Das Multiversum 3 Ursprung
optischen Sensoren, die aus ihren Hüllen stachen, nach oben.
Plötzlich hing der Rote Mond in voller Größe am Himmel.
Reid Malenfant:
»Wir haben es hier mit multiplen Universen zu tun«, sagte Nemoto im Selbstgespräch. »Das steht fest. Wir haben selbst schon mul-358
tiple Monde gesehen. Und wir haben Hinweise auf multiple Erden. Die Erde von Hugh McCann unterscheidet sich offensichtlich stark von unserer Erde – auch wenn die Geschichte interessante Übereinstimmungen mit der unsren aufweist. Und die Hams sprechen von einer Grauen Erde, einem dritten Ort, wo die Bedingungen vielleicht wieder anders sind …«
In der Hütte hatte Malenfant sich seelisch-moralisch darauf vorbereitet, dass Nemoto und er sich im Speisesaal an den Kopfenden des langen Tischs gegenübersitzen würden. Die Platte des hölzernen Tisches, die durch jahrzehntelange Benutzung dunkel poliert war, war kahl. Eine ältere Ham-Frau bereitete das Mittagessen vor.
Es hatte Tage gedauert, ehe Malenfant imstande war, Nemoto wieder unter die Augen zu treten – so groß war sein Zorn wegen ihres Verrats. Aber sie war seine einzige Gesellschaft aus der Heimat, und falls er jemals von hier verschwinden wollte, wäre er vielleicht auf ihre Hilfe angewiesen. Und was Nemoto betraf, so schien es, als sei dieses Vorkommnis nur ein Schritt in einem grö-
ßeren Plan gewesen, den jede rationale Person selbstverständlich akzeptieren würde.
Aber Malenfant sah, dass sie sich veränderte: Sie wirkte noch in sich gekehrter und hatte eingesunkene Augen – sie war der realen Welt um sich herum gefährlich entrückt und stattdessen von Hirn-gespinsten über Ursprünge und Schicksale von Rassen und Welten besessen.
Also hörte Malenfant kalt zu, während Nemoto alternative Realitäten beschrieb.
»Malenfant, vielleicht gibt es einen ganzen Haufen alternativer Universen mit identischen Geschichten bis zu dem Punkt, wo ein Schlüsselereignis in der Evolution der Menschheit eintrat – und die sich danach nur in den Details dieses Ereignisses und den Folgen unterscheiden.« Nemoto machte eine vage Geste, als ob sie den dreidimensionalen Raum darstellen wollte. »Stellen Sie sich 359
vor, dass die möglichen Universen um uns herum in einer Art Wahrscheinlichkeitsraum angeordnet sind, Malenfant. Sehen Sie, dass Universen, die sich nur in den Einzelheiten der Menschheitsentwicklung unterscheiden, in dieser Abbildung nah bei uns liegen müssen?«
»Und Sie wollen damit sagen, das, was wir erleben, sei – eine Überschneidung zwischen möglichen Universen? Vielleicht stimmt das sogar. Aber es ist graue Theorie. Was ich aber nicht verstehe ist, wie man von einem Kosmos zum anderen hüpft.«
Nemoto lächelte kalt. »Ich weiß auch nicht, wie das geht, Malenfant. Und was noch wichtiger ist, ich wüsste nicht, wieso irgendjemand ein Interesse haben sollte, das zu bewerkstelligen.«
»Wie … Sie glauben, dahinter stecke eine Absicht – es sei künstlich?«
»Ihr Rad in Afrika kam mir jedenfalls künstlich vor, Malenfant.
Vielleicht sind die Alten der Hams, falls sie überhaupt existieren, in der Lage, uns ihre Absichten zu erläutern.«
»Und Sie wollen Sie fragen, nehme ich an?«
»Falls sie existieren. Falls es mir gelingt, sie zu finden. Was sollte man auch sonst tun? Malenfant, da ist noch etwas anderes. Ich ha-be mit McCann die Frage erörtert, ob noch andere Lebensformen außerhalb der Erde existieren – seiner Erde, meine ich. Seine Wissenschaftler haben wie die unsrigen nach Hinweisen gesucht. Gefunden haben sie aber nichts. Die dortigen Philosophen haben eine Analogie zu unserem Fermi-Paradoxon formuliert, um diese Beobachtung zu erklären.«
»Wieso ist das so wichtig?«
»Ich weiß es noch nicht. Aber es hat den Anschein, als ob solch ein grundlegender Widerspruch in beiden Universen auftritt …«
Ein grelles blaues Licht flackerte vor der Tür. Malenfant stockte der Atem. Die Farbe war ihm ans Herz gegangen – denn es war die 360
Farbe des Blitzes aus dem Rad, der Emma verzehrt hatte. Sie eilten nach draußen. Da war etwas am Himmel.
Manekatopokanemahedo:
In der ersten Verblüffung machte Manekato einen einzelnen groß-
en, rot gefärbten Kontinent aus und ein blau-graues Meer, das im grellen Widerschein der Sonne lag. Die fast volle Scheibe wurde von einer dünnen, diesigen Schicht umgeben. Also eine Atmosphäre. Aber kein einziges Licht erhellte die dunkle, beschattete Sichel.
Der Wind zerrte an Manekato; plötzlich traten
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