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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Moment nicht möglich war, in die Stadt zu gelangen, hätten wir in der Torre Vecchia doch genügend Zwieback, Käse, Salami, Trockenfrüchte, Kichererbsen und noch mehr zur Verfügung gehabt. Wenn wir essen wollten, hätten wir in ein paar Stunden essen können. War es unbedingt nötig, den gesamten Wintervorrat dieser armen, einsamen Frau zu schlachten? Wie viel Kraft es sie gekostet hatte, all diese Tiere aufzuziehen und am Leben zu halten, ließ sich leicht vorstellen. Wenn sie entdeckte, dass sie allesamt getötet und verschlungen waren, würde sie verzweifeln.
    Doch eine Zeitlang achtete niemand auf mich, den einzigen, der dem Gemetzel fernblieb, denn bei euch allen gewann die primitive Natur Oberhand. Um dem grausamen Schauspiel zu entfliehen, machte |264| ich ein paar Schritte um das Haus herum. Es war von wenigen, schlichten Dingen umgeben: ein Stapel bereits gespaltenes Feuerholz, ein großer Eimer mit Pech, einige Ziegel zum Ausbessern des Daches, Bottiche und Bütten, Werkzeuge für die Gartenarbeit. Da der Regen vorübergehend aufgehört hatte, setzte ich mich nach meinem Rundgang unter einen Baum.

DISKURS XXXIX
    Darin man sich aus Not unter ein anderes Dach flüchtet.
    Endlich kamst du mich unter dem Baum suchen, Hand in Hand mit Barbello. O weh! Ihr gabt fein acht, dass die anderen euch nicht bemerkten, aber bei mir wart ihr nicht so vorsichtig.
Mea culpa, mea maxima culpa
, sagte ich mir. Du glaubtest wahrscheinlich sogar, mir einen Gefallen zu tun, indem du mir beharrlich zeigtest, wie gehorsam du – leider – meinen Empfehlungen folgtest.
    Als unsere Gruppe wieder vereint war, sagte Naudé: »Wir müssen zur Festung zurückkehren. Lasst uns einen Korb oder ein Stück Stoff suchen, in dem wir die Hühner und Kaninchen mitnehmen können«, schlug Naudé vor.
    »Monsire Naudé, seht Ihr denn nicht, dass es schon fast dunkel ist?«, erwiderte ich.
    Plötzlich erleuchtete ein Blitz unsere Gesichter gespenstisch weiß, dann ließ ein mächtiger Donner uns zusammenzucken. Das Gewitter war zurückgekehrt.
    Die Begeisterung über die Ausbeute an Hühnern und Kaninchen hatte der ganzen Gruppe die Sinne verwirrt, doch jetzt waren alle wieder zu sich gekommen. Ein abermaliges Donnergrollen und ein jäher, gewaltiger Sturzregen zwangen uns, wieder in dem Häuschen Zuflucht zu suchen. Von Kälteschauern geschüttelt, Nase und Haare triefend vor Nässe, traten wir über die Schwelle.
    »Und jetzt?«, fragte bleich und zitternd Schoppe, dem die üppige Tolle an der Stirn klebte.
    »Wir warten, bis der Regen nachlässt, dann kehren wir zur Torre Vecchia zurück«, sagte Hardouin.
    |265| »Ich erlaube mir, Euch zu widersprechen, Monsire Hardouin«, entgegnete ich. »Der Weg zur Festung ist steil, und Ihr könnt Euch vorstellen, wie mühselig er sein wird. Wir tun gut daran, hier zu übernachten und morgen früh zur Torre Vecchia zurückzukehren. Angesichts der späten Stunde und des Unwetters glaube ich nicht, dass das Mädchen vor morgen früh zurückkehrt. Morgen werden wir einen anderen Weg in die Stadt finden.«
    Im Haus gelang es uns mit ein wenig Glück, die Glut im Kamin wieder zu entfachen, indem wir den Holzvorrat der jungen Dame und trockenes Laub benutzten. Über diesem Feuer rösteten wir eine ordentliche Anzahl Kaninchen, die wir mit Kräutern aus dem Gärtchen gewürzt hatten. Die grässlichen Zeugen unseres Gemetzels, die Felle und Innereien der Kaninchen und die Köpfe und Beine der Hühner hatten wir vor die Tür geworfen. Außerdem nutzen wir die Flammen, um unsere durchnässten Kleider zu trocknen. So saßen wir alle in Hemd und Unterhosen da, außer Kemal, der seine nassen Kleider nicht einmal zu bemerken schien. Als wir einander so halbbekleidet erblickten, mussten wir alle lachen, was – im Verein mit dem Duft der bratenden Kaninchen – unsere gute Laune wiederherstellte.
    Nach gründlichem Suchen entdeckten wir sogar einen Krug mit Wein und einen mit Öl. In einer Schublade lagen Talgkerzen, Mustafa zündete sie alle an.
    »Ihr hättet wenigstens eine übriglassen sollen, das arme Mädchen muss auch für sich selbst sorgen«, bemerkte ich, doch der Korsar antwortete mir nur mit einem demonstrativ gleichgültigen Achselzucken.
    Um ihn für seine Unhöflichkeit mir gegenüber zu bestrafen, versetzte der Statthalter ihm eine kräftige Ohrfeige und einen Tritt in den Hintern.
    »Respekt vor Leuten, die mehr wert sind als du, Idiot!«, brüllte er, »sonst schlag ich dir eines Tages den

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