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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Guyetus meine Dienste anbot:
    »Sagt mir ruhig frei heraus, Monsire, ob ich es wagen darf, mich Euch und Euren Reisegefährten in dieser Sache zur Verfügung zu stellen. Als Secretarius des Hauptmanns Sozzifanti, Cavaliere des Ordens Santo Stefano, führt mein Weg mich sehr häufig nach Livorno, wo sich, wie Ihr wisst, das Hauptquartier der Marine des Ordens befindet. Ich verfüge dort über viele Kontakte, sonderlich in den Klöstern jener Orden, die zum Zweck des Loskaufs von Gefangenen gegründet wurden. Ich wäre sehr glücklich, wenn ich mich Euch nützlich machen könnte«, schloss ich, während ich in deinen Augen die Freude darüber las, in Mazarins Gunst nun noch höher zu steigen, da ich Naudé, seinem geliebten, treuen Bibliothekar, ein so großzügiges Angebot gemacht hatte.
    »Ihr könntet uns also helfen«, stellte Guyetus zwischen zwei Zügen an seiner Pfeife fest.
    »Und schon seid Ihr in die gierigen Krallen der grausamen Göttin Philologie geraten,
mon cher
«, warnte mich Naudé und fügte, zu dir gewandt, belustigt hinzu: »Rettet Euren armen Secretarius, junger Atto, bevor es zu spät ist!«
    »So lasst mich doch reden, Gabriel Naudé!«, brummte Guyetus ärgerlich. »Wenn Ihr Euch wie ein geschwätziges, aufdringliches alte Weib gebärdet, ertrage ich Euch nicht«, tadelte er den Pariser Philologen mit jener mürrischen Grobheit, die ich später noch oft bei ihm erleben sollte.
    »Ihr seid es doch, der fortwährend spricht«, erwiderte Naudé unverändert |67| gutgelaunt. »Ihr wisst sehr wohl, dass ich recht habe. Nicht nur Ihr, auch Schoppe und der teure Hardouin, jener wahrlich schätzenswerte, bretonische Buchhändler, welcher in Paris eine hochinteressante Buchhandlung und Druckerei besitzt, habt mir alle drei eine Menge Fragen gestellt, um zu erfahren, warum auch ich mich auf diesem Schiff befinde. Doch ich sagte Euch schon, es handelt sich um einen bloßen Zufall. Ich habe keinen Brief bekommen.«
    »Wenn es nur darum geht, so hat auch Hardouin keinen erhalten«, versetzte Guyetus. »Er war in die Toskana gereist, um Bücher zu suchen, denn auf der Messe in Frankfurt hat er nichts Interessantes gefunden. Ich war es, der ihn bat, mir zu helfen, als mir jener berüchtigte Brief zugestellt ward.«
    »Also habt nur Ihr und Schoppe ihn erhalten?«, fragte Naudé.
    »Mit Sicherheit nicht. Bevor ich aus Paris abreiste, erfuhr ich, dass er auch dem Jesuitenpater Petavius, einem in der Chronologie außerordentlich bewanderten Gelehrten, geschickt wurde, welcher dem Brief jedoch misstraute. Und wer weiß, wie viele ihn noch bekommen haben. Schoppe und ich sind die Einzigen, die sich zum Handeln entschließen konnten. Hoffentlich müssen wir das nicht bereuen«, schloss Guyetus mit skeptischer Miene.
    »Dass dieser intrigante Petavius seinen Hintern nicht aus Paris wegbewegt, wundert mich gar nicht«, lachte Naudé giftig.
    »Er ist und bleibt ein Jesuit, traut niemandem, weil er weiß, dass niemand ihm trauen kann«, bestätigte Guyetus, wie zum Beweis, dass keiner es mit gelehrten Männern aufnehmen kann, sobald sie sich in übler Nachrede ergehen.
    »
Fugit impuis nemine persequente
: Der Frevler flieht auch dann, wenn niemand ihn verfolgt, sagt der Prophet Hesekiel«, erläuterte Naudé.
    »Das Buch Ekklesiastes«, verbesserte ihn der andere.
    »Ja, natürlich, der Ekklesiastes«, gab Mazarins Bibliothekar sofort zu.
    Dem Bericht zufolge, den Guyetus sodann von den Ereignissen gab, hatten er, Hardouin und Schoppe, nachdem sie den Brief des geheimnisvollen Mönchs gelesen hatten, gehofft, ihn in Livorno treffen zu können. Doch als sie in der Stadt ankamen, erwartete sie eine Enttäuschung: In Livorno wurde ihnen gesagt, der Mönch sei schon vor gut zwei Jahren nach Lyon in Frankreich übergesiedelt.
    |68| »Vor zwei Jahren?«, riefst du verwundert aus. »Und wann ist dieser Brief von dem Mönch geschrieben worden?«
    »Hier liegt das Problem«, antwortete Guyetus. »Das weiß man nicht genau. Auf beiden Exemplaren, dem von Schoppe und meinem eigenen, wurde das Datum in die obere rechte Ecke geschrieben, doch ist die Ecke durch Feuchtigkeit beschädigt und unleserlich geworden. Die beiden Briefe müssen zur selben Zeit aufgegeben worden sein, und nachdem sie versehentlich nass geworden waren, blieben sie vergessen in irgendeinem Winkel des Postlagers am Hafen liegen. Als man sie wiederfand, wurden sie verschickt.«
    »Ich bedaure zutiefst, was Euch widerfahren ist«, bemerkte ich. »Dergleichen

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