mit zwölf baute er aus ge-brauchten Teilen einen Rallyewagen zusammen.
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    Das Ding, das er nun zusammenbaute – in seinem Keller in dieser zugigen Mietskaserne in der Innenstadt von Cambridge, Massachusetts –, war einfacher.
    Der Schlüssel war ein toller neuer Stoff mit Namen Rotes Quecksilber: eine Verbindung aus Antimon und Quecksilber, die in einem Kernreaktor zusammengebacken worden war und die ein Hundertfaches der Energie freizusetzen vermochte, die in der gleichen Masse TNT gespeichert war. Dank des Roten Quecksilbers würde die Bombe in einen Aktenkoffer passen.
    Bob war hier in Cambridge aufgewachsen. Er hatte sein Leben lang eine Abneigung gegen die verdammten Klugscheißer gehegt, die ihn in der Schule überflügelten; schon als kleines Kind hatte er begriffen, dass die Zukunft ihnen gehören würde und nicht ihm.
    Er hatte auf die harte Art gelernt, dass ein Mensch, der nur mit den Händen gut war, nicht allzu viele Chancen in der Welt hatte.
    Er war froh, als die Blauen Gesetze verabschiedet und die kleinen Arschlöcher in diese Gefängnis-Schulen in Nevada und New York verfrachtet wurden.
    Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass die einzige bezahlte und legale Arbeit, die Bob in seinem ganzen Leben je bekommen hatte, am MIT gewesen war, dem Nest der Killer-Eierköpfe.
    Am Massachusetts Institute of Technology trugen selbst die Wän-de die Namen wissenschaftlicher Götter wie Archimedes und Darwin, Newton und Faraday, Pasteur und Lavoisier.
    Bob arbeitete als Küchenhilfe.
    Dennoch hätte er trotz aller Ressentiments den Plan wohl nicht entwickelt, hätte er nicht die Nachrichten vom Ende der Welt ver-nommen.
    Er hatte sich angehört, was der Präsident zu sagen hatte. Dass die Untergangsmeldungen nur eine Vorhersage seien, ein Zahlen-werk. Dass die Blauen Kinder nur Kinder seien, so fremdartig sie auch erschienen. Dass man einen kühlen Kopf bewahren müsse, 512
    nicht in Panik geraten und sich nicht zu Verzweiflungstaten hinreißen lassen dürfe.
    Bob hatte darüber nachgedacht.
    Er hatte die TV-Shows gesehen und die Internet-Chats verfolgt.
    Dass die Welt untergehen würde, stand fest; wenn auch niemand wusste, wie. Aber es gab eine ganze Reihe von Szenarien, von einem Atomkrieg über eine Klimakatastrophe bis hin zu der Möglichkeit, dass diese Mutanten, die Blauen in ihrer silbernen Mondbasis den Planeten übernahmen.
    Und jede dieser Horrorvisionen ging nach Bobs Einschätzung aufs Konto der Wissenschaft.
    Danach hatte Bob gewusst, was zu tun war.
    Er hatte Schwierigkeiten bei der Beschaffung des Materials be-fürchtet. Aber das hatte sich als Kinderspiel erwiesen. Genauso wie die Montage der glänzenden, schönen Maschine, die im Keller Gestalt annahm.
    Mit Geduld und Spucke baute er die Maschine zusammen und prüfte jedes Teil auf seine Funktionsfähigkeit.
    Maura Delta:
    In Westeuropa war die Geburtenrate dramatisch gesunken. Es schien, dass die Leute ihren ungeborenen Kindern die Schrecken des Lebens ersparen wollten. Umgekehrt schienen die Japaner he-donistischen Exzessen zu verfallen. Die Ungeborenen, die noch nicht existieren, haben keine Rechte; und deshalb haben wir das Recht, die Welt auf den Kopf zu stellen …
    Und auf der ganzen Welt wurden alte Rechnungen beglichen. Es waren

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