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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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dann wurde eine zweite entzündet, denn trotz ihrer grausamen Absichten hatten die vier Entführer erkannt, dass eine einzige Lichtquelle für eine Gruppe von sieben Personen nicht ausreichte.
    Das Echo unserer Schritte, des ungeduldigen Schnaubens, des mühseligen Zögerns beim Überwinden der Hindernisse zerteilte sich tausendfach in irre Laute, während die Kälte mit jedem Schritt zunahm |547| und uns eine grausame Decke aus Schaudern auf die Haut nähte.
    Manchmal trafen wir auf feuchte Abschnitte oder auf Rinnsale, die aus darüber liegenden Erdschichten stammten.
    Unser Trio, Naudé, du und ich, war von Philos Ptetès und dem ehemaligen Kommissar getrennt worden, damit wir leichter zu überwachen waren. Oft hörten wir Klagelaute des Mönches und seines Freundes und ahnten, dass ihnen in regelmäßigen Abständen kräftige Tritte verpasst wurden, damit sie schneller gingen und um sie für die versuchte Meuterei zu bestrafen. Es war Philos Ptetès, der am häufigsten jammerte.
    »Kaum habe ich ihn gefunden, schon bringt man ihn mir um«, brummte Naudé fast unhörbar. »Caspar wird sich ausschütten vor Lachen.«
    Unversehens senkte sich die Decke des Stollens, durch den wir gingen, um mehr als die Hälfte, wir mussten auf allen vieren vorankriechen.
    Obwohl unser furchtbares Unglück mein Herz mit Angst erfüllte, versuchte ich, mir jede Einzelheit des unterirdischen Ganges einzuprägen, die für einen erneuten Fluchtversuch nützlich sein konnte. Doch je tiefer wir hinabstiegen, desto mehr fühlte ich mich in einem Abgrund versinken, aus dem niemand uns je hätte herausholen können. Zu beiden Seiten des Ganges öffneten sich fortwährend neue Abzweigungen, einige geräumig, andere so eng, dass man nur kriechend vorangekommen wäre, und wer weiß, in welche teuflischen verborgenen Winkel der Insel sie führten. Wenn wir auf demselben Weg zurückkehren mussten, hätte ich mich an jeder Ecke verirrt, und wahrscheinlich hätte ich nicht gewagt, unsere Entführer zu töten, selbst wenn sich dazu eine Gelegenheit geboten hätte, denn ohne Führer würden wir hier niemals wieder herauskommen. Und auch wenn der Rest unserer Gruppe die Falltür zur Höhle gefunden hätte, hätte sie uns ohne Markierungen niemals folgen können. Wir waren verloren, ob mit oder ohne unsere Peiniger. Von Zeit zu Zeit strauchelte jemand und stürzte böse zu Boden, um sich sogleich wieder zu erheben, ohne laut zu klagen und auf Verletzungen zu achten (das Halbdunkel, in dem wir marschierten, machte dies ohnehin unmöglich). Keiner wollte die Aufmerksamkeit eines der Bösewichter auf sich lenken, um nicht mit Gewehrstößen oder Tritten erneut zum Fall auf die spitzen Felsen gebracht zu werden.
    |548| Doch auch diese letzte Überlegung wurde durch eine neue Überraschung hinfällig. Aus der Tiefe des Abgrunds klang ein Geräusch zu uns herauf wie Wind, der sich in Baumwipfeln oder Schilfrohr verfängt und unaufhaltsam anschwillt.
    »Gütiger Himmel, wohin bringen sie uns?«, hörte ich dich jammern, während ich vom Rest der Gruppe nur Keuchen der Anstrengung und verzweifelten Sorge wahrnahm.
    Das wirre Echo aus Blättern und Schilfrohr wurde immer dröhnender und überwältigender, es erfüllte schon jeden Winkel der Höhle wie die Wirbel eines bösen Sturmes, jetzt begleitet von einem vertrauten Geruch, den ich jedoch in diesen Momenten panischer Angst nicht zu bestimmten vermochte. Es schienen üble Ausdünstungen einer tiefen Schlucht, eines Sumpfes in einem dieser schmutzigen Tunnel zu sein, wo Pflanzen faulten und urzeitliche unterirdische Säugetiere lebten.
    »Schnell, beeilt euch!«, sagte einer der vier, und in der Höhle vervielfachte sich seine Stimme zu einem grotesken kaleidoskopischen Singsang. Der Lärm schwoll an, und wegen des Echos konnte man nicht einmal mehr miteinander sprechen.
    »Ich … ich habe begriffen, wo wir sind!«, sagte Naudé, ohne sich noch zu verstellen, um den Zorn unserer Entführer zu vermeiden. Er hatte recht, ich hätte es selbst längst erkennen sollen. Noch wenige Schritte, dann erblickten wir ein grünliches Licht, das sich an der Decke der Höhle brach und alles erklärte. Wir waren angekommen.
    Der Lärm war jetzt so gewaltig, dass wir fast schreien konnten, ohne von den Räubern gehört zu werden, solange wir ihnen den Rücken zuwandten.
    »Das Meer, das sind die Wellen!«, rief Naudé, während du und ich uns erstaunt anblickten.
    Wir befanden uns also in einer Meereshöhle, die sich mit

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