Das mysteriöse Pergament 03 - Heimkehr (German Edition)
alberne
Grinsen sehen, dass sich auf ihrem Gesicht breit gemacht hatte und das sie
einfach nicht unterdrücken konnte.
Der Weg von der Kirchentür bis zum Altar war unendlich lang.
Sicher stolperte sie, bevor sie den Altar erreichte oder eine der Brautjungfern
trat ihr auf den langen Schleier und riss ihr diesen mitsamt dem kostbaren
Stirnreif vom Kopf. Dann würden alle lachen.
Aber es ging alles gut. Albrecht von Uritz hatte es gern
übernommen, sie anstelle des Brautvaters vor den Traualtar zu geleiten. Mit
feierlicher Miene legte er ihre vor Aufregung feuchte Hand in die ihres
Bräutigams.
Schließlich kniete sie neben Conrad vor dem Traualtar und
die Brautleute ließen die Litanei des Pfarrers über sich ergeben.
Wirre Gedanken schwirrten ihr dabei durch den Kopf. Ständig
fürchtete sie, es könnte im letzten Auganblick noch etwas schief gehen – ein
Blitz in die Kirche einschlagen, der Altar umfallen oder was auch immer.
Durch ihren Schleier sah sie auf die Jungfrau Maria und
bedankte sich stumm bei ihr. Dann stiegen plötzlich alberne Gedanken in ihr
auf: Die Jungfrau mit dem Kinde, dachte sie belustigt.
Sie sah das geheimnisvolle Lächeln der Heiligen, selig und
entrückt. Hatte sich eben ihr Mund bewegt oder täuschte sie ihr Schleier? Line
meinte, das Lächeln habe sich verändert. Wenn sie genau hinsah, kam es ihr vor,
als hätte die Heilige ihr zugezwinkert – ein Zwinkern wie es eine Frau ihrer
besten Freundin zuwarf, wenn sie ein Geheimnis mit ihr teilte. Das Lächeln kam
ihr plötzlich hintergründig vor, so als wolle die Jungfrau Maria ihr sagen:
„Wenn die wüssten…“
Line erschrak innerlich über ihre lästerlichen Gedanken, die
aus ihrem freudigen Übermut entstanden waren. Lag es vielleicht daran, dass sie
selbst seit einiger Zeit spürte, ein Kind unter dem Herzen zu tragen?
Noch hatte sie nicht gewagt, es Conrad zu sagen. Wie würde
er reagieren? Und was, wenn sie sich irrte? Sie wollte noch einen Mond
abwarten, um ganz sicher zu sein.
Noch einmal stieg Panik in Line auf, als die Zeremonie fast
vorbei war. Was, wenn ihr die Stimme versagte oder wenn Conrad den Schleier
hob, um sie zu küssen und plötzlich zurückschreckte, weil ihr Gesicht vor
Aufregung glühte?
Aber nichts dergleichen geschah. Nach Conrads kräftigem „Ja“
brachte auch sie ein deutliches, wenn auch etwas klägliches „Ja“ heraus und als
Conrad den Schleier hob, sah sie nur grenzenlose Liebe in seinen Augen. Zart
berührten sich ihre Lippen, als wäre es ihr erster, zaghafter Kuss.
Im selben Moment brachen die Gäste in Jubel aus, der von den
dicken, steinernen Wänden der Kirche widerhallte.
Langsam schritt das Brautpaar den Gang in Richtung Ausgang
entlang.
Line schaute zur Balustrade über der Kirchentür hinauf, wo
neben anderen Wappen von mecklenburgischen Adelshäusern als erster in der Reihe
das Wappen derer von der Lühe prangte. Die Prinzessin mit dem goldenen Ring auf
dem Wappen schien sie anzulächeln.
Als das Brautpaar die Kirche verließ, ging ein Blumenregen
auf sie nieder. Das ganze Dorf war vor der Kirche versammelt, alle riefen ihnen
gute Wünsche zu und Line konnte es noch gar nicht fassen, jetzt Conrads Eheweib
und Herrin auf dem Rittergut Kölzow zu sein.
Zwar hatte sie auch jetzt schon jeder auf dem Gut mit dem
Respekt behandelt, der ihr als der Verlobten des Hausherrn zustand, aber ab
heute war ihre Stellung eine andere. Als Hausherrin war sie ebenso für das
Gesinde wie auch für die Wirtschaftsführung auf dem Gut verantwortlich.
Nach Ablauf des Witwenjahres würde Constance Hannes von
Uritz heiraten und ihm auf sein Gut Roggow folgen. Bis dahin konnte sie die
Zeit nutzen, Line alles beizubringen, was sie als Herrin eines Ritterguts
wissen musste.
Während Constances Abwesenheit hatte Elsa dieses Amt
ausgeübt. Auch in der alten Magd würde Line eine wertvolle Hilfe haben.
Hand in Hand ging das Brautpaar zum Gut zurück, gefolgt von
dem bunten Hochzeitszug.
Direkt hinter ihnen schritten die Adligen aus der Umgebung,
unter ihnen auch die Herrn von Bassewitz, von Vosse, von Grabow, von Molten und
von Beren mit ihren Familien und viele der anderen Ritter, die Conrad bei der
Rückeroberung seines Gutes geholfen hatten.
Conrad Reiz von Breuberg hatte leider nicht kommen können,
da seine Frau Agnes erkrankt war und sich die lange Reise nicht mehr zumutete.
Er hatte Conrad einen langen Brief geschrieben, in dem er ihm und seiner
reizenden Braut alles Gute
Weitere Kostenlose Bücher