Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
Vom Netzwerk:
begann er sogar zu delirieren.«
    Monatelang versuchten Cassiano und Potier auf alle erdenklichen Weisen, Bouchard das Versteck seiner Papiere zu entlocken, doch vergebens: Sogar unter dem Einfluss des Magnetismus oder der Arzneien nannte ihr Opfer während seiner Delirien immer nur den Namen Bracciolini.
    »Was die Befürchtungen der
Deniaisez
allerdings nur verstärkte, nämlich dass Bouchard bei seinen langwierigen Studien, an denen er niemanden hatte teilhaben lassen, wahrscheinlich auch ein paar unbequeme Entdeckungen gemacht hatte, die mit dem großen Poggio zusammenhingen. Vielleicht hatte er eine seiner Handschriften gefunden, wer weiß. Jedenfalls gab Bouchard trotz der Behandlung, die Potier an ihm vornahm, nicht den geringsten Hinweis auf den geheimen Ort, an dem er seine Papiere versteckt hatte.«
    Während der Eritreer erzählte, klopfte mir das Herz wie verrückt in der Brust und ich sagte mir, dass es wahrhaft immer wieder Wunder gibt. In seiner fieberhaften Gier nach den Forschungsergebnissen Bouchards hatte Cassiano nicht begriffen, dass der Name Bracciolini, den der unglückliche junge Mann im Delirium aussprach, sich nicht auf |735| den berühmten Poggio bezog, der zwei Jahrhunderte zuvor gelebt und jene von den
Deniaisez
verehrten Werke fabriziert hatte, sondern auf Francesco, den Dichter und Secretarius der Barberini, dessen Arbeitsplatz wenige Meter von ihm entfernt lag. Ihm hatte Bouchard seine Papiere anvertraut. Die himmlische Barmherzigkeit musste einen Engel geschickt haben, um Ohren und Geist von dal Pozzo in Nebel zu hüllen. Vielleicht hatte Francesco Bracciolini, von Cassiano befragt, aber auch Verdacht geschöpft und es vorgezogen, den Unwissenden zu spielen.
    »Zuletzt gelangte dal Pozzo sogar zu der Überzeugung, dass es diese Papiere gar nicht geben konnte und schrieb das den Du Puy in Paris. Doch diese ließen nicht locker, ja sie heckten daraufhin sogar den teuflischsten aller Pläne aus.«
    Eines Tages hörten die Besuche des Commendatore auf, stattdessen kam Potier nun täglich. Jetzt hatte er zwei Gehilfen dabei, muskulöse Kerle, die niemand kannte, und von denen man nach Bouchards Tod nie wieder etwas hörte und sah. Das Trio steckte ihm die Schreibfeder in die Hand und zwang ihn Tag für Tag, ganze Seiten des alten Reisetagebuchs neu schreiben, um es durch Bouchards eigene Hand in jene schändlichen Geständnisse zu verwandeln, von denen die ganze Welt nach seinem Tod erfahren sollte.
    »Der vornehme Cavaliere und Commendatore dal Pozzo hütete sich wohl, an diesen Sitzungen teilzunehmen. Er war Kammerherr der Barberini und erwartete die nächste Beförderung. Also konnte er sich nicht die Hände schmutzig machen. Und er durfte sich nicht mehr bei Bouchard blicken lassen. Selbst wenn Nachrichten über das Abscheuliche durchsickerten, was dem Ärmsten angetan wurde, würde niemand behaupten können, hinter der Unternehmung stecke er, der Fürst der römischen Gelehrten. Dennoch war es Cassiano, der vorgab, was der Arzt und seine zwei Schergen dem armen Opfer in die ausgetauschten Seiten diktierten.«
    Potier habe allerdings nicht direkt dal Pozzo unterstanden, präzisierte der Eritreer, sondern derselben Gruppierung, der auch Cassiano gehorchen musste.
    »Den Du Puy, der Tetrade, Elia Diodati«, vermutete ich.
    »Ich sehe, dass Ihr gut informiert seid, doch lasst die Tetrade beiseite. Ein Kreis, dem dieser Trottel Naudé angehört, kann nur eine Spielfigur in den Händen anderer sein, nämlich Diodati und den Du Puy.« Der Alte lächelte mit halb geschlossenen Augen. »Diodati und |736| die Du Puy haben Potier befohlen, auch den Namen von Cassiano in die Tagebücher einzufügen, mit dem Zusatz, dass er ein
allié
von Orestes war, also sein ›Verbündeter‹.«
    »Sein Verbündeter?«
    »Sein Gefährte bei sodomitischen Spielchen, Signore, wie jedermann sofort versteht, der das geheime Idiom der Päderasten kennt. Und so sah Cassiano sich, wie Naudé, in die widerwärtigen Techtelmechtel verstrickt, von denen die Tagebücher erzählen.«
    »Die Brüder Du Puy und Elia Diodati müssen sehr mächtig sein.«
    »Auch sie sind Sklaven, was glaubt Ihr denn. Der eine ist Sklave des anderen, und alle miteinander sind sie gekettet an ihre gottlose Bande der Starken Geister, der
Deniaisez,
die Gruppe der Erhabenen oder der Verrückten, was dasselbe ist.«
    Die Worte des Alten erinnerten mich an die
impia cohors
, die gottlose Bande in Bouchards Aufzeichnungen.
    »Wisst Ihr, was aus der

Weitere Kostenlose Bücher