Das Muster der Liebe (German Edition)
schon seit Jahren Strickkurse gebe, habe ich nie zuvor mit einer derart bunten Gruppe gearbeitet wie in meinem kleinen Anfängerkurs. Diese Frauen hatten nichts gemeinsam. Alle drei saßen steif und verkrampft an ihren Tischen im hinteren Teil des Ladens und sagten kein Wort.
“Vielleicht sollten wir damit beginnen, uns einander vorzustellen. Erklärt doch bitte, warum ihr diesen Kurs machen wollt”, schlug ich vor und gab Jacqueline ein Zeichen, anzufangen. Sie war diejenige, um die ich mir am meisten Sorgen machte. Jacqueline gehörte offensichtlich zur gehobenen Schicht. Und ihre erste Reaktion auf Alix war ein schlecht versteckter Schock gewesen. Als ich ihren Blick auffing, fürchtete ich, sie würde sich entschuldigen und aus dem Laden stürzen. Ich weiß nicht genau, was sie bewog, zu bleiben. Aber ich war dankbar, dass sie es tat.
“Hallo”, begann Jacqueline mit ruhiger Stimme und nickte den anderen beiden Frauen, die ihr gegenübersaßen, zu. “Mein Name ist Jacqueline Donovan. Das Architekturbüro meines Mannes ist verantwortlich für die Umgestaltung und Sanierung der Blossom Street. Ich würde gern stricken lernen, weil ich bald zum ersten Mal Großmutter werde.”
Sofort hob Alix den Kopf und sah die Frau an. “
Ihr
Mann steckt hinter dem ganzen Chaos? Sagen Sie ihm, er soll die Finger von meinem Apartment lassen, hören Sie?”
“Wie können Sie es wagen, in einem derartigen Ton mit mir zu sprechen!”
Die beiden Frauen starrten sich an. Alix war aufgesprungen. Ich bewunderte Jacqueline, die nicht einmal zusammenzuckte. Schnell wandte ich mich an Carol. “Mögen Sie vielleicht fortfahren?”, fragte ich und war selbst überrascht, wie ruhig meine Stimme klang.
Ich hatte Carol schon ein bisschen kennengelernt. Sie war bereits zweimal im Laden gewesen, um Wolle zu kaufen. Ich wusste, warum sie den Kurs belegte, und hoffte, wir könnten vielleicht Freundinnen werden.
“Ja, hallo”, sagte sie und klang so verunsichert, wie ich mich fühlte.
Alix hörte nicht auf, Jacqueline anzustarren, aber die schaffte es, sie in bemerkenswerter Art und Weise zu ignorieren. Ich hätte wissen müssen, dass so etwas passieren würde. Aber ich hatte keine Ahnung, wie ich reagieren oder diese Auseinandersetzungen verhindern sollte. Alix und Jacqueline waren so unterschiedlich, wie zwei Menschen nur sein können.
“Mein Name ist Carol Girard, und mein Mann und ich hoffen, bald ein Kind zu bekommen. Im Augenblick unterziehe ich mich einer Hormonbehandlung. Im Juli wird eine künstliche Befruchtung, also eine IVF oder auch In-vitro-Fertilisation, vorgenommen. Der Grund, warum ich diesen Kurs belege, ist, dass ich eine Decke für mein noch ungeborenes Kind stricken möchte.”
Ich konnte an Alix’ Miene ablesen, dass sie nicht genau wusste, worum es ging.
“Künstliche Befruchtung oder IVF bedeutet, dass die Befruchtung der Eizelle in einem Reagenzglas stattfindet und die Eizelle dann später eingepflanzt wird.”
“Ich habe kürzlich in
Newsweek
einen wundervollen Artikel zu dem Thema gelesen”, erzählte Jacqueline. “Es ist wirklich faszinierend, was die Medizin heutzutage leisten kann.”
“Ja, es sind einige spannende Dinge auf dem Markt, aber bisher haben Doug und ich unser persönliches Wunder noch nicht erleben dürfen.”
Der sehnsüchtige Ausdruck in Carols Augen war so intensiv, dass ich das Bedürfnis verspürte, meine Hand auf ihre Schulter zu legen.
“Der Versuch im Juli ist unsere letzte Chance”, fügte sie leise hinzu. Carol biss sich auf die Unterlippe. Ich fragte mich, ob ihr bewusst war, wie viel von ihrer Angst sie im Augenblick preisgab.
“Was genau machen sie mit Ihnen bei dieser künstlichen Befruchtung?”, fragte Alix und lehnte sich leicht nach vorn. Sie schien ehrlich interessiert zu sein.
“Es ist ein langer, schwieriger und kraftraubender Prozess”, antwortete Carol. “Ich bin nicht sicher, ob ich davon erzählen sollte – schließlich wollen wir stricken lernen.”
“Wäre es Ihnen recht?”, fragte Alix in die Runde und überraschte mich mit ihrer Neugierde.
“Auf jeden Fall”, ergriff Jacqueline das Wort. Ich bezweifelte, dass ihr Interesse so ernst gemeint war wie das von Alix.
“Also”, begann Carol und faltete die Hände, “alles begann mit Medikamenten. Ich musste ein Mittel nehmen, das meine Eierstöcke anregen sollte, Eizellen zu produzieren. Sobald sich Eizellen gebildet hatten, wurden sie entnommen.”
“Hat das wehgetan?”, fragte
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