Das Mysterium der Zeit
victoria et gaudir mit Hühnchen, Wein und muchacha. Wir müssen seguir Schiff mit franzos Schiff bis arrivar in Tunis. Ich und compagneri wachen über euch. Andar in mar est diffizil! Mal heiß, mal warm, beaucou de vent, leicht fallen in agoua … Aber wir nicht tirannisir, wenn ihr mucho bono, wir nicht tun Ketten an Arme, nicht töten, nicht werfen in mar. Mi hablar vero et justo, wie Scheitan!« Und er brach in ein lautes Gelächter aus.
»Hund«, brummte Schoppe mit mühsam unterdrückter Wut. »Dieser Ali hat sich sogar Frauen mit an Bord genommen.«
»Schweigt und zeigt Respekt, Nazarener!«, ermahnte uns belustigt der Statthalter mit der fuchsroten, leicht ergrauten Mähne, der vor kurzem Barbello das Leben gerettet hatte und uns jetzt, auf zusammengerollten Tauen hockend, beobachtete. Wir hatten den Mann, der unvermutet zu unserem Wohltäter geworden war, schon fast vergessen.
»Jetzt verkriecht euch wieder unter Deck, wo ihr über eure Fehler nachdenken und bereuen könnt«, befahl er uns, auf die Falltür zeigend, die in den Kielraum führte. »Und bereitet euch darauf vor, euch zum großen, einzig wahren Propheten zu bekehren, sobald wir ankommen.«
|122| Nachdem wir die schicksalhafte Leiter hinabgestiegen waren, über die wir an Deck gekommen waren, als unsere Galeere schon gekapert worden war, sahen wir einander in dem engen Kielraum so bang an, als lägen wir bereits in Ketten in den Bädern von Tunis oder wären Diener einer vielköpfigen Maurenfamilie und müssten täglich den Hintern eines betagten Janitscharen putzen.
Unter Deck fanden wir dich und Malagigi vor, ihr hattet soeben den gequälten Barbello, der bäuchlings auf einer Bank lag und noch immer wimmerte, mit einer beißenden Flüssigkeit verarztet. Du hieltest die Hand des Kastraten zwischen den deinen. Mit großem Erstaunen bemerkte ich deine Verwandlung: Die Pein, die Barbello erlitten hatte, schien deine Abneigung gegen seine Person zum Schmelzen gebracht zu haben wie Schnee in der Sonne. Ich trat zu euch, um eine lindernde Salbe anzubieten, die ich bei mir trug, doch statt einer Antwort wurde Barbellos Wimmern nur lauter.
»Er hat noch immer panische Angst, der Ärmste«, sagte Malagigi. »Gebt mir ruhig Eure Salbe, Atto und ich werden uns darum kümmern, ihn damit einzureiben.«
Er nahm das winzige Döschen im Empfang, reichte es dir weiter, und du machtest dich daran, dem armen venezianischen Kastraten das Mittel zu verabreichen, während Malagigi, den Rücken zu euch gewandt, die Szene vor neugierigen Blicken abschirmte, indem er seinen Umhang wie die Flügel einer Fledermaus ausbreitete.
DIALOG
Darin man anscheinend nichts anderes tut, als seine Seele der Jungfrau Maria zu empfehlen und über die sonderbare Verehrung zu diskutieren, die sie im Koran genießt, während sich in Wirklichkeit mehrere sehr konkrete Ereignisse anbahnen.
In den ersten traurigen Minuten unserer Gefangenschaft ließen wir uns alle auf den Boden sinken wie leblose Marionetten. Niemand hatte Lust zu reden. Über unseren Köpfen hörten wir die Schritte der Korsaren, die eifrig die letzten Beutestücke fortschleppten.
Ich entfernte mich von unserer Gruppe und ging bis zur Rückwand |123| des Kielraums. Es drängte mich, nachzuschauen, ob der kleine Schatz aus Geld, Papieren und persönlicher Habe, den du und ich rechtzeitig zusammengerafft hatten, noch unversehrt an seinem Platz lag. Und so war es zum Glück. Auch alle anderen, die auf diese Idee gekommen waren, gingen ihre Sachen holen, wobei aus gegenseitigem Respekt natürlich keiner wagte, einen verstohlenen Blick auf das geheime Versteck der anderen zu werfen. Ich stopfte alles zurück in meine Hose und unter die Jacke, und als ich zur Gruppe zurückkehrte, wollte ich dir sofort mit einem Wink zu verstehen geben, dass unsere Habseligkeiten wieder in meinem Besitz waren. Doch du stelltest Schoppe gerade eine Frage:
»Wer ist dieser Scheitan, von dem der Barbareske sprach?«
»Ich glaube, dieser Ignorant hat uns auf den Arm genommen«, antwortete Schoppe. »Da er ein ungehobelter Barbar ist, hat er das Wort entstellt. Er wollte Schatàn sagen, was auf Hebräisch ›Staatsanwalt‹, ›Ankläger‹ heißt. Aber es bedeutet auch …«
»… ›Satan‹, Teufel also«, kam ihm Hardouin zuvor, den Psalm unterbrechend, den er zu beten begonnen hatte, einen Rosenkranz zwischen den Fingern. »Denn Gott rettet oder verurteilt, und der Teufel fordert die Strafe, er versucht, den Richter von der
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