Das Mysterium der Zeit
sich ein wenig trunken vor und zurück, als versuchte sie, nicht wieder aufs Meer hinauszutreiben. Unser |324| Rettungsboot war nicht gesunken, es schwamm friedlich, halb mit Wasser gefüllt, vor den Klippen. Die verborgenen Strömungen um die Insel hatten es wohl aus den Tiefen des Meeres wieder an die Oberfläche getrieben, ein wenig spazieren geführt und dann unweit der Stelle, wo wir so abenteuerlich an Land gegangen waren, abgesetzt.
»Vielleicht hat es nur ein kleines Leck«, überlegte Kemal, »aber man müsste es frisch kalfatern, damit es sicher ist. Leider haben wir hier keine Möglichkeit, Pech zu erhitzen.«
Nachdem wir uns hinter der Klippe wieder mit dem Rest der Gruppe vereint hatten, musste der arme Secretarius es erdulden, als der einzig Verantwortliche für die gescheiterte Flucht mit der Schebecke hingestellt zu werden.
»Wir könnten zum Haus des Mädchens zurückkehren und versuchen, die Rauchsäule wieder aufsteigen zu lassen, indem wir ein wenig in der Glut stochern«, schlug Naudé vor. »Vielleicht wird ein anderes Schiff neugierig. Aber schnell, bevor sich der Befehl verbreitet, Gorgona wegen der Quarantäne zu meiden.«
»Was für eine Idee, an den Ort zurückzukehren, wo die Ärmste gestorben ist, um dieselben Flammen wieder zu entfachen, die sie umgebracht haben«, tadelte ihn Schoppe, doch hinter seiner unglaubwürdigen Mitleidsregung verbarg sich die Absicht, auf Gorgona zu bleiben, bis Philos Ptetès gefunden war.
»Die Ärmste? Gestern Abend wollte sie uns alle erschlagen!«, wandte Malagigi ein.
»Jaja, aber sie war doch nur ein armes, verwirrtes Mädchen«, entgegnete Guyetus, sich der Heuchelei des Verehrungswürdigen anschließend.
»Nummer Drei war verrückt, und Schluss«, entschied Kemal.
Es war nicht schwer, den Weg zu dem Ort zu finden, wo wir unser Leben fast beendet hätten. Wir folgten dem Rauch, der von der verkohlten Hütte aufstieg, und gelangten bald ans Ziel.
»Himmel, was für eine Verwüstung«, murmelte Pasqualini.
Es war nicht mehr das Häuschen, sondern ein schwarzer Kadaver, dessen Skelett glühte und in schmutzige Schwaden aufging. Die Außenmauern und eine mittlere Wand standen noch, ebenso der Kamin, doch das Dach war eingestürzt. Das Häuschen, in dem wir am gestrigen Abend Zuflucht vor dem Regen gefunden hatten, war kurz davor, ganz einzustürzen.
|325| Guyetus, Schoppe und ich setzten uns abseits unter einen Baum und beobachteten die Operationen. Die beiden waren zu alt, um auf den Trümmern herumzuklettern, ich litt noch unter den Nachwirkungen des Unwohlseins, das unserer kleinen Gesellschaft so sehr geschadet hatte.
»Lasst uns Blätter auf die Glut werfen, das gibt mehr Rauch«, sagte Naudé und schleuderte Äste auf eine Stelle, wo noch ein paar Flämmchen loderten. Dann kletterte er auf die Ruine, um zwischen den qualmenden Trümmern zu wühlen.
»Wie entsetzlich!«, protestierte Barbello, »genau unter dir könnte das arme Mädchen liegen!«
»Muchacha gut morta, keine Angst, haha!«, lachte Mustafa und begann ebenfalls, in den Überresten des Häuschens zu stochern, hier und da nasse Zweige auf die Glut werfend. Hardouin gesellte sich zu den beiden.
Plötzlich hörte man Kemal rufen: »Weg da!«
Zu spät. Ein vom Feuer halb aufgefressener Balken des Dachgestühls, der noch auf einer der Außenwände ruhte, löste sich und fiel mit lautem Krachen zu Boden.
Unter ihm lagen ohnmächtig Naudé und Hardouin.
Sofort stürzten alle herbei, um zu helfen. Der Balken wurde angehoben, dabei achteten wir darauf, die beiden Unglücklichen nicht noch mehr zu verletzen.
Naudé lag rücklings auf den Trümmern, stumm, seine Augen waren geschlossen, der Kopf blutüberströmt. Hardouin rief mit erstickter Stimme um Hilfe. Der Balken hatte beide mit voller Wucht getroffen.
Die Unglücklichen wurden auf den weichen Teppich aus trockenen Blättern im Unterholz gebettet. Guyetus, Schoppe und ich beobachteten zitternd die Rettungsmaßnahmen.
»Gabriel, um Himmels willen, mach die Augen auf!«, flehte ihn Barbello an.
Naudé hatte es am schlimmsten getroffen. Der Balken habe ihm eine ordentliche Wunde am Kopf zugefügt, bemerkten die beiden Korsaren, die sich mit Verletzungen auskannten. Wegen meines geschwächten Zustandes begnügte ich mich damit, Hardouin im Auge zu behalten, der über Schmerzen in der Hüfte klagte. Mit deiner Hilfe, mein Atto, entkleidete ich ihn halb: er hatte tatsächlich eine hässliche Schürfwunde und verlor ebenfalls
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