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Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Hauptalarm ertönte erneut, und er schaltete ihn wieder ab.
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    Was nun, Malenfant? Willst du dich wie ein Hähnchen in der Mikrowelle grillen lassen? Wäre es dir vielleicht lieber gewesen, du hättest von diesem Soldaten auf Cruithne eine Kugel in den Kopf bekommen?
    Tu etwas! Irgendetwas!
    Die Leinen.
    Er fummelte an der Hüfte herum. Das Oberflächenoperations-Gurtzeug und die Sicherheitsleinen waren noch da. Er zog eine Leine ein, bis er den Felshaken am Ende zu fassen bekam – und riss die Hand vom glühend heißen Metall weg.
    Dann wirbelte er die Leine wie ein Lasso langsam über dem Kopf herum.
    Vielleicht würde er Cruithne treffen oder einen der anderen. Die Chancen standen schlecht, sagte er sich. Aber es war besser als nichts.
    Es wäre hilfreich, wenn er sehen würde, worauf er zielte. Er riskierte wieder einen Blick.
    Das Licht war eindeutig gelber, aber immer noch zu grell, um die Augen ganz zu öffnen.
    Konzentrier dich auf das Gefühl der Leine in den Händen. Gib noch etwas mehr Leine und verlängere so die Reichweite.
    Der Hauptalarm quäkte wieder im Ohr. Er ließ ihn summen und konzentrierte sich darauf, mit beiden Händen Leine zu geben.
    Er atmete stoßweise durch den ausgetrockneten Mund und verdrängte die Hitze. Er hatte eine lange Reserveleine um die Hüfte gewickelt, vielleicht dreißig Meter der dünnen und ebenso reißfesten wie leichten Nylonschnur. Er konnte also noch viel Leine geben, ehe er am Ende war.
    Er wurde sich bewusst, dass es ihm nicht mehr ganz so schlecht wie eben ging. Immerhin tat er etwas Konstruktives und dachte voraus, ehe er den nächsten Atemzug tat. Und es half ihm natürlich auch, dass er nicht mehr ganz so extrem geröstet wurde.
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    Das Summen brach von selbst ab.
    Er riskierte einen erneuten Blick. Hinter den blinkenden roten Lichtern des HUD färbte das weiße Lodern sich gelb, das Gelb zu Orange: immer noch gleißend hell, wie eine im Zenit stehende Sonne. Ein Anblick, den man nach Möglichkeit vermied, der aber gerade noch erträglich war.
    Ein paar der roten Lichter im HUD wurden gelb, dann grün.
    Die Luft, die ihm ins Gesicht wehte, fühlte sich auch kühler an.
    Er gab noch immer Leine und versuchte sich zu orientieren. Er schaute hinab auf die Füße, hinauf über seinen Kopf und versuchte sich umzudrehen. Er schaute ins sich abschwächende gelboran-gefarbene Licht. Es war wie der Blick auf eine Neonröhre. Er hatte kein Gefühl für Entfernungen, Richtungen, für Raum und Zeit.
    … Er sah etwas vor sich. Einen orangeweißen Klecks, etwas dunkler als das Hintergrundglühen. Er bewegte sich.
    Schlegelnde Arme und Beine.
    Plötzlich kehrte sein Sinn für Entfernungen zurück. Es war ein Mensch, Emma oder Cornelius oder sogar Michael, der wie er im Raum hing, zehn, fünfzehn Meter entfernt. Noch am Leben, bei Gott. Malenfant stellte sich vor, wie die drei aus dem blauen Kreis-Portal ausgestoßen wurden, in diesen leeren dreidimensionalen Raum fielen und langsam auseinander drifteten. Er verspürte eine irrationale Hoffnung aufkeimen.
    Plötzlich wurde er sich bewusst, dass das auf keinen Fall Emma war. Sie hätte das verletzte Bein überhaupt nicht zu bewegen vermocht.
    Dann also Cornelius. Er gestikulierte und formte mit den Händen einen Kreis.
    Malenfant wirbelte die Leine über dem Kopf; er würde die Rota-tionsebene ändern müssen. Das bedurfte einer gewissen Geschick-lichkeit und Geduld, doch wo er nun vor dem orangegelben Glü-
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    hen den massiven Felshaken am Leinenende sah, gelang es ihm bald, die Leine Cornelius zuzuwerfen.
    Malenfant versuchte wieder Funkkontakt aufzunehmen, aber es kam keine Antwort, weder von Cornelius noch von Emma. Er spürte, wie sein Körper als Reaktion auf die schwingende Masse der Leine schwankte. Die Leine hatte sich Cornelius nun so weit genähert, dass er sie sicher sehen musste. Doch der taumelnde und langsam abdriftende Cornelius schien gar nicht zu bemerken, was Malenfant tat; er beschrieb nur immer wieder diese kreisförmige Geste.
    Schließlich stieß der Felshaken mit Cornelius zusammen.
    Cornelius reagierte geradezu panisch auf die Berührung. Er krümmte sich und fasste sich mit hektischen und ruckartigen Bewegungen an die Seite. Und dann ergriff er zu Malenfants unendlicher Erleichterung die Leine, schlang sie sich ein paarmal um die Hüfte und verknotete sie. Dann zupfte er zaghaft daran und zog sich an ihr entlang.
    Die Leine wurde in starke Schwingungen versetzt. Malenfant spürte, wie sie auch

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