Das Multiversum 1 Zeit
Sehen sie es? Malenfant…«
Das Portal. Das hatte Cornelius ihm also mit seinen Kreis-Gesten signalisieren wollen, als er noch im Raum trieb. Das Portal.
Im Moment das wichtigste Objekt von der Welt, weil es ihr einziger Ausweg aus dieser Lage war.
Und Malenfant war nicht auf diese Idee gekommen, obwohl das doch so nahe liegend war.
»… Malenfant, ich bin blind. Das ganze Licht. Ich kann nichts sehen … Das Portal, Malenfant. Bringen Sie uns zum Portal zu-rück.«
Also wurde er in diesem amorphen Universum erneut vor eine schwere Wahl gestellt. Das Portal oder Emmas Druckverband.
»Ich habe Emma«, rief er Cornelius zu. »Ich werde das Portal suchen. Aber sie braucht einen Druckverband. Haben Sie verstanden.
Ein Druckverband.«
»… Druckverband. Der Soldat. Ich erinnere mich …«
Malenfant griff nach unten und führte Cornelius' Hände zu Emmas verletztem Bein. Als er Cornelius' Anzug berührte, wirbelte er wieder eine Wolke aus Aschepartikeln auf. Er zeigte Cornelius durch Berührung, wo die Wunde war und gab ihm ein Stück Leine.
Erst zögerlich, dann immer tatkräftiger machte Cornelius sich an die Arbeit und schlang die Leine ums Bein. Malenfant beaufsichtigte ihn so lang, bis er sicher war, dass Cornelius zumindest nicht noch mehr Schaden anrichtete.
Dann stieg Malenfant über Cornelius' Rücken hinweg und hielt Ausschau nach dem Portal.
… Dort. Ein xenonblauer Kreis mit einer Innenscheibe aus tintiger Schwärze, die einen geradezu schmerzlichen Kontrast mit dem 524
sich eintrübenden orangefarbenen Hintergrund des Himmels bildete. Aber er trieb sehr schnell ab. Und wenn das Portal außer Reichweite war, wäre es für immer verschwunden, und die paar Menschlein wären hier unrettbar gestrandet.
Hastig befestigte Malenfant einen Felshaken an der Leine, an dem noch immer Asteroidenstaub haftete. Dann stemmte er sich gegen Cornelius' Rücken, ließ den Felshaken über dem Kopf kreisen und schleuderte ihn aufs Portal. Er verfehlte das Ziel deutlich.
Malenfant holte das Seil ein, versuchte es erneut und gab hastig Leine. Er versuchte es immer und immer wieder.
Wenn er geblendet war, musste es Cornelius ziemlich schlimm erwischt haben. Dennoch hatte er nachgedacht; ihm war sofort bewusst geworden, dass sie unbedingt das Portal erreichen mussten.
Und trotz seines Zustands hatte er diese Botschaft sogar zu signalisieren versucht, obwohl er nicht wusste, ob jemand ihn sah.
Cornelius war ein fixer Junge.
Beim fünften oder sechsten Anlauf segelte der Felshaken in den schwarzen Schlund des Portals und zog die Leine nach. Er sah zu, wie sie sich abwickelte. Es war schon irgendwie unheimlich. Er hatte gesehen, dass der Felshaken sofort beim Kontakt mit dem Portal verschwunden war, und nun verschwand auch die Leine, die sich durch die Dunkelheit schlängelte.
Nun holte er die Leine vorsichtig wieder ein und wagte kaum zu atmen.
Mein Gott, sagte er sich. Ich fische hier in einem Raumzeit-Wurmloch. An jedem anderen Tag wäre ihm das überaus seltsam erschienen.
Die Leine spannte sich.
Er zog sich vorsichtig an ihr entlang. Er spürte die kombinierte Trägheit der drei Personen, die seiner Bewegung Widerstand entgegensetzte. Aber er blieb ruhig und arbeitete sich gleichmäßig an der Leine vorwärts.
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»… WIR BEWEGEN UNS …«
Cornelius' per Funk übertragene Stimme plärrte ihm ins Ohr.
Malenfant schreckte auf und tippte auf die Schaltfläche an der Brust.
»Cornelius. Hören Sie mich?«
Cornelius' Stimme wurde von starkem Rauschen unterlegt, als ob er in eine Muschelschale schrie, aber er war immerhin zu verstehen. »Bewegen wir uns? Haben Sie …?«
»Ja, ich habe uns am Portal gesichert. Ich glaube, nun sind wir in Sicherheit«, setzte er hinzu.
Cornelius stieß ein krächzendes Lachen aus. »Das bezweifle ich stark, Malenfant. Aber wenigstens geht die Geschichte noch etwas weiter. Was ist mit Emma?«
»Sie ist noch nicht aufgewacht. Wissen Sie, Cornelius, die Augen erholen sich manchmal wieder. Ein paar Tage, eine Woche …«
Cornelius trieb stumm neben ihm her.
Lass es gut sein, Malenfant.
Sie erreichten das Portal. Der geheimnisvolle blaue Kreis dräute über Malenfant und überstrahlte den rötlich sich färbenden Himmel. Malenfant berührte die Oberfläche und suchte nach einer Möglichkeit, eine Leine oder einen Haken zu befestigen.
Er besprach das Problem mit Cornelius.
»Halten Sie sich einfach daran fest, Malenfant«, sagte er und forderte Malenfant auf, ihn zu
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