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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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tötet über tausend Mann. Doch kaum will er abziehen, stürzt sich die christliche Nachhut auf ihn. Er flüchtet mit dem Hauptschiff der Malteser. Die Christen, die später an Bord des Malteserschiffs kommen, brechen bei dem grauenhaften Anblick der Leichenberge auf Deck in Tränen aus. Auf der Flucht gibt Occhialì auch die zwölf eroberten Galeeren auf und rettet sich mit seinen eigenen, schwer beschädigten Schiffen. In Konstantinopel wird der Sultan ihn loben, weil er mit seinen Wagestücken eine Niederlage auf ganzer Front verhindert hat.
    Nach dem Sieg der Christen bei Lepanto ist seine Flotte die einzige türkische Streitkraft, die noch das Mittelmeer befährt. Im Dezember nimmt er mit seinen verbliebenen Schiffen Kurs auf Konstantinopel. Er hat in verschiedenen Häfen siebenundachtzig Schiffe aufgebracht, wird zum Admiral der türkischen Flotte ernannt und sein Spitzname lautet fortan Kilige Ali, Ali, das Schwert, weil er bei Lepanto den Kreis der feindlichen Schiffe wie ein Schwert durchstoßen hat.
    In fünf Monaten bauen die Türken hundertfünfzig Galeeren. Das Geld kommt von den venezianischen Geldleihern, die der christlichen Flotte derweil die Mittel kürzen, damit sie den Sieg bei Lepanto nicht nutzen und das nunmehr wehrlose Konstantinopel angreifen, wie die christlichen Admirale und der Papst laut fordern.
    Occhialì hat inzwischen das Kommando über zweihundertdreiundzwanzig Galeeren, im Meer nebeneinander aufgereiht, würden sie die Linie des Horizonts verdecken. Um seine verbrecherischen Fähigkeiten ins rechte Licht zu setzen, erfindet er bei jeder Schlacht neue Kniffe. Vor Malvasia lässt er, verfolgt von Marcantonio Colonna, dem großen christlichen Heerführer, bei Anbruch der Nacht all seine Schiffe gleichzeitig feuern. Eine ungeheure Wolke aus Pulverdampf |258| entsteht, in deren Schutz Occhialì mit einem Großteil seiner Flotte entkommt.
    Die Jahre vergehen. Manchmal landet er in seiner alten Heimat, um seinen Geburtsort wiederzusehen. Mit über sechzig fährt er zum letzten Mal aufs Meer. Er ist kein Italiener mehr, aber auch kein richtiger Türke. Der ehemalige Schrecken der italienischen Küsten lässt nun Gnade bei seinen Landsleuten walten, in Konstantinopel erlaubt er ihnen, die lateinische Messe zu lesen, sie dürfen kostenlos in Häusern wohnen, die ihnen zugewiesen wurden und die sie sogar ihren Kindern vererben können. Den Abtrünnigen aus Kalabrien, jener besonderen Rasse, der auch er angehört, schenkt er ein großes Haus in der Stadt, das Nuova Calabria genannt wird.
    Geheimnisumwittert wie seine armselige Herkunft ist auch sein Tod, weil er sich in den allzu hohen Kreisen um den Sultan ereignete. Wurde er von Hand eines christlichen Sklaven vergiftet oder von seinem Barbier mit einem Schnitt durch die Kehle umgebracht? Andere sagen: Er ging in die Moschee, sprach sein Gebet, verteilte die üblichen Almosen und kehrte in seinen Palast zurück. Da es ihm seit zwanzig Tagen schlecht ging, hatte der Arzt ihm fleischlichen Verkehr verboten, doch er hörte nicht auf ihn und starb in den Armen einer jungen Frau. In seinem Palast fand man fünfzigtausend Goldmünzen, der Verkauf seiner Besitztümer brachte weitere fünfhunderttausend, und all das fiel, zusammen mit seinen tausenddreihundert Sklaven, an die Staatskasse.
    Andere behaupten, er sei an Bord eines Schiffes ermordet worden, weil er die Tochter des Sultans und Gemahlin des Großwesirs eine Hure genannt hatte. Ein Leidenschaftsdelikt, wie es sich für einen Kalabresen gehört. Vielleicht hat man ihn von einem seiner vielen italienischen Sklaven zerfleischen lassen, die namenlos sind wie Steine, aber schwer wiegen auf der Seele des Luca Galeni, als er die Augen für immer schließt, unfreiwillig an Kalabrien, an Italien, an das Christentum gekettet.

|259| DISKURS XXXVII
    Darin ein Freundschaftsbund entsteht und der erste Erkundungsgang ins Innere der Insel unternommen wird.
    »Wisst Ihr was?«, schloss der Statthalter von Ali Ferrarese. »Ihr würdet einen großen Korsaren abgeben. Diese Kerle da oben im Turm sind gerade gut genug, um sie als Geiseln mit Gold aufwiegen zu lassen, ebenso wie ihr slawonischer Mönch. Aber einen wie Euch nähme ich gerne an Bord! Ihr würdet blitzschnell Karriere machen.«
    »Wie kommst du denn auf diese Idee? Hoffentlich nicht, weil du mich mit deinem Occhialì vergleichst!«, lachte ich überrascht. Es war verrückt, jemandem wie mir einen solchen Vorschlag zu machen, der seit Ewigkeiten

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