Das Multiversum 3 Ursprung
sie den Wald, wanderte von einer Ham-Horde zur andern und nutzte sie als ›Trittsteine‹ relativer Sicherheit. So zog sie Tag für Tag stetig gen Osten und suchte Malenfant.
Manchmal sah sie schemenhafte Gesichter im Wald, am äußersten Rand des Blickfelds: Wachsame hominide Gesichter einer Spezies, der sie noch nie begegnet war. Es schien, dass sie die Anzahl ihrer Verwandten auf dieser fremdartigen Welt noch nicht einmal im Ansatz überschaute.
Reid Malenfant:
Die Details der Abläufe, die Malenfants Leben bestimmten, offen-barten sich mit erstaunlicher Schnelligkeit und ließen an Deutlich-keit nichts zu wünschen übrig – so schnell, dass Malenfant sich fragte, wen zu inhaftieren McCann oder die anderen sonst noch Grund hatten.
Malenfant durfte sich innerhalb des umzäunten Bereichs frei bewegen. Aber er wurde immer von einem männlichen Ham begleitet, der nachts sogar vor seiner Hütte schlief.
Er ging den hohen Zaun ab. Die zugespitzten Pfähle waren mit einer klebrigen, teerähnlichen Masse bestrichen. Zum ersten mal wurde er sich bewusst, dass dieser Zaun ihn mit der gleichen Effizienz drinnen hielt wie die Unbilden der Wildnis draußen. Und wenn Malenfant sich dem Zaun zu sehr näherte, war sofort die Ham-Wache zur Stelle und umklammerte mit diesen Pratzen seine Schulter, den Arm oder sogar den Kopf. Diesem Ausbund von Kraft vermochte er nichts entgegenzusetzen.
Er sann auf andere Fluchtmöglichkeiten.
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Er sprach Thomas an und bat ihn um Hilfe. Aber Thomas sagte nichts und gab auch nicht zu erkennen, dass er bereit war, ihm einen Gefallen zu erweisen.
Eines Nachts versuchte Malenfant aus dem Fenster der Hütte auszusteigen. Es war unverglast, aber klein und hoch. Nachdem er sich schließlich hindurchgezwängt hatte, stand der Ham-Wächter vor ihm. Seine Silhouette vor dem blauen Erdlicht war massiv und stumm wie ein Felsklotz.
Er spielte mit dem Gedanken, dem Protest auf eine andere Art und Weise Ausdruck zu verleihen – vielleicht durch einen Hunger-streik. Aber er spürte, dass McCann ihn einfach würde verhungern lassen; angesichts der stählernen Härte, die er in der Seele dieses anderweltlichen Briten erblickt hatte, wäre es illusorisch, auf Nach-giebigkeit oder Mitleid zu hoffen. Vielleicht würde McCann Malenfant auch von den Ham-Dienern zwangsernähren lassen – eine unerfreuliche Aussicht, denn die Hams waren etwas zu muskulös, um sanfte Pfleger abzugeben.
Außerdem brauchte er seine Kräfte noch für die kommenden Ta-ge und die Suche nach Emma, die er eher früher als später wieder aufnehmen würde. Hoffte er zumindest.
Also arrangierte Malenfant sich nach ein paar Tagen wieder mit McCann: Er speiste und unterhielt sich mit ihm und begleitete ihn sogar auf einem Spaziergang durch das Dorf. Es war ein subtiles Arrangement, in dem jeder seine relative Machtposition genau kannte, aber nicht darüber sprach – als ob sie sich auf diplo-matischem Parkett bewegten.
Malenfant versuchte, von McCann möglichst viel über diese Welt in Erfahrung zu bringen. Aber die Briten hatten bisher kaum mehr unternommen, als die Gegend im Umkreis von ein paar Tagesmärschen vom Dorf zu erkunden. Das Hauptaugenmerk hatte schließlich dem Überleben gegolten. Zumal zwischen McCann und Malenfant eine Geistesverwandtschaft zu bestehen schien. Der 352
eigentliche Zweck von McCanns Mission war nämlich nicht die Erkundung gewesen und noch viel weniger die Wissenschaft, sondern der politische und ökonomische Nutzen für sein Empire. Er hatte insofern mehr Ähnlichkeit mit einem Goldsucher als einem Forscher. Dennoch sprach er manchmal von einer verantwortungs-vollen Mission, auf die er sich begeben hatte: Das Wort seines Gottes und seiner Christus-Gestalt Johannes zu den barbarischen Hominiden des Roten Monds zu bringen.
McCann war ein Mann, der sich viel vorgenommen hatte. Es kam Malenfant so vor, als ob er den Roten Mond und seine exotischen Bewohner kaum als das wahrzunehmen vermochte, was sie wirklich waren – genauso wenig wie die Hams imstande gewesen waren, einen Blick aufs Wrack der Redoubtable zu werfen.
Vielleicht hatte jede hominide Spezies solche blinden Stellen, mutmaßte Malenfant und fragte sich, wo wohl seine eigenen lagen.
McCann seinerseits befragte Malenfant wegen eventueller Ret-tungsmaßnahmen.
Malenfant versuchte die politischen und wirtschaftlichen Aspekte seiner Heimatwelt zu beschreiben. Er hielt es für höchst unwahrscheinlich, dass die von der Flut heimgesuchte Erde
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