Das muss Liebe sein
bringen, ihm zu vertrauen. Er war für ihre Sicherheit verantwortlich, und es gehörte auch zu seinem Job, sie zu schützen – vor körperlichem Schaden.
Er würde sie nicht schützen können, falls sie zu Kevin lief, sobald die Situation brenzlig wurde. Er glaubte eigentlich nicht, dass Kevin Gabrielle etwas antun würde, doch er hatte eines gelernt: Er musste stets mit dem Unvorstellbaren rechnen. Auf die Art und Weise erwischte es ihn nie unvorbereitet. »Du musst mich meine Arbeit ausführen lassen. Je eher ich habe, was ich brauche, desto schneller verschwinde ich wieder aus deinem Leben. Wir müssen gewissermaßen ein Abkommen schließen.«
Sie tupfte sich Gesicht und Hals mit dem Badetuch ab und pflückte die violetten Blüten aus ihrem Bikinioberteil. »Du denkst an einen Kompromiss?«
Wohl kaum. Er war vielmehr der Meinung, sie sollte aufhören, sich wie eine Neurotikerin zu benehmen, und stattdessen so tun, als wäre sie scharf auf ihn. Und sie sollte ihn nie wieder als Dämonen aus der Hölle bezeichnen. »Klar.«
Sie musterte ihn und warf den Blütenzweig zurück in den Pool. »Und wie?«
»Nun, zunächst einmal solltest du viel ruhiger werden und dich nicht aufführen, als rechnetest du jeden Augenblick damit, dass ein Einsatzkommando durch deine Schaufenster bricht.«
»Und zweitens?«
»Es gefällt uns wohl beiden nicht, aber angeblich bist du ja meine Freundin. Hör auf, mich zu behandeln, als wäre ich ein Serienmörder.«
Als sie ihren Brustansatz mit dem Badetuch abtupfte, hielt er den Blick absichtlich fest auf ihr Gesicht gerichtet. Auf keinen Fall wollte er tiefer schauen und sich wieder ins Reich der Fantasie entführen lassen.
»Und wenn ich darauf eingehe?«, fragte sie. »Was tust du für mich?«
»Ich sorge dafür, dass du aus der Sache heraus …«
»Aha.« Sie schüttelte den Kopf und wickelte sich das Badelaken um die Taille. »Diese Drohung macht mir keine Angst mehr, denn ich glaube nicht, dass Kevin was verbrochen hat.«
Joe verlagerte das Gewicht auf den anderen Fuß und verschränkte die Arme vor der Brust. Er kannte den Ablauf. An diesem Punkt angelangt, versuchten Informanten gewöhnlich, Geld aus der Sache herauszuschlagen, oder verlangten, dass sämtliche Strafzettel für ihre Parksünden in null Komma nichts in den Papierkorb wanderten, oder gar, dass sie selbst mit einer Dienstmarke ausgestattet wurden. »Was willst du?«
»Ich möchte, dass du dich nicht von Vorurteilen leiten lässt. Dass du Kevin nicht von vornherein als schuldig betrachtest.«
Die Strafzettel hätten es ihm einfacher gemacht. Joe zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass Kevin Carter schuldig war, aber als Undercover-Polizist hatte er auch das gottgegebene Talent, ohne jegliche Gewissensregung die eklatantesten Lügen von sich zu geben. »Klar doch. Ich lasse mich nicht von Vorurteilen leiten.«
»Wirklich?«
Mit entspannt hochgezogenen Mundwinkeln schenkte er ihr sein Ich-bin-doch-dein-Freund-Lächeln. »Bestimmt.«
Sie sah ihm so starr in die Augen, als wollte sie seine Gedanken lesen. »Deine Nase wird immer länger, Officer Shanahan.«
Jetzt war sein Lächeln echt. Sie war verrückt, aber nicht dumm. Er verfügte über ausreichend Erfahrung, um den Unterschied zu kennen, und vor die Wahl gestellt, wäre ihm verrückt jederzeit lieber als dumm. Er hob die Hände, die Handflächen nach oben gekehrt. »Ich kann's versuchen«, sagte er und ließ die Arme fallen. »Wie wär's damit?«
Sie seufzte und schlang über der linken Hüfte einen Knoten in das Badetuch. »Das wird wohl das Beste sein, was du tun kannst, und es wird mir reichen müssen.« Sie wandte sich dem Haus zu und sah sich über die Schulter hinweg noch einmal nach ihm um. »Hast du schon zu Abend gegessen?«
»Nein.« Er hatte geplant, auf dem Heimweg beim Lebensmittelladen zu halten und Hühnchen für sich und Möhren für Sam zu kaufen.
»Ich mache jetzt Abendbrot. Du kannst bleiben, wenn du magst.« Ihr Tonfall verriet alles andere als Begeisterung.
»Lädst du mich etwa tatsächlich zum Essen ein? Wie eine richtige Freundin?«
»Ich habe Hunger, und du hast noch nicht gegessen.« Sie hob die Schultern und ging auf die Hintertür zu. »Dabei sollten wir's belassen.«
Sein Blick folgte den Wellen in ihrem nassen Haar und den Wassertröpfchen, die aus den Haarspitzen und über ihren Rücken rannen. »Kannst du kochen?«
»Ich bin eine großartige Köchin.«
Während er hinter ihr her ging, wanderte sein Blick zu
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