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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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zu entziehen.
    Die beiden glitten zu Boden. Barbara rollte an die Seite desjenigen, der in dieser Nacht Herr über ihr Schicksal war und schickte sich an, ihm mit dem Mund Lust zu verschaffen – die sicherste Stellung, um ihr Geschlecht nicht zu offenbaren. Naudé war sehr schnell bedient, was im Grunde kein Wunder war, denn außer den beiden betagten Guyetus und Schoppe, in deren Alter die Sorge um Gesundheit über jene um die Liebe obsiegt, war er der Einzige, der seit unserer Einschiffung die Freuden der Venus noch nicht genossen hatte.
    »Perverses Schwein.«
    Ich drehte mich ruckartig um.
    »Ich meine natürlich nicht Euch, sondern diesen obszönen Zweibeiner«, sagte Schoppe, dessen Mund sich in einer Grimasse höchsten Abscheus bis zum Kinn verzog. »Leider bin ich erst jetzt gekommen, da mir grässliche Rückenschmerzen das Liegen zur Qual machen. Jetzt ist es zu spät, um diesem widerwärtigen Päderasten Stockschläge auf den Rücken zu verpassen.«
    |575| »Oh, ich bin natürlich auch noch nicht lange hier«, log ich.
    »Gewiss doch.« Mein Gefährte nächtlichen Wachens warf mir einen scheelen Blick zu, während wir uns eilig entfernten.
    »Armer Barbello, was muss er alles erleiden!«, fing der Verehrungswürdige an, nachdem er mich mit einem Wink in einen Raum geleitet hatte, wo wir ungestört sprechen konnten. »Ich kann mir gut vorstellen, wie dieses Ungeheuer ihn gezwungen hat. Er hat ihm angedroht, ihn bei Mazarin anzuschwärzen und seiner Karriere zu schaden. Ich frage mich wirklich, wie lange der Kardinal noch warten will, bis er sich dieses Verderbten entledigt.«
    »Vielleicht weiß Seine Eminenz nichts von Monsire Naudés Sitten.«
    »Wenn doch ganz Europa es weiß! Nun, vielleicht habt Ihr recht. Ich habe mich wohl schon zu sehr daran gewöhnt, wie durchtrieben und zynisch ihr Italiener seid, und vergesse darüber den Charakter der Franzosen. Kennt Ihr das?« Er lachte. »Es heißt, wenn ein Franzose eine Mätresse sieht, verwechselt er sie mit der Madonna und kniet nieder, während ein Italiener, der die Madonna sieht, sie für eine Mätresse hält und nach ihrem Preis fragt, haha.«
    Das überaus ordinäre Bonmot des erzkatholischen Schoppe entsetzte mich, und ich stimmte mit einem verlegenen Lächeln in seine Fröhlichkeit ein.
    »Ein treffendes Wort«, räumte ich ein. Wir setzten uns auf die Strohlager mit den schmutzigen, aber schweren Decken.
    »Der Zynismus der Italiener und die Leichtgläubigkeit der Franzosen, das sind die schwersten Mängel dieser Völker! Doch der eure ist schwerwiegender, denn wer nichts und niemandem traut, lebt schlecht.«
    »Ihr müsst zugeben, dass mein Land schon seit ein paar Jahrhunderten recht übel dran ist. Und es ist wohl die Ironie des Schicksals, dass unsere Schwierigkeiten mit dem Einfall der Franzosen in Italien begonnen haben.«
    »Das stimmt, aber vergesst nicht, dass die Franzosen von Ludovico Sforza, il Moro, dem Herzog von Mailand, geholt wurden, denn ihr Italiener seid auch große Verräter an eurem eigenen Volk. Klar, dass ihr am Ende allen und allem misstraut. Und so emigrieren die Betrüger, Angeber und Bösewichter nach Frankreich, um ihr Glück bei den Leichtgläubigen zu suchen, wie zum Beispiel Scaliger.«
    |576| Schoppe versäumte wahrhaftig keine Gelegenheit, die Rede auf sein Lieblingsopfer zu bringen: Johann Justus Scaliger.
    »Ich hörte, wie Ihr ihn mehrmals der Unaufrichtigkeit anklagtet, aber mehr weiß ich nicht«, sagte ich, ohne ihm zu enthüllen, dass Naudé und Guyetus, später auch Hardouin mir schon viel von Scaliger erzählt hatten.
    »Dieses Mal meinte ich nicht Scaliger den Sohn, der sich unter dem Vorwand seiner Chronologie als Herr der Zeit aufspielte. Ich bezog mich auf seinen Vater: Julius Cäsar Scaliger.«
    »Nie von ihm gehört. War er berühmt?«
    Ich wusste noch nicht, dass Schoppe zu bitten, über einen Scaliger zu sprechen, in etwa dasselbe war, als hätte man ein Mitglied des Hohen Rates nach seiner Meinung über Jesus Christus gefragt.
    »Will man verstehen, wer Joseph Justus Scaliger war«, hub Schoppe an und setzte sich unter der schweren Decke auf, als wollte er sich in die richtige Position bringen, um seine Pfeile abzuschießen, »muss man zuvörderst seine erbärmliche Herkunft kennen, also den Vater Julius Cäsar Scaliger. Ein Name, der nach römischen Heerführern, Ruhm und Glorie klingt, hinter dem sich aber einer der dreckigsten Lügner und Aufschneider aller Zeiten verbirgt.«

NOTIZ
    Darin

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