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Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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übersät. Da und dort glitzerte es. Der tote und von der Erosion zerfurchte Mondboden glitt wie Gischt auf einem aufgewühlten 571
    Meer unter ihr vorbei. Sie hätte am liebsten durchs Fenster gegriffen und wäre mit den Fingern durch diesen grobkörnigen Schmutz gefahren. Aber das war natürlich unmöglich.
    Nach der Ankunft in der tristen, engen und übel riechenden NASA-Basis, die ein paar Kilometer vom Lager der Kinder entfernt in den Regolith gegraben worden war, hatte man ihr gesagt, dass sie in ihrer Eigenschaft als Zivilist nicht an den so genannten ›EVAs‹, den Mondspaziergängen teilnehmen müsse. Sie brauchte den Fuß nicht vor die Tür zu setzen; stattdessen würde sie sich durch miteinander verbundene klimatisierte Räume und mit Fahrzeugen fortbewegen, als sei der Mond ein einziges Flughafen-Terminal.
    Es befanden sich ein Dutzend Leute im Bus.
    Die meisten waren Soldaten: hartgesottene, gelangweilte Männer und Frauen, deren Druckhelme die hellblaue Farbe der Vereinten Nationen hatten. Sie waren schwer bewaffnet, mit Gewehren und Pistolen, die für den Einsatz im Vakuum und in der Atmosphäre konzipiert waren. Und Maura wusste, dass noch schwerere Waffen außen am Bus befestigt waren. Der einzige Auftrag dieser Truppe lautete, Maura zu beschützen oder vielleicht auch zu kontrollieren.
    Niemand wagte sich ohne Waffen und ohne Begleitung ins Never-Never Land – nicht einmal eine so hochrangige Teilnehmerin dieser UN-Operation, zu der Maura in den fünf Jahren nach Nevada avanciert war.
    Bill Tybee kam zu ihr ans Fenster. Er humpelte, und die silberne medizinische Notfall-Plakette glitzerte im Schein der Kabinenbe-leuchtung. Er hatte einen Plastikbecher mit Kaffee in der Hand, den sie dankbar annahm.
    »Hmm. Lauwarm.«
    »Tut mir Leid«, sagte er. »Hier brennt nichts an.«
    Der niedrige Druck, sagte sie sich. Ein altes NASA-Klischee, aber ein stichhaltiges.
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    »Hätte Sie mir nie als Astronaut vorgestellt, Ms. Della.«
    »Nennen Sie mich Maura. Sie sind aber auch nicht gerade ein Flash Gordon.«
    »Ja. Aber was soll's?« Bill Tybee war zusammen mit anderen Eltern zum Mond gebracht worden, um sich als ›Amateur‹ mit der Interpretation der Aktivitäten der Kinder zu befassen – und sich natürlich den Kindern zu widmen. Sie sollten alles tun, um einen Einfluss auf die Kinder auszuüben.
    »Bill – wieso gerade Tycho? Wieso sind die Kinder von Nevada hierher gegangen? Ich habe die NASA-Leute meckern hören. Wegen der großen Entfernung vom Mond-Äquator ist der Brennstoffver-brauch ziemlich hoch. Und der Boden ist so uneben, dass es schwierig war, überhaupt einen Landeplatz zu finden.«
    Er grunzte. »Diese NASA-Fritzen wissen doch gar nicht, was Sache ist. Sie dürfen eins nicht vergessen, Ms. Della – Maura. Das sind Kinder. Zumindest waren sie noch welche, als sie hierher geflogen sind. Wo würde ein Kind am liebsten leben? Wie wäre es mit dem berühmtesten Krater auf dem Mond?«
    Das war eine durchaus plausible Antwort. »Glauben Sie etwa, dass sie keine Kinder mehr sind?«
    »Teufel, ich weiß nicht, was sie sind«, murmelte er. »Sehen Sie sich das an.«
    Der Bus erklomm eine Steigung, und die Landschaft breitete sich wieder vor ihr aus. Das Blau der Erde bildete einen lebhaften Kontrast zu den gedeckten Herbstfarben des Mondes. Der Boden war wellig und zerklüftet; sie sah sogar erstarrte Wellen im Gestein, Spuren des großen Einschlags, der den Tycho-Komplex in die Hülle des Monds gestanzt hatte. Und diese Wellen waren selbst mit großen und kleinen Kratern perforiert und mit Geröll übersät.
    Tycho war jung für den Mond, aber unvorstellbar alt nach den Maßstäben der Erde.
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    Die Fahrt im Bus mit den großen Rädern aus Drahtgeflecht war einschläfernd; das Fahrzeug schaukelte träge bei der Schleichfahrt über den unwegsamen Untergrund. Sie verspürte eine enorme Leichtigkeit, wie eine Feder im Wind. Es war wirklich eine unver-gleichliche Erfahrung.
    ■
    Never-Never Land war von Sicherheitskordons abgeriegelt, die konzentrisch gestaffelt waren wie die Felsterrassen der Kraterwände von Tycho.
    Der Bus rollte durch einen hohen Drahtzaun – eine fein gespon-nene Mondlegierung – und fuhr zu einer flachen, mit Regolith bedeckten Kuppel weiter. Ein Textilgewebe-Tunnel schlängelte sich wie ein Laufgang auf einem Flughafen dem Bus entgegen und dockte mit einem leisen Knirschen an der Hülle an.
    Als die Tür sich öffnete, stand draußen ein von Bewaffneten flankierter

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