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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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mit seinem Freund Galileo veranstaltete, wo er den verborgenen Makel im Gedankengang des Wissenschaftlers bloßstellte: »Ihr müsst beweisen, dass all das von keinem anderen als dem von Euch entworfenen System erreicht werden könnte, ohne Widersprüche zu erzeugen.«
    Der Mann, der Urban VIII. werden sollte, war gewiss nicht vollkommen, im Gegenteil, er hatte viele Schwächen, nicht zuletzt jene, dass er sehr emotional reagierte, abergläubisch und leicht erregbar war, doch seine Wutanfälle waren ebenso heftig wie von kurzer Dauer. Seine intellektuellen Gaben waren jedoch unfehlbar. Mit kristallklarer Logik hatte er Galileo diese Wahrheit vor Augen geführt: Bestätigungen von Hypothesen durch Erfahrung mögen so zahlreich und präzise sein, wie man will, sie könnten eine Hypothese doch nie in Gewissheit verwandeln, denn dafür müsste man auch den folgenden Satz beweisen: dieselben Erfahrungsdaten würden notwendig alle anderen Hypothesen widerlegen, einschließlich derer, die noch nie von einem Menschen ausgedrückt wurden. Ein offensichtlich unmöglicher Beweis, der die Kenntnis der Wahrheit darum einzig und allein der göttlichen Barmherzigkeit überlässt und der menschlichen Vernunft alle Anmaßung nimmt.
    Hat Jesus Christus, so entgegnete Maffeo Barberini seinem Freund Galileo, uns nicht offenbart, dass Gott
abba
, also »Vater« oder »Papa« ist?
Abba
, mit diesem Namen riefen die kleinen Kinder zu Jesu Zeit ihren Vater. Jesus will uns damit sagen, dass der menschliche Geist, dessen Erkenntnisfähigkeiten er doch so hoch schätzte, die Wahrheit der Dinge nicht besser versteht als ein Kindchen. Das Klügste, was wir tun können, lieber Galileo, ist also, uns mit unbeweisbaren wissenschaftlichen Kenntnissen zu praktischen Zwecken abzufinden. Im Übrigen müssen wir dem Vater vertrauen, wie die Kinder in zartem Alter es tun.
    »Konnten diese weisen und umsichtigen Überlegungen Bellarmins und Urbans VIII. Galileo von seinem Vorhaben abbringen? Nein.«, sagte Hardouin. »Im Gegenteil, in seinem berühmten
Dialog über die zwei hauptsächlichsten Weltsysteme
, den er vor fünfzehn Jahren schrieb, legte Galileo diese vorsichtigen Ratschläge des Papstes, wie Ihr wisst, einer einfältigen Figur in den Mund. Außerdem schrieb er dieses |504| Werk auf Italienisch, das alle lesen konnten, wodurch das Buch überall sehr populär wurde. Urban VIII. wurde also in ganz Europa lächerlich gemacht. Natürlich war er gezwungen zu reagieren, und als Antwort auf den unverbesserlichen Realismus Galileos gab er, zu seinem großen Leidwesen, dem unerbittlichen Realismus der Aristoteliker des Heiligen Offiziums freie Hand.«

    Hardouins Ausführungen vermittelten wirklich den Eindruck, Galileo habe um jeden Preis verurteilt werden wollen, wie Schoppe behauptete, doch es war noch nicht klar, ob er es wirklich getan hatte, um seinen Ruhm zu mehren.
    Mir fiel außerdem ein, dass noch keiner geklärt hatte, wer jener von Bouchard zitierte E.D. war, der seiner Meinung nach zur
impia cohors
gehörte, wie Galileo. Gerade wollte ich Hardouin danach fragen, als ich aufschrak – Kemal hatte mich grob an der Schulter gepackt und schüttelte mich wie eine Marionette.
    »Beim Barte des Propheten, wollt ihr jetzt endlich mit dem Geschwätz aufhören? Wenn ihr es noch nicht bemerkt habt, sage ich euch, dass wir angekommen sind, seht ihr das Haus vor euch? Von jetzt an kein Wort mehr. Legt euch auf eure Lager, ohne dass euch jemand hört, es tagt bald, und die Schlafenden könnten schon bald erwachen.«

DISKURS LXXVII
    Darin man beginnt, über E.D. zu sprechen.
    Meine Augen waren geschlossen, und eine energische Hand rüttelte mich noch immer an der Schulter.
    Ich fuhr auf, diesmal entschlossen, mich zu wehren.
    »Signor Secretarius, was habt Ihr denn heute Morgen? Schon lange versuche ich Euch zu wecken, aber Ihr wollt einfach nicht erwachen.«
    Es war Naudé, der mit mir und dir Wildbret zur Speisung unserer Gruppe jagen wollte.
    Während ich mir unbeholfen die Hose überzog, sah ich dich zu den anderen Lagern schleichen und spionierte dir durch die Tür nach: du suchtest die verkleidete Frau hinter dem falschen Barbello, sie schlief |505| noch, vielleicht versuchtest du sie zu wecken, indem du ihren Kopf streicheltest oder zu ihr sprachst. Doch deine heimliche Geliebte, von deren Untreue du nichts ahntest, auch nicht, dass sie vor kurzem in Lebensgefahr geschwebt hatte, musste dreimal mehr bleierne Müdigkeit in den Gliedern haben als

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