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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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waren. Wenn es stimmte, was die junge Frau sagte, hätte auch der Kapitän des Schiffes, mit dem Philos Ptetès und wir beiden Toskaner vor zwei Jahren hier angekommen waren, glauben können, dass er vor Gorgona Anker gelassen habe, während er in Wahrheit Nusquama vor sich hatte. Als du, mein Atto, den Kapitän damals fragtest, welche Insel es sei, wo der slawonische Mönch von einer Schlange gebissen wurde, hatte er dir in gutem Glauben geantwortet, es sei Gorgona, aber man konnte nicht ausschließen, dass er sich irrte.
    Auch Hardouin beobachtete das sonderbare Geschöpf bestürzt: Waren wir wirklich nicht auf Gorgona? Recht bedacht, hatten wir nur das Wort unserer zwei Barbaresken.

|208| DISKURS XXX
    Darin einige geschickt gestellte Fragen die Hoffnung, Philos Ptetès aufspüren zu können, wieder entfachen.
    »Warum um alles in der Welt steht das Tor zur Festung offen? Wer kommt hierher, um nach den Hühnern zu sehen?« Diesmal versuchte es Hardouin, indem er die zuvor von Guyetus vergeblich gestellten Fragen in liebenswürdigem Ton wiederholte.
    »Um die Hühner kümmere ich mich, sonst würden sie sterben. Das Tor zur Torre Vecchia steht immer offen«, antwortete die Frau.
    »Wenn ihr auf der Insel keine ständige Garnison habt, warum überlässt der Großherzog dann eine so große Festung dem Ersten, der des Wegs kommt?«
    »Wenn die Soldaten des Großherzogs auf die Insel kommen, besetzen sie die Festung nicht«, lautete die Antwort. »Sie verstecken sich in einem fast unsichtbaren Häuschen in den Wäldern. Nur wenn es unbedingt nötig ist, gehen sie in die Burg. Ihre Hauptsorge ist nicht, Nusquama zu schützen, sondern sich selbst, damit sie nicht umgebracht werden. Sie haben Angst, den Korsaren in die Hände zu fallen und kämpfen zu müssen. Außerdem wissen alle, dass die Barbaresken, wenn sie wollen, sogar auf dem Festland weit in das Großherzogtum oder bis nach Ligurien vordringen, um zu rauben, zu verwüsten und sogar die Soldaten zu metzeln.«
    Kemal und Mustafa verzogen keine Miene, doch der kleinere von beiden nestelte aus Verlegenheit unaufhörlich an einem Zipfel des weißen Schals, den er um den Hals trug.
    »Hört mich an, Signora«, fragte Hardouin wieder, »dies ist eine wichtige Frage: Wann fährt ein Schiff hier vorbei? Gibt es eine regelmäßige Verbindung mit dem Festland?«
    »Das weiß ich nicht, ich verlasse die Insel nie. Danach müsst Ihr in der Stadt fragen, dort werden sie Euch alles sagen können. Doch ich bitte Euch, sprechen wir nicht mehr davon, der Gedanke an die Verbannung, die man mir auferlegt hat, schmerzt mich noch immer sehr.« Ihr Blick verlor sich im Leeren, ihre Lippen zitterten.
    Vorerst war es angeraten, sie nicht weiter zu bedrängen, die Sache war zu wichtig. Vielleicht konnte man sie später überraschend nach dem Schiff fragen.
    |209| »Ein letzte Frage, liebes Mädchen«, bat ich. »Wir suchen einen gewissen Philos Ptetès.«
    »Aber gewiss!«, brach es aus der jungen Frau heraus, die sichtlich froh über den Wechsel des Themas war. »Ich weiß genau, von wem Ihr sprecht.«
    Einige aus unserem Grüppchen konnten einen fast hysterischen Freudenschrei nicht ganz unterdrücken. Man musste das Eisen schmieden, solange es heiß war, darum fragte ich weiter:
    »Vielleicht hat er es Euch gesagt, er ist ein Mönch aus Slawonien. Habt Ihr ihn zufällig mit Taschen voller Papiere gesehen?«
    »Ein Mönch, jaja, ich weiß«, bestätigte die junge Frau eifrig, »und diesen Papierkram hat er immer bei sich, er denkt an nichts anderes. Aber warum fragt Ihr nach ihm?«
    »Seid unbesorgt, das sage ich Euch zu gegebener Zeit. Er ist vor langer Zeit hier in … in Nusquama gelandet. Was wisst Ihr über ihn?«
    »Ein sehr eigenartiger Mensch! Immer kramt er mürrisch in diesen Blättern, erst liest er laut, dann fängt er an, stundenlang darauf herumzukritzeln und merkt nicht einmal, ob es regnet oder die Sonne scheint. Er richtet nie das Wort an mich, auch dann nicht, wenn ich ihn als Erste grüße. Mir scheint, ihm liegen nur zwei Dinge am Herzen: seine Tasche voller Papiere und sein Kruzifix. Er schwenkt es immer vor sich her, wenn er geht, als wollte er damit Fliegen vertreiben. Gerade gestern habe ich ihn oben im Wald gesehen, er saß unter einem Baum. Oder war das vor zwei Tagen? Jedenfalls habe ich keine Ahnung, wo er jetzt sein könnte. Er hat nämlich nicht so ein schönes Haus wie ich, sondern schläft mal hier, mal dort, glaube ich. Ich aber habe mein Hüttchen, ich

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