Das Mysterium der Wölfe: Die Reise zu Kyrion (German Edition)
Er geht voraus, während wir drei ihm mit etwas Abstand folgen. Ich gehe in der Mitte, Jake ist zu meiner Linken, Chris zu meiner Rechten.
Wir stecken die Köpfe zusammen und ich flüstere den beiden noch ein paar Anweisungen zu: "Okay Leute, wir dürfen das jetzt nicht verbocken. Ihr wisst ja, dass uns Cyrus nichts anmerken soll, verhaltet euch also so unauffällig wie möglich. Außerdem soll er glauben, dass wir uns hier sehr wohl fühlen und uns noch gerne länger hier aufhalten wollen. Ich bezweifle ja, dass er seine Entscheidung bezüglich unserer Reise zu Kyrion schon getroffen hat. Also fragt nicht allzu viel nach und bleibt auf jeden Fall höflich."
"Kommt ihr?" Oh, Nolan ist ja schon wieder ein gutes Stück vor uns. Ich beschleunige meine Schritte etwas und folge ihm. Jake und Chris gehen mir gemütlich nach.
Von weitem sehe ich die kleinere Gruppe von Wölfen schon, die sich bereits über vier ausgewachsene Rehkadaver hermachen. Auch hier erkennt man wieder die Ordnung der Gruppe, da sich ein paar schon der Mahlzeit widmen, während andere noch warten. Streitereien gibt es auf jeden Fall keine. Es hat zwar schon seine Vorteile, wenn man so eine strenge Rangordnung verfolgt, aber wie die andere Gruppe behandelt wird ist einfach falsch. Ich schaue mir die Wölfe nach der Reihe an, aber Cyrus sehe ich nicht unter ihnen. Wo er wohl ist?
Da Nolan schnurstracks an der Gruppe vorbeigeht frage ich nach: "Essen wir etwa nicht mit den anderen Mitgliedern des Rudels?" Ich gehe noch etwas schneller bis ich neben ihm bin. Jake und Chris scheinen noch weiter hinten zu sein.
"Cyrus hat gerne seine Ruhe beim Essen. Ich bin der Einzige, der mit ihm isst. Wir sprechen dann oft über die Jagd, oder auch das Rudel. Wenn ich allein mit ihm spreche, ist er irgendwie anders...er wirkt dann eher als Freund auf mich und weniger als Anführer. So lange sind wir nun schon befreundet und ich werde immer noch nicht schlau aus ihm..." Nolan ist ziemlich offen. Ich glaube nicht, dass er so etwas jedem anvertraut.
"Du scheinst ihn schon lange zu kennen. Wart ihr schon immer befreundet?" Ich hoffe nur, dass ich nicht zu neugierig wirke, aber es interessiert mich eben.
Nun lacht er: "Glaub mir, anfangs war das ganz und gar nicht so." Er blickt nachdenklich in den Sonnenuntergang. "Damals, als mein Bruder noch da war, sah ich Cyrus nur als meine Autoritätsperson. Ich war immer nett zu ihm, aber auch nur, weil er in der Rangordnung eindeutig über mir stand. Dann wurde Logan, also mein Bruder, wegen...ähm...falschen Verhaltens verbannt." Anscheinend schämt er sich für seinen Bruder. Trotz allem kennt man ihm an, dass er ihn vermisst. "Jedenfalls war Cyrus zu diesem Zeitpunkt für mich da und half mir über die schweren Zeiten hinweg. Logan war immerhin mein kleiner Bruder. Es tat sehr weh, ihn zu verlieren...und so plagte mich das schlechte Gewissen." Man hört das Bedauern in seiner Stimme. Es muss wirklich schwer für ihn gewesen sein...der arme Kerl. Nolan wirkt so dermaßen freundlich auf mich. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass er einem Typen wie Cyrus dient.
Ich setze für ihn fort: "Also hast du ihn von da an nicht mehr nur als Anführer gesehen, sondern auch als Freund...das ist schön zu hören. Cyrus wirkt auf mich auch so, als würde er niemandem außer dir vertrauen."
Nolan nickt: "Ja, das ist in der Tat so. Aber glaub mir, er ist kein schlechter Kerl. Auch wenn er manchmal etwas schroff wirkt, er hat genauso seine guten Seiten. Wenn man ihn erst einmal kennt, ist er anders. Das sehen die Meisten nur leider nicht..." Ich weiche seinem Blick aus und schaue zu Boden. Mag schon sein, dass er auch nett und freundlich sein kann, aber ich habe ihn eben noch nicht so erlebt. Außerdem hat mich das, was mir Timeos erzählt hat, vom Gegenteil überzeugt. "So, da sind wir schon!" Schnell schaue ich wieder auf und erkenne von Weitem Cyrus, der an dem großen Teich sitzt und sein Spiegelbild im Wasser betrachtet. Hinter ihm, also ein paar Meter vom Wasser entfernt, steht ein großer Kastanienbaum. Unter dem Baum liegen zwei junge Rehe und ein riesiger Hirsch. Die Jäger haben heute wirklich ganze Arbeit geleistet.
"Na das sieht ja mal toll aus!" Ich drehe mich um, als ich Christophers Stimme höre. Auch Cyrus scheint unsere Anwesenheit bemerkt zu haben und schaut rüber zu uns. Dann entfernt er sich vom Wasser und geht zu dem Baum. Nolan führt uns auch dorthin.
Wieder folgt eine herzliche Begrüßung von Cyrus: "Guten
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