Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
Vom Netzwerk:
Lamm.
    »Was ist das für ein Loch?«, fragte Naudé, dem höchste Besorgnis ins Gesicht geschrieben stand.
    »Runter!«, brüllten unsere Entführer und schwenkten die Läufe ihrer Gewehre.
    Eine Hoffnung auf Flucht gab es nicht. Ich drang in das schwarze Loch vor.
    |545| Kaum war ich hindurchgeschlüpft, erlebte ich eine Überraschung. Meine Füße trafen nicht auf Stufen aus Holz oder Eisen, sondern auf den Naturstein der Klippe. Wie war das möglich? Welcher Riese, welche kolossale Kraft hatte einen Gang in den steinernen Bauch von Gorgona gegraben? Doch alsbald musste ich erkennen, dass die Frage falsch gestellt war.
    Ich stieg weiter hinunter, während das Tageslicht von oben immer schwächer wurde. Um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, klammerte ich mich an die Wände und fühlte mit meinen Fingerspitzen, dass auch sie aus dem Felsgestein des Kliffs und nichts anderem bestanden. Als ich zuletzt ganz von Finsternis umgeben war, stieg die nächste Geisel in das Loch hinab, es warst du, Atto.
    Im selben Moment erhellte ein von unten kommendes Licht meinen Weg. Ich nahm Brandgeruch wahr, beißender Rauch stieg mir in die Nase. Eine Fackel war entzündet worden.
    Dann stand ich vor dem ersten der Räuber, der eine Fackel in der Hand hielt, in der anderen seine Waffe. Er überwachte den Abstieg der restlichen Gruppe. Ein Schuss an diesem engen Ort hätte auch für ihn tödliche Folgen haben können, die Probleme der Entsicherung von Hakenbüchsen und ihre unheilvollen Folgen sind allseits bekannt. Doch niemand, nahm ich an, hatte Lust auszuprobieren, ob der Schütze oder sein Opfer als Erster sterben würde.
    Ich blickte mich um und erkannte, dass dieser Gang von keiner menschlichen Hand gegraben worden war. Wir befanden uns am Eingang einer natürlichen Höhle, einer Art engem Vorraum, dessen erdrückend niedrige Decke uns zwang, den Kopf gesenkt zu halten. Die Steine zu unseren Füßen waren spitz und unregelmäßig wie Klippen, bildeten aber eine fast ebene Fläche. Unterdessen warst du mit Naudé, beide kreidebleich im Gesicht, an meiner Seite angekommen. Wenige Augenblicke lang standen wir alle einander gegenüber. Da begann der Fluchtversuch.
    »Jetzt!«, schrie Philos Ptetès und sprang auf einen der Entführer.
    Einen Lidschlag später tat sein Kumpan es ihm nach, indem er einem anderen der vier einen kräftigen Stoß in den Magen versetzte. Es war Zeit zum Handeln! Nach kurzer Unschlüssigkeit warfen du und ich uns auf den nächsten des feindlichen Quartetts, während Naudé versuchte, Philos Ptetès zu unterstützen. Zu fünft hatten wir gegen vier gute Erfolgschancen, wenn sie nicht sofort zu den Gewehren |546| greifen würden, und dafür wären auf jeden Fall einige Sekunden zum Laden erforderlich gewesen.
    Das Schicksal war uns leider abhold, denn nach wenigen Augenblicken hörte man einen Hilfeschrei:
    »Genug!«
    Der ehemalige Kommissar lag am Boden, einer unserer Gegner presste ihm einen länglichen, dunklen Gegenstand unter das Kinn, sicherlich ein Messer. Philos Ptetès lag ebenfalls rücklings auf den Felsen, über ihm ein anderer der vier, der ihn an den Haaren gepackt hatte und ihm die Fackel vors Gesicht hielt. Ob er sie ihm in ein Auge bohren würde oder nicht, wollte niemand sehen.
    »Wir ergeben uns«, sagte der slawonische Mönch mit zitternder Stimme.
    Sein Widersacher stieß ihm erbarmungslos den Kopf auf die Felsen, spuckte verächtlich aus (ich glaube, er traf den Mönch ins Gesicht) und rammte ihm zum Abschluss das Knie in die Brust, was einen röchelnden Klagelaut des Mönchs hervorrief.
    Drei unserer Entführer zielten mit den Gewehren auf uns. Einer, welcher der Anführer der Gruppe zu sein schien, sagte mit fester Stimme:
    »Bis jetzt haben wir nicht geschossen, weil hier drin die Gefahr besteht, dass wir uns selbst treffen. Doch von nun an kann das nicht mehr passieren, wir haben allen Raum, den wir brauchen. Beim nächsten Streich, den ihr uns spielt, seid ihr alle tot.«
    Darauf wurden wir unter der bewaffneten Aufsicht von zweien der Gruppe mit Tritten und Stößen tiefer in die Höhle hinabgedrängt.
    Die folgenden Momente gehörten zu den schwärzesten und hoffnungslosesten aller ohnehin schon so unglückseligen Tage auf Gorgona. Die Höhle war von der Natur gewiss nicht zu unserem Vergnügen geschaffen worden, der Weg führte über zerklüftete Ebenen mit unvorhersehbaren Löchern in die Tiefe. Einzig die Fackel der vier Schurken leuchtete notdürftig unseren Schritten,

Weitere Kostenlose Bücher