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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Anstellung und mittellos gesehen. Widerwillig war er in den Dienst der Barberini übergewechselt: Das Brot des Papstes will ich nicht essen, sagte er, ohne zu bedenken, dass viele seiner skeptischen, ungläubigen Freunde dieses Brot aßen. Schließlich war es ihm gelungen, in Paris eine Anstellung bei Richelieu und seinem rechten Arm Mazarin zu finden, doch die Barberini hatten ihn lange nicht freigegeben. Kurz, er hatte eine Menge Ärger und konnte sich vielleicht nicht mit dem Nachlass seines verstorbenen Freundes befassen.
    Cassiano dal Pozzo versieht Bouchards Tagebuch mit Kommentaren am Seitenrand. Unvermutet betritt ein Du Puy die Bühne, ein Bruder der beiden Pariser Salonlöwen und Kartäuserprior in Rom. Aus Zuneigung zu diesem Pater Christophe Du Puy hat der junge Verstorbene seine gesamten Ersparnisse (gut achthundert Scudi in Silber und neunhundert in Gold) dem römischen Kartäuserkloster hinterlassen. Doch Pater Christophe scheint von dieser Geste nicht besonders gerührt, er schreibt den Brüdern in Paris, Bouchards Erbe sei ein Unglück, der Commendatore dal Pozzo habe dem Kloster das Tagebuch und alles andere überlassen, auch obszöne Gedichte und Briefe der Sodomiten, mit denen Bouchard korrespondierte. Er habe wenige Seiten gelesen und dal Pozzo den ganzen Packen sogleich indigniert zurückgesandt. Er frage sich, wie Cassiano dal Pozzo es wagen konnte, ihm so etwas zu schicken, vor allem aber, warum dieser schamlose Bouchard derartige Schändlichkeiten zum eigenen Schaden aufgeschrieben und nicht wenigstens vor seinem Tod verbrannt habe.
    Die Du Puy sind Meister des Klatsches und hatten schon zu seinen Lebzeiten beschlossen, Bouchard zu verleumden – blitzschnell verbreiten |342| sie die Nachricht. Im Nu verschwindet Bouchards Name von der Liste ehrenwerter Personen, um dort nie wieder aufzutauchen.
    Und in Rom gibt es Schakale: Gian Vittorio Rossi, genannt der Eritreer, ein klatschsüchtiger Skandalschriftsteller, einst mit Naudé und Bouchard befreundet, ist im Begriff, eine Sammlung von Porträts berühmter Männer der Stadt in Druck zu geben. Der Eritreer hat schon ein sehr pikantes Porträt von Trouiller eingefügt, und nachdem nun so viele saftige Geschichten bekannt geworden sind, hat er auch ein Kapitel über Bouchard parat. Um zu verhindern, dass ihr Name in den Schmutz gezogen wird, intervenieren die Barberini vermittels des Apostolischen Nuntius in Köln bei dem Verleger, einem deutschen Buchdrucker. Das heikelste Kapitel wird aus Rossis Buch entfernt. Unterdessen ist der Klatsch in Paris wie in Rom jedoch allen Interessierten zu Ohren gekommen.
    Was ist aus Bouchards Arbeiten über die griechischen Historiker geworden? Seine Manuskripte verschwinden, niemand weiß genau, wie viele und welche es sind. Von den Entdeckungen, die so großes Aufsehen bei seinen ehemaligen französischen Freunden erregten, und die Bouchard wie kostbare Geheimnisse gehütet hatte, gibt es keine Spur. Bouchards wahres Erbe als Gelehrter verschwindet im Nichts.
    In Paris nehmen die Starken Geister, im Täuschen geübt, ebenfalls Abstand von ihrem toten Freund: Es ist unverzeihlich, sich so zu verraten und seine wahre Natur preiszugeben, die er einst so gut verborgen hatte. Wie hat ein angehender Bischof solche Papiere in Umlauf bringen, ja, dem unnachsichtigen Cavaliere und Commendatore dal Pozzo überlassen können? Bouchard hat Peiresc’ Motto missachtet: Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht. Immerhin hatte er nach dem Attentat fünf Monate Zeit, diese Schriften verschwinden zu lassen und seinen Namen vor Schimpf und Schande zu bewahren!
    Der Auftraggeber des Mordes hat einen Namen: in den Wochen vor dem Überfall hatte Marschall d’Estrées überall erzählt, dass er Bouchard eine Lektion erteilen wolle, denn die Stelle als Geistlicher des Konsistoriums war einem Schützling von d’Estrées versprochen. Es gibt glaubwürdige Zeugen, die die Frau des Botschafters von einer Bestrafung Bouchards haben reden hören. Außerdem leugnet der Botschafter, der als diplomatischer Vertreter des Allerchristlichen Königs strafrechtliche Immunität genießt, gar nicht. Er präzisiert nur, |343| dass Bouchard nicht mit dem Schwert getroffen, sondern mit Knüppeln zusammengeschlagen wurde, um das Opfer zu entehren. Denn er habe d’Estrées Männer zuletzt mit dummer Arroganz behandelt und sogar einen Stallmeister angezeigt, der in Rom eine Spielhölle betrieb, weil dort zwielichtiges Volk verkehrte. Ein Moralismus, der im

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