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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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zahllosen Verzweigungen bis tief ins Innere der Insel erstreckte. Es war nicht auszuschließen, dass im Lauf der Zeit Regenwasser von oben durchgesickert war und diese Gänge gegraben oder ausgewaschen hatte, bis sie für Menschen begehbar wurden. Jemand musste den Eingang zu dieser Höhle von oben – oder von unten gefunden haben. Der zum Meer gelegene Teil wurde sicherlich als kleiner versteckter Hafen genutzt, wie einige schwere, in den Felsen getriebene Eisenringe zeigten, an denen Boote festgemacht werden konnten. Ich reckte den Hals und sah, |549| dass in einen der Ringe ein Tau geknotet war, dessen anderes Ende hinter eine Klippe führte. Die Ausmaße der Höhle gestatteten das geschützte Ankern auch größerer Schiffe, wenn die Masten fehlten oder abmontiert waren. Doch im Laufe der Zeit schien sich etwas verändert zu haben: Das herrliche blaugrüne Licht in der Höhle rührte von Sonnenstrahlen her, die durch ein kleines Loch fielen, zu klein, um Schiffen Einlass zu gewähren. Selbst unser Boot wäre kaum hindurchgekommen. Wahrscheinlich hatte ein Steinschlag den Eingang zur Höhle stark verengt, und tatsächlich lagen rechts und links davon gewaltige Felsbrocken von anderer Form und Größe als das Gestein der Höhle.
    Wir wandten uns zum Rest der Gruppe um.
    Genau in diesem Augenblick fiel aus einem der Gewehre ein Schuss. Verstärkt durch das enorme Gewölbe, dröhnte er laut wie Kanonendonner. Der Schütze hatte zur Abschreckung in die Luft geschossen. Wir begriffen sofort, warum.
    »Dahin!«, herrschten zwei der Entführer uns an, auf eiserne Ringe weisend, die in Mannshöhe direkt vor den sich träge an den Felsen brechenden Wellen in den Stein eingelassen waren. An den eisernen Ringen waren Seile befestigt, und während die Gewehre sich drohend auf uns richteten, banden zwei der Entführer uns die Arme hinter dem Rücken zusammen und verknoteten die Fesseln an den Eisenringen. Der Schuss hatte uns unmissverständlich bedeuten sollen, dass wir jede Gegenwehr teuer bezahlen würden.
    Nicht zufrieden damit, uns an den Ringen vertäut zu haben, fesselten die Entführer uns obendrein an Beinen und Armen aneinander, sodass wir gezwungen waren, als tragisches Palindrom der drei Grazien Rücken an Rücken auf dem Boden zu sitzen. Die spitzen Steine unter unserem Gesäß machten unsere Lage sehr unangenehm.
    Kaum waren Naudé, du und ich in dieser entwürdigenden Weise versorgt, zog einer der Bewaffneten an dem Tau, das hinter dem Felsen endete, und ein kleines Boot näherte sich auf den Wellen. Eilig wurden Philos Ptetès und sein Freund zum Einsteigen gezwungen, dann sprang auch die Gruppe der Entführer hinein.
    »He! Wie lange wollt ihr uns hier lassen?«, rief Naudé.
    »Halt’s Maul!«, befahl ihm einer der vier.
    »Ihr könnt uns hier nicht sterben lassen!«, riefst du und zerrtest an den Fesseln.
    |550| »Aufhören!«, warnte man dich vom Boot aus und zielte mit dem Gewehr auf dich.
    »Nein!«, schrien wir alle drei einstimmig.
    Wieder dröhnte der Schuss, und fast schien die Decke der Höhle zu erzittern. Wasser plätscherte und wir spürten Spritzer. Wir blickten einander an und sahen an uns hinab: niemand war getroffen.
    Unter dem Gelächter der vier entfernte sich das Boot. Nicht derjenige, der auf dich zielte, hatte geschossen, sondern einer, der sein Gewehr auf die Decke gerichtet hielt. Der Schuss war dort eingeschlagen und hatte einige Steine gelöst, die ins Wasser gefallen waren. Ein dummer, grausamer Scherz.
    Das Boot fuhr durch die Öffnung und verschwand in wenigen Augenblicken. Kurz bevor es unseren Blicken entschwand, glaubte ich Philos Ptetès zu sehen, der traurig einen Arm hob, als wollte er sich verabschieden.
    Wir waren allein. Die tausend trüben Gedanken, die in einer solchen Situation den Geist bestürmen, malten sich in finsteren Farben auf unseren Gesichtern ab.
    »Auf, lasst uns die Fesseln lösen und hier rauskommen. Obwohl ich nach all dem Jagen nichts gegen eine kleine Angelpartie hätte«, sagtest du gezwungen heiter.
    »Ich frage mich, was diese Banditen oder Korsaren vorhaben«, brummte Naudé. »Warum haben sie uns hier zurückgelassen? Was wollen sie mit uns machen? Habt Ihr bemerkt, dass sie uns nicht einmal richtig durchsucht haben? Sie haben uns nur die Gewehre und den Hasen abgenommen, dann haben sie den langen gefährlichen Abstieg bis zu dieser Grotte auf sich genommen, nur um uns hier sitzenzulassen und sich aus dem Staub zu machen. Was das Ganze soll,

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