Das Mysterium Des Himmels
vorkam, dass diese Nordmänner brandschatzend und mordend aus den Wäldern kamen. Ekuos hätte darüber gerne mehr erfahren, aber der weise Mann gebot ihm erneut zu schweigen.
Es wurden einige warme Sonnentage in Begleitung der Händler und ihrer Wagen. Ekuos begann sich an die angenehme Situation zu gewöhnen, denn er musste nicht ständig zu Fuß gehen. Die Wege waren breit angelegt und an den sumpfigen Stellen mit armdicken Hölzern ausgelegt, sodass keiner der Wagen steckenblieb. Nur noch einmal gab es so etwas wie Gefahr. Der Anführer verharrte, als sich der Pfad einem dichten Wald annäherte und man wegen einer leichten Biegung keine Sicht bekam auf das, was sich dahinter verbarg. Man flüsterte untereinander und Ekuos hörte das Wort Artos. Er brauchte nicht lange zu warten, bis die Bärin auftrat und in ihrem Rücken drei Bärenkinder erschienen. Niemand bewegte sich. Die Bärin richtete sich auf und zeigte ihnen ihre mächtige Statur. Nach kurzer Zeit erkannte sie, dass die Eindringlinge für ihre Kinder keine Gefahr waren und verschwand wieder zwischen den Bäumen. Man wartete noch eine Weile, bevor die Fahrt wieder aufgenommen wurde.
Nach der Begegnung mit der Bärin vergingen zwei weitere Nächte. Inzwischen waren die Händler weiter nach Norden gezogen, während der weise Mann mit Ekuos dem Weg der Sonne nach Westen gefolgt war. An diesem Morgen verließ Ekuos die Höhle, in der sie die Nacht verbracht hatten und er setzte sich auf einen vorspringenden Felsbrocken, um den Anbruch des Tages und damit das Erscheinen des Lichts zu erwarten. Was er dann zu Gesicht bekam, das verschlug ihm die Sprache. Er hockte über einem Abhang und tief unter ihm zog das silbern glänzende Wasser des großen Flusses dahin. Sie hatten den Rhin erreicht, den mächtigsten Strom, den es in ihren Landen gab und von dem überall an den nächtlichen Feuern der Menschen erzählt und berichtet wurde. Ekuos schaute hinunter und er konnte nicht das Ende des Flusses erkennen, so kolossal war er, ganz so, wie es sein Name aussagte. Man hatte ihm berichtet, dass Gott Rhenus sein Wasser hinuntertrug zu einem noch größeren Wasser, von dessen Ufer aus man das Ende der Welt sehen konnte. Ekuos hatte sich nicht vorstellen können, dass es hinter dem Land und den Flüssen nur noch Wasser geben soll. Aber man hatte ihm glaubhaft berichtet, dass dort der riesige Regenbogen auf die toten Seelen der Helden ihrer Stämme wartete, um sie hinaufzuführen zum ewigen Leben in die Anderswelt, zum Glück und der Freude, dort die lange verstorbenen Freunde wiederzusehen.
Ekuos konnte seinen Blick gar nicht mehr abwenden. Wie ruhig das Tal unter ihm wirkte und wie besonnen und herrschaftlich der Strom dahinfloss. Außer in den Bergen hatte sich Ekuos noch nirgendwo den Göttern so nahe gefühlt wie an diesem Ort. Kurz darauf wurde sein Träumen beendet und sie stiegen den beschwerlichen Weg hinab in das Tal. Vom Fuß der Wälder ging es hinüber an das Wasser des Rhin, wo sie einen Fischerort mit wenigen Hütten fanden, der den erschöpften Männern eine Pause bot. Ekuos wollte aber nicht unter aufgehängten Fischen liegen und zog es vor, sich einen Schlafplatz direkt am Wasser zu suchen. Die Götter schenkten ihm eine sternenklare Nacht, sodass es ihm nicht gelang, in den Schlaf zu finden. Gab es denn etwas, das diesem Anblick gleichkam? Wie tiefschwarz der Himmel war, und in ihm eingewebt, leuchteten die Augen der Götter.
Am nächsten Morgen erschien der weise Mann mit dem Dorfältesten, der sich auch auf den Weg zum Fest des Grannus machen wollte und der seinen beiden Söhnen befahl, einen Kahn einzurichten. Kaum hatte Ekuos seine Abneigung gegen diese Art zu reisen zeigen können, da stand er bereits mitten in dem Boot und hielt das Seil des Segels in der Hand. Einer der Söhne bediente das Ruder, während der andere mit einer langen Stange vom Bug aus in das Wasser stieß, als wollte er den großen Fluss damit aufwecken und zur Eile auffordern. Obwohl es ihm nicht angenehm war, sich auf diese Art fortzubewegen, musste Ekuos doch zugeben, dass es ziemlich rasch vorwärts ging. Gegen Abend wurde am Ufer ein kleines Feuer entzündet, gefangener Fisch auf Hölzer gespießt und gebraten, und die Speise mundete Ekuos. Am nächsten Tag war seine Furcht vor dem Wasser bereits etwas geringer, ohne dass er aber den Respekt vor dem mächtigen Fluss verlor.
Zwischen den Fischern kam es zum Streit. Man war noch während des keimenden Tageslichts
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