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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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kommen.
    Plötzlich ein dumpfes Geräusch und ein Schrei: Im Eifer seines beschleunigten Gangs war der Korsar gegen etwas gestoßen, vielleicht einen Pfeiler mitten im Tunnel. Ich war direkt hinter ihm. Als ich spürte, wie mir Steinchen auf den Kopf und in den Kragen fielen, schrie ich auf:
    »Zurück!«
    Im selben Augenblick stürzte eine dunkle Masse von oben herab mitten zwischen unsere Gruppe. Die Hinteren zuckten vor Schreck zusammen und wichen zurück. Ein Teil der Decke war eingestürzt.
    »Passt auf!«, schrie der Statthalter, den der Erdrutsch halb begraben hatte.
    »Hilfe, tut doch etwas!«, jammerte Schoppe, ebenfalls von Erdreich und Geröll bedeckt.
    Du und ich eilten ihm zu Hilfe, doch ein erneutes Nachgeben der Decke, von unheimlichem Knirschen angekündigt, zwang uns, zurückzuweichen. Ein Schwall stinkender Erde ergoss sich über Kemal |597| und Schoppe, als sie sich gerade erheben wollten. Ich hörte den Verehrungswürdigen vor Angst und Schmerzen weinen.
    »Rettet mich, bitte!«, wimmerte er.
    »Hör doch auf zu flennen, Alter!«, knurrte Kemal, während er aufstand und die feuchte Erde von sich abschüttelte.
    »Was war das?«, fragtest du.
    »Ich bin gegen einen hölzernen Pfeiler gestoßen, der einen Teil der Decke stützte, und das hat den verfluchten Erdrutsch ausgelöst«, erklärte der Korsar, im Halbdunkel schimpfend, während du ihm den Sack abnahmst, damit er sich die Erde abstreifen konnte.
    Kaum waren der Barbareske und Schoppe aus dem Haufen Erde befreit, nahmen wir die Beine in die Hand und flohen.
    »So ein verdammtes Pech, ich bin gegen den einzigen Pfeiler im ganzen Tunnel gestoßen!«, wetterte der Korsar.
    »Wann endet dieser Gang denn eigentlich?«, jammerte der falsche Barbello, auf dessen weibliche Süße, obgleich sie verborgen war und fast nur für finstere Manöver taugte, die Tatsachen mit eilfertiger Galanterie antworteten: Schon nach ein paar Dutzend Schritten erblickten wir den Ausgang.
    »Seht nur! Wir sind draußen!«, rief Naudé, während wir langsam aus dem Boden auftauchten und uns in einem gut verborgenen, fast nach Art einer Muschel geschlossenem Graben wiederfanden.
    Über unseren Köpfen ein dichter Mantel aus Bäumen und Büschen – kein Ort und keine andere Beschaffenheit des Bodens wären besser geeignet gewesen, den Eingang zum Tunnel zu verbergen.
    »He! Habt Ihr denn gar nichts bemerkt?«, fragtest du, uns mit einer Armbewegung anhaltend. Wir sahen dich überrascht an.
    »Wir haben den ehemaligen Kommissar aus den Augen verloren, und das schon bevor wir den Tunnel in der Schlucht betreten haben.«
    »Wirklich!«, rief Naudé. »Er ist plötzlich verschwunden. Ich glaube nicht, dass er entführt wurde oder sich verlaufen hat. Wir sind so viele, dass er uns unmöglich verloren haben kann. Ich würde sagen, er hat sich freiwillig in Luft aufgelöst.«
    »Seht nur dort hinten!«, rief Kemal aus.
    »Ah, ich wusste es ja!«, seufzte Naudé erleichtert.
    »Nein, ich glaube, ich habe es zuerst gesagt«, widersprach Schoppe.
    Nachdem wir den Tunnel verlassen und uns einen Weg durch die Vegetation gebahnt hatten, standen wir nun endlich vor der Lösung |598| des Rätsels: Friedlich und stumm lag die Stadt vor unseren Augen. Also gab es auf der anderen Seite von Gorgona doch eine bewohnte Siedlung, und ob! Nummer Drei und mit ihr die drei Bärtigen hatten recht gehabt. Warum um alles in der Welt hatte der ehemalige Kommissar es so hartnäckig geleugnet?
    Die Antwort erhielten wir, als wir an den ersten Häusern vorbei in die Stadt traten.
    Ein rascher Blick genügte, um die Wahrheit zu erkennen. Die Stadt war verlassen.

DISKURS XCI
    Darin man sich in einer Geisterstadt wiederfindet.
    Mitten zwischen den Häusern, eingerahmt von einer Art Mulde, die sich vor uns öffnete, lag das Meer, blassblau gefärbt, wie oft in der Dämmerung. Zum ersten Mal konnten wir den Meeresarm sehen, der Gorgona vom Festland trennte. Sofort gingen unsere Gedanken zu Hardouin und Pasqualini, die in unserem Rettungsboot mutig den Wellen trotzten. Hatten sie die Überfahrt lebend überstanden? Wenn es so war, würde vielleicht in ein oder zwei Tagen ein Schiff Kurs auf Gorgona nehmen, mit dem Auftrag, uns zu retten. Andernfalls …
    Kemal wirkte besorgt, er blickte ängstlich um sich. Es war nicht klar, ob er eine Bedrohung fürchtete, die er uns noch nicht enthüllen wollte, oder ob es nur an der schwer erklärlichen Ungeduld lag, die er seit einiger Zeit zeigte.
    Es gab die Stadt also,

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