Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)
dahin verhaltet euch ruhig. Viel Glück.“
„Danke“, wisperte es hinter den Fässern. Das Kind gab keinen
Laut von sich. Sicher stand es unter Schock.
Als ich wieder auf die Gasse hinaus trat, kam mir eine
Gruppe angetrunkener Ritter mit ihren Knappen entgegen. Sie waren in Hochstimmung
und sahen sich auf der Suche nach Beute um.
Diese Männer konnte ich nicht so einfach wegschicken wie die
beiden Kerle von vorhin, denn sie waren Ritter wie ich und keine einfachen
Soldaten.
Schwankend torkelte ich auf sie zu, als wäre ich ebenso betrunken
wie sie selbst.
„Hier is nichs mehr schu holen“, rief ich ihnen lallend zu
und versuchte, so unbeteiligt wie möglich zu klingen.
„Wohl zu spät gekommen“, lästerte einer der Ritter und hielt
mir einen Krug Wein entgegen. „Hier, ein kleiner Trost.“
Ich nahm den halbvollen Krug und rang mir ein schiefes
Grinsen ab.
„Vielleicht ist noch Wein zu finden“, rief einer der Ritter
und trat in das Haus.
Mir blieb fast das Herz stehen, als ich sah, wie er die
Kellerstiege hinab stieg.
„Nur leere Fässer“, rief ich ihm in der verzweifelten
Hoffnung nach, der Ritter gäbe sich damit zufrieden und kehrte wieder um. Doch
der ließ sich nicht beirren und hatte schon die letzte Stufe erreicht.
Ich tat, als könne ich das Gleichgewicht nicht halten und
stolperte geräuschvoll die Stiege hinunter, stieß unten hart mit dem Mann
zusammen und murmelte eine Entschuldigung. Ich wollte eine Prügelei
provozieren, um die Ritter abzulenken. Der fremde Ritter strauchelte gegen die
Wand, lachte aber über meine Ungeschicklichkeit anstatt zornig zu werden. Einem
betrunkenen Kameraden nahm man so leicht nichts übel.
Langsam und so unauffällig wie möglich schob ich mich
zwischen den Ritter und die Fässer vor der Frau und dem Kind, als ich plötzlich
ein leises Geräusch aus dem Versteck hörte.
Der fremde Ritter schaute herüber. Demonstrativ schlug ich
gegen die Fässer.
„Alle leer!“, rief ich laut, so dass auch die oben stehenden
es hören konnten und hoffentlich nicht auch noch in den Keller kamen.
Unauffällig griff ich nach dem Messer und ließ den anderen
Ritter nicht aus den Augen. Wenn er noch einen Schritt näher käme, würde ich
ihn abstechen und behaupten, er hätte mich wegen der Rempelei auf der Treppe
angegriffen.
„Hier ist nichts“, rief dieser zu meiner Erleichterung nach
oben, „und wenn hier Wein gewesen ist, hat unser junger Freund ihn allein
ausgetrunken.“
Im Halbdunkel des Kellers hatte ich das irritierende Gefühl,
als zwinkerte er mir zu.
Seine Kameraden oben lachten. „Dann kommt wieder rauf, wir
werden schon noch was finden!“
„Wie ist Euer Name?“, fragte der fremde Ritter plötzlich
halblaut.
„Conrad von der Lühe“, antwortete ich und war noch immer auf
alles gefasst.
„Ulrich von Aichelberg. Ich freue mich, Eure Bekanntschaft
gemacht zu haben.“
Der Ritter deutete eine Verbeugung an, schaute noch einmal
zu den Fässern herüber und sah mich mit einem merkwürdigen Blick an. Dann
nickte er mir zu, stieg die Treppe wieder hinauf und entfernte sich mit seinen
Kameraden.
Ich sah ihnen nach, bis die Gruppe hinter der nächsten
Straßenecke verschwand und hatte das ungute, aber sichere Gefühl, dass dieser
Ulrich von Aichelberg mich durchschaut hatte. Während ich noch darüber
nachgrübelte, hörte ich von der anderen Seite Lärm und fuhr herum. Weiter
hinten in der Gasse zerrten mehrere Soldaten eine Frau mit zerrissener Bluse
auf die Straße, schubsten sie zwischen sich hin und her und johlten lautstark.
Ich ballte die Fäuste und musste meine ganze
Selbstbeherrschung aufbringen, um mich nicht zu vergessen. Aber ich dachte an
die junge Frau im Keller und schwor mir, wenigstens sie und ihren kleinen
Jungen um jeden Preis zu retten.
Die von den Soldaten gequälte Frau schien am Ende ihrer
Kräfte zu sein. Ein derber Stoß ließ sie mit dem Kopf gegen die Hauswand
taumeln. Sie brach zusammen und blieb reglos liegen.
Einer der Kerle beugte sich über sie und fluchte. „Verdammte
Sauerei, das Weib ist hinüber.“
„Warum hast du sie nicht aufgefangen?“, knurrte ein anderer
ihn an. Der Gescholtene zuckte nur mit den Schultern.
Dann verloren sie das Interesse an der Frau und ließen sie
einfach liegen.
In diesem Moment kam ein Mädchen herbei gelaufen und warf
sich weinend auf die tote Frau, die offenbar ihre Mutter war. Wäre sie doch nur
in ihrem Versteck geblieben.
„He, seht mal, was ist das denn für
Weitere Kostenlose Bücher