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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Vorfahren. Der ewige Wind fegte unbeachtet übers Gestein. Über ihr hing der sternenübersäte Himmel wie eine große, sich kräuselnde Linse, als ob ein Loch in die Wolken gefräst worden wäre: Vermittels einfacher Abbildungs -Techniken schien sie sich im Orbit zu befinden, hoch über den Wolken der Erde. Doch die drei schauten kaum hoch; es war ein nichtiges, uninteressantes Wunder.
    Dieser erodierte vulkanische Kern, der einst das Herz der Farm gewesen war, war nun kahl. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte Manekato die Löschung des großen Hauses angeordnet. Die Wände aus Formenergie waren wie eine Seifenblase geplatzt, als ob fünfzig Jahrtausende massiver Existenz nichts als ein Traum gewesen wä-
    ren. Manekato hatte die schlichte geologische Klarheit des erodierten Berggipfels geliebt: Sie wusste, dass sie nie in dem Haus leben konnte, und es diente keinem anderen Zweck, als unglückliche Erinnerungen zu bewahren.
    Aber sie hatte die Grube behalten, die die Asche ihrer Großmütter enthielt, und sie hatte ihnen die sterblichen Überreste von Nekatopo hinzugefügt. Ohne-Name stapfte über die Aschegrube und drückte die Knöchel respektlos in den Boden, wobei sie Abdrücke der Hände und Füße hinterließ. Ein Arbeiter folgte diesem Gast mit den schlechten Manieren und planierte die Grube. »Zerstöre 356
    die Grube«, riet Ohne-Name Manekato. »Füll sie auf. Lösche sie.
    Sie erfüllt doch keinen Zweck.«
    »Die Grube ist ein Andenken an meine Abstammungslinie «, sagte Manekato gleichmütig.
    Ohne-Name bleckte die Zähne und knurrte: »Diese Grube ist kein Andenken. Sie ist ein mit Staub gefülltes Loch.«
    »Der Brauch, sich am Ende des Lebens mit dem Boden der Farm zu vereinen, ist so alt wie unsre Spezies«, widersprach Babo. »Er entspringt dem vernünftigen Wunsch, jede Ressource zu nutzen, um den Boden für die Nachkommen anzureichern. Heute ist diese Übung natürlich nur noch symbolisch, aber …«
    »Symbolismus. Pah! Symbolismus ist etwas für Narren.«
    Babo wirkte schockiert.
    Wenn Ohne-Name es genoss, Manekato zu reizen, bereitete es ihr definitiv ein großes Vergnügen, Babo zu verspotten. »Nur Kinder glauben an ein Leben nach dem Tod. Wir sind nichts anderes als vergängliche, flüchtige Strukturen. Durch die Verehrung des Knochenstaubs der Toten versucht ihr die grundlegende Wahrheit der Existenz zu verdrängen: Dass wir nach dem Tod verschwunden sind.«
    »Ich habe die Rano-Abstammungslinie besucht«, sagte Babo, »und die Grube deiner Vorfahren gesehen. Du bist eine Heuchlerin. Du tust das Gegenteil von dem, was du sagst.«
    Sie stellte sich auf die Hinterbeine und ragte vor ihm auf. Sie hatte die Körperbehaarung großflächig entfernt, aber ein paar Bü-
    schel stehen lassen, die mit Haarfestiger behandelt wie dicke Stacheln abstanden. Das war eine Mode von der anderen Seite der Welt, die ihr in Manekatos Augen eine seltsame Anmutung von Wildheit verlieh. »Nicht mehr«, zischte sie. »Ich schätze den Tod.
    Ich schätze die Reinigung, die er bringt. Das Leben ist eine Mo-mentaufnahme – alles, was zählt, ist das Hier und Jetzt und was in diesem Moment erreicht werden kann.«
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    Manekato beherrschte sich.
    Der bevorzugte Diminutiv dieser Ohne-Name war Renemenagota – vielmehr war er es gewesen. Aber sie beharrte darauf, dass sie ihren richtigen Namen abgelegt hatte. »Mein Land wird untergehen«, sagte sie. »Genauso wie meine Abstammungslinie. Welchen Zweck hat ein toter Name?« Selbst der Widerspruch in ihrem Namen – Ohne-Name war natürlich auch ein Name, so dass sie sich in einem Oxymoron verfangen hatte – schien ihr ein perverses Vergnügen zu bereiten. Manekato wusste jedoch, dass sie mit dieser Frau, die ein Flüchtling war wie sie, zusammenarbeiten musste, um etwas über den vagabundierenden Mond und seine Erzeuger herauszufinden; so lautete die Direktive der Astrologen. Allerdings hatte Manekato das Gefühl, dass sie schon in dem Moment, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, zur Zielscheibe von Ohne-Namens Bitterkeit und Unhöflichkeit geworden war …
    Sie wurde von einem stahlblauen Blitz geblendet.
    Der Wind drehte und fächelte über Manekatos Gesicht. Sie schaute in den Sternen-Tunnel.
    »Wenn du Erfahrungen sammeln willst«, sagte sie, »dann musst du das erleben.«
    Ohne-Name hob schwerfällig den Kopf und fiel vornüber auf die Knöchel.
    Babo schaute mit offenem Mund zum Himmel empor. Selbst die Arbeiter neigten sich zurück und sahen mit kleinen

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