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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Kapitän Pietro di Mendoza, der später berichtete, auf dem Schiff, wo die Gefangenen weniger wert sind als ein streunender Hund, habe Occhialì ihn sehr respektvoll behandelt.
    Seine täglichen Opfer, der Brennstoff, der die Flamme seines Hasses nährt, sind jedoch seine ehemaligen Landsleute. Die Venezianer, die den besten Geheimdienst im ganzen Mittelmeer besitzen, wissen alles über ihn: ein großer Seefahrer, aber ungehobelt wie der dümmste Bauer, so jähzornig, dass man kaum mit ihm reden kann, des Lesens und Schreibens unkundig, ruht sich nie aus und ist den |252| anderen immer einen Schritt voraus. Er ist ebenso großzügig wie erbarmungslos, sein Geist versprüht Funken, aber in fleischlichen Dingen ist er unberechenbar, und für eine Liebschaft ist er imstande, sich vom Verbündeten in einen Todfeind zu verwandeln. Übermannt ihn der Zorn, nimmt sein ohnehin grobschlächtiges Gesicht monströse Züge an, er ist zu ebenso phantasievollen wie entsetzlichen Grausamkeiten fähig, und nicht einmal seine Vorgesetzten wagen es, das Wort an ihn zu richten. Zwei Dinge verfolgt er besonders unerbittlich: seine einstige Religion und seine Landsleute. Er hat eine grässliche Narbe am rechten Unterarm, die ihm zugefügt wurde, als er einen Sklavenaufstand bei der griechischen Insel Chios eigenhändig im Blut ertränkte. Er ist untersetzt, behaart, die Krätze hat ihm im Lauf der Zeit den Schädel völlig zerfressen, und ohne Turban kann er nicht sein.
    Alle Italiener jagen ihn: Giovanni Andrea Doria, der Neffe des berühmten Andrea Doria, die Ritter vom Heiligen Grab und die vom Orden Santo Stefano. Wie ein Teufel entwischt er und taucht unversehens wieder auf. Mit einer Galeone und einer Galeere, die er katalanischen Händlern raubte, wird er bei Djerba abgefangen, aber er lässt die beiden Schiffe stranden und rettet sich mit der gesamten Mannschaft an Land.
    Er ist derber als der gemeinste Plebejer, kann aber überaus raffiniert Ehrungen und Entehrungen verteilen, sogar an seine Feinde, und besonders gerne bei Italienern. Als er in der Meerenge von Malta auf vier Galeeren des Johanniterordens trifft, die Zypern zu Hilfe kommen wollen, tötet er achtzig Ordensritter und ihren General, fast alle Soldaten und die Rudermannschaft. Doch nachdem er das feindliche Hauptschiff in Besitz genommen hat und triumphierend im Hafen von Konstantinopel eingelaufen ist, befiehlt er zur großen Überraschung aller, dass die Gefangenen menschlich behandelt werden, lässt die Verletzten verarzten, die Nackten kleiden, die Hungernden speisen. Aber er misshandelt jene, die er feige erlebt hat, und beleidigt einen Ordensritter, Nicola Valori, der sich in der Schlacht unehrenhaft verhielt. Zwei jungen Franzosen schmeichelt er dagegen so sehr, dass sie ihrer Religion abschwören und Mohammedaner werden. Die Statuen des heiligen Johannes am Heck des Schiffes werden mit einer Kette um den Hals kopfüber aufgehängt, wie Gehenkte, und das Volk applaudiert.
    |253| In Djerba gewinnt er eine der größten Seeschlachten des Jahrhunderts. Der Seekrieg, den die Türken und die Barbareskenreiche führen, hat Süditalien und Spanien in die Knie gezwungen, und der neue spanische König Philipp II. will einschreiten: Er schmiedet einige italienische Landesfürsten, den Papst, die Malteserritter und sogar deutsche Fürstentümer zu einer Allianz zusammen und arbeitet sechs Monate lang unter größter Geheimhaltung an einem Handstreich, mit dem Tunis erobert werden soll, das Herz der Barbareskenreiche. Aber Occhialìs Spione, Kaufleute natürlich, entdecken den Plan, und der Überraschungsangriff wird unmöglich. Es ist Winter, die christliche Flotte, die bereits von Epidemien, Unwettern und Aufständen im Inneren geplagt wird, errichtet eine Basis in Djerba und baut dort eine Festung zu ihrer Verteidigung. In starken Etappen kommt eine riesige türkische Flotte aus Konstantinopel an, angeführt von Piale Pascha, dem Schwiegersohn des Sultans und Sohn eines ungarischen Schusters (man erzählt, er sei als Kind von den Türken bei ihren Raubzügen in der magyarischen Ebene nackt auf einem Pflug gefunden worden, aber in Wirklichkeit wurde er geraubt wie Tausende anderer Kinder, die die Osmanen jedes Jahr gewaltsam aus den christlichen Ländern verschleppen, um sie zu Würdenträgern bei Hofe und im Heer zu machen). Als Piale Pascha mit seiner gewaltigen Flotte in Sicht kommt, zögern die Nazarener: kämpfen oder flüchten? Angesichts der Unentschlossenheit

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