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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Hier erfährt man, dass das Papyrus-Material beispielsweise die Ausmaße 175 × 95 mm (Ann Arbor, Papyrus Mich. 6643), 80 × 166 mm und 180 × 66 (Berlin, Papyrus Berol. P 5002), 57 × 31 (Brüssel, Papyrus Brux. E 8073) und so fort hat. Dass diese Art Briefmarken von oft ungeklärter Herkunft tatsächlich die Authentizität und den Inhalt des grenzenlosen aristotelischen Korpus bekräftigen |803| sollen, ist eine interessante Herausforderung des menschlichen Verstandes. Eine gute Portion Glauben ist auch in diesem Fall empfehlenswert.
    Auch die unzähligen in großen östlichen Grabungsstätten wie Oxyrhynchos aufgefundenen Papyri bestehen größtenteils aus wenigen Worten, wenn nicht wenigen Buchstaben. Außerhalb des ägyptischen Territoriums sieht es nicht besser aus: Die diplomatischen Schriftstücke der Merowinger-Zeit (6.–7. Jahrhundert) sind zu großen Teilen papyrosartig – und zu zwei Dritteln gefälscht, wie der deutsche Historiker Theo Kölzer zeigte. An die Grenze des Absurden stößt man bei dem sogenannten Tulli-Papyrus, von dem Ufologen jahrelang versicherten, dass er den Bericht einer Ufo-Sichtung enthielte. Müßig zu sagen, dass es mittlerweile genügend Anhaltspunkte gibt, die eine weitere offenkundige Fälschung belegen, bei deren Anfertigung die Fälscher ihrer Phantasie scheinbar freien Lauf ließen: Sie berichten von einem mysteriösen, fünfzig Meter großen Wesen mit Mundgeruch.
    Man wird einwenden, dass es möglich sei, das Alter eines Papyrus mit der Radiokohlenstoff-Datierung zu beweisen. Tatsächlich hat die sogenannte C14-Methode aber, wie Spezialisten wissen, mittlerweile die rettende Aura verloren, die sie noch vor einigen Jahrzehnten umgab. So stellte sich erstaunlicherweise heraus, dass die Labore
vor
der Messung vom Auftraggeber eine Einschätzung zum Alter des Objektes erfragen, also genau das, was sie selbst – mit absoluter Unabhängigkeit – bestimmen sollen. Darüber hinaus wird die C14-Methode heutzutage regelmäßig in Kombination mit einer dendrochronologischen Messung durchgeführt, also einer Messung der mit dem betreffenden Fundstück in Verbindung gebrachten hölzernen Fragmente (zum Beispiel die Balken eines Hauses, wenn man das Alter des Mauerwerks herausfinden möchte). In der Dendrochronologie finden derzeit jedoch komplizierte methodologische Debatten mit Spezialisten auch anderer Disziplinen statt, die zu starken Zweifeln an ihrer Anwendbarkeit geführt haben. Wer sich ein Bild machen möchte, kann einen nicht »linientreuen«, aber begierig von Scharen Gelehrter konsultierten Text wie
C14-Crash: Das Ende der Illusion, mit Radiokarbonmethode und Dendrochronologie datieren zu können
, von Christian Blöss und Hans-Ulrich Niemitz, Berlin 2002 zu Rate ziehen.
    Im Bereich der ägyptischen Antike muss noch an den beispielhaften Fall des Sarkophags von Tarragona erinnert werden, dem Fragment eines Grabes, das im März 1850 während der Bauarbeiten im Hafen der spanischen Stadt von einer Gruppe Arbeiter gefunden wurde (und auf wundersame Weise von der Zerstörung verschont geblieben war). Das Relief des Steines zeigte Herkules über der Meerenge von Gibraltar und bestätigte die von römischen Geschichtsschreibern |804| wie Sallust und Pomponius Mela berichtete legendäre Beziehung des griechischen Helden zu der Iberischen Halbinsel.
    Schon nach einigen Jahren entdeckte man jedoch, dass der Sarkophag das Werk von Fälschern war. Dieser war darüber hinaus zusammen mit einer
ushabti
begraben worden, einer häufig in ägyptischen Gräbern zu findenden kleinen Votivfigur, die im Gegensatz zum Sarkophag authentisch war. Der Fälscher musste sie in der Hoffnung, das »Hauptstück« überzeugender zu machen, geopfert haben.
    Man erahnt die gut koordinierte Teamarbeit, die Bereitschaft, Geld und Mittel zu opfern (mit den nicht einfachen Gravurarbeiten am Marmor und der
ushabti
) und den Willen, mehr noch als auf die Zeitgenossen, Einfluss auf die Nachwelt zu üben.
    Dieser Zufallsfund zeigt, dass die Fälscher von einer fast religiösen Mission geleitet zu sein scheinen: Sie begraben ihre Arbeiten in der Erwartung, dass sie auf natürlichem Weg entdeckt werden, und verzichten so auf die unmittelbaren Früchte einer bedeutenden archäologischen Entdeckung, wie Geld oder Bekanntheit. Darüber hinaus sind die vergrabenen Artefakte (wie schon Hardouin behauptet hatte) dazu bestimmt, die Zeugnisse der Geschichtsschreiber zu belegen.

    Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem

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