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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Wie konntest du fliehen?«
    »Ich habe einen günstigen Moment genutzt. Sie hatten mich nur einen Augenblick alleingelassen, da bin ich durchs Fenster entwischt. Als sie es ein paar Minuten später bemerkten, saß ich schon gut getarnt im Unterholz hinter ihrem Schlupfwinkel, einem Holzhäuschen, das fast unsichtbar ist, wenn man den Teil des Hügels nicht gut kennt. Sie haben eine ganze Weile nach mir gesucht, dann mussten sie aufgeben, ich war verschwunden.«
    »Und das Boot? Wie hast du das stehlen können?«
    »Ganz einfach: ich bin zur Anlegestelle gelaufen, während sie mich noch in der Nähe des Hauses suchten. Es war ein verdammt anstrengender Lauf, aber ich habe es geschafft.«
    »Wo ist die Anlegestelle? Und der Hafen der Stadt?«
    »Stadt? Welche Stadt?«
    |569| »Nun, die einzige Stadt von Gorgona. Nummer Drei und die anderen drei, die Bärtigen, haben uns davon erzählt …«
    »Haha!« Der ehemalige Kommissar lachte herzlich. »Ich bitte Euch! Hier auf Gorgona hat es nie eine Stadt gegeben, nicht mal im Scherz. Meint Ihr nicht, dass ich, der ehemalige Kommissar der Insel, wissen müsste, was es hier gibt? Habt Ihr nicht gesehen, was für ein Rattennest diese winzige Insel ist? Gorgona ist nur für die Schiffe interessant, die hier Süßwasser holen, für Banditen, die sich hier verstecken und für die Verrückten, die der Großherzog hierher verbannt, weil sie auf dem Festland keiner haben will. Wie gut, dass Ihr meinen Freund und mich gefunden habt! Wer weiß, wie Ihr hier auf Gorgona geendet wäret!«
    Wir erzählten unserem Retter von dem Meeresungeheuer, das uns während unserer Gefangenschaft in der Grotte besucht hatte.
    »Ein Meeresungeheuer? Haha! Das war ein Seekalb«, sagte er lachend.
    »Ein Seekalb? Was ist das denn für ein Tier?«
    »Ein sehr eigenartiges Tier, das oft hier auf die Insel kommt. Es ist sehr scheu, vor Menschen hat es große Angst. Manchmal bleibt ein Tier in den Fischernetzen hängen. Es ist ganz schwarz, hat große dunkle Augen und eine spitze Schnauze mit Barthaaren, nicht wahr?«
    »Genau, es hatte einen Schnauzbart wie Katzen, aber länger und dichter«, bestätigtest du.
    »Dann ist es genau das Tier, das ich meine. Es legt keine Eier, es trägt seine Kleinen im Bauch aus wie Frauen. Es schwimmt sehr gut, kann aber auch auf die Klippen hinauf, und wenn es läuft, sieht es fast aus wie ein Hund, nur dass es an Stelle der Beine Flossen hat. Jedenfalls tut es keiner Fliege was zuleide. Man erzählt, dass es oft in die Grotte kommt, wo Ihr wart, um sich fortzupflanzen. Darum nennen die Fischer sie die Grotte des Seeochsen.«
    Naudé wechselte einen Blick mit uns, der alles sagte: Auf der Karte der Insel war eine Art Kuh oder Ochse am südöstlichsten Punkt der Küste eingezeichnet. Das musste die Darstellung des Seeochsen sein, eine Art Meereskuh wie das Tier, das wir mit eigenen Augen gesehen hatten.
    Gerne hätten wir diesem lachlustigen Menschen noch tausend weitere Fragen gestellt, doch mittlerweile näherten wir uns den Klippen, just an der Stelle, wo wir gekentert waren und vor zwei Nächten unser |570| von Kemal repariertes Boot in einer kleinen Höhle zurückgelassen hatten.
    Überschlug man die Strecke, die wir soeben auf dem Wasser zurückgelegt hatten, musste die Grotte des Seeochsen sich tatsächlich dort befinden, wo der Kuhkopf auf der Karte eingezeichnet war. Vor dem ehemaligen Kommissar konnten wir nicht darüber sprechen, aber ich war mir sicher, dass Naudé dieselben Berechnungen anstellte wie ich: Nach dem Unglück in der Höhle hatten wir jetzt insgesamt vier Buchstaben gesammelt: f , u , s und B . Freilich ließ sich ihnen nichts Sinnvolles entnehmen.
    Wir gingen an Land und zogen unseren Nachen aus dem Wasser, während ich schon mit Blicken nach dem Rettungsboot suchte. Wenn du es auch gesehen hättest, mein lieber Atto, hätte ich dir und Naudé eine Geschichte auftischen müssen, um euch zu erklären, warum es an Land gezogen und repariert worden war. Doch die Tatsachen halfen mir aus der Verlegenheit, eine Lüge erzählen zu müssen, auch wenn sie mich gleichzeitig in Unruhe versetzten: Das Boot war nicht mehr da.
    So schnell wie möglich legten wir den Weg zurück, den ich mittlerweile gut kannte, sodass ich unsere Schar sicher führen konnte, während mir ein quälender Wirbel aus Ängsten und ungelösten Problemen im Kopf herumging.
    Endlich kamen wir bei der Piana dei Morti an, wo wir vom Rest der Gruppe jubelnd begrüßt wurden. Man hatte uns

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