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Das Mysterium Des Himmels

Das Mysterium Des Himmels

Titel: Das Mysterium Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Gardein
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weit zurückfielen. Die Wege waren hart und sehr uneben, was das Laufen nicht angenehm machte. Ekuos bemerkte, dass sie eine Landschaft durchliefen, die wenig Bäume zeigte und deren Felder nur mäßig bepflanzt waren. Das wunderte ihn, denn noch auf der anderen Seite des großen Rhin standen die Bäume so dicht, dass es manchmal kein Durchkommen gegeben hatte. Vor ihnen lief eine Gruppe Wanderer und hinter ihnen ebenso. Diese mieden den Kontakt zum weisen Mann und Ekuos, denn jedes ungebührliche Verhalten gegenüber den von den Göttern bevorzugten Menschen könnte verheerende Folgen für den Übeltäter haben. So musste Ekuos bis zum Abend warten, um den Grund für das vorgefundene Landschaftsbild zu erfahren. Der alte Fischer plauderte mit einem Mann, der am Ufer eines schmalen und plätschernd dahinfließenden Bachs auf dem Bauch lag und Fische mit der Hand fing. Das Bild vermittelte Ekuos den Eindruck von Leichtigkeit und Vergnügen, aber er wusste, dass diese Ansicht falsch war. Genau das Gegenteil war der Fall. Je perfekter die Kunstfertigkeit, desto einfacher wirkte es auf den Betrachter. Er würde wahrscheinlich elendig verhungern, wenn er sich auf diese Weise ernähren müsste. Der Mann beklagte sich darüber, wie sehr das Abholzen der Wälder dem täglichen Leben schade und dass die vielen Brennöfen für das Schmelzen von Eisenerz das Wasser verunreinigte. Nachdem er sich erhoben hatte, zeigte er mit dem Finger in Richtung der nahen Hügel. Dort lebten also die Schuldigen dafür, dass es immer weniger Fische gab, dachte Ekuos. Der Mann stieg in das Wasser und holte eine Hand voll Flusskrebse heraus. Die waren ihm zu winzig und die Ausbeute zu gering. Ekuos waren die vielen Lastenwagen auf den Wegen nicht entgangen und die Menschen in diesem Landstrich sahen nicht aus, als müssten sie Hunger leiden. Andererseits gefiel ihm diese kahle Landschaft nicht. Dazu roch es auch sehr unangenehm.
    Nach einer weiteren Tagesreise nahmen die Gruppen der Wanderer immer mehr zu. Bald sah man Gräben und hohe Hecken, Felder und Weiden. In eines der ersten Häuser wurden sie eingeladen. Die Frau des Hauses plauderte recht unbefangen mit dem weisen Mann und gab ihnen ein eigenes kleines Haus als vorübergehende Wohnstatt. Es war ein recht eindrucksvolles Anwesen. Wie sich herausstellte, handelte der Mann mit Steinen, die aus den nahen Höhen herausgebrochen wurden und von dort bis an den Rhin transportiert wurden. Auch die vier Häuser der Familie, in denen sie sich bewegten, waren mit diesen Steinen errichtet worden.
    Ekuos saß im Freien und betrachtete die kahl geschorenen Sklaven, die für niedrige Tätigkeiten ausgewählt worden waren. Sie gehörten den Besitzern des Hofes und mussten einen Graben ausheben, in den Wasser abgeleitet werden sollte. Ihre Gesichter erinnerten Ekuos an jene, die in der Talsenke durch Äxte zu Tode gekommen waren. Er schaute zum Tor des Hofes, durch das der weise Mann trat und ihm winkte. Am nächsten Morgen würde Ekuos also erstmals das Ritual der Haarschur an einem dieser Gefangenen durchführen dürfen. Das war es, was der weise Mann ihm nur kurz mitteilte. In der Nacht blieb er unter freiem Himmel und legte sich drei Stäbe aus Buchenholz zurecht. Er wartete auf eine Geste, doch der Himmel schickte ihm keine Lichtzeichen. Ekuos erweiterte den Kreis der Buchenstäbe, aber weder auf sechs noch auf neun Hölzer reagierte der Himmel. Also würde er den Mann ohne jeden Beistand scheren.
    Der Tag kam im Empfinden von Ekuos nur sehr langsam heran. Der weise Mann brachte ihm ein langes weißes Gewand, das bis auf die Erde reichte. Noch in der Dunkelheit schritten sie gemeinsam hinüber zu einem Opferstein, neben dem Fackeln brannten, die im Boden steckten. Menschen durften der Handlung nur mit einigem Abstand beiwohnen. Der Gefangene trug Stricke um die Fußgelenke und seine Hände waren auf dem Rücken zusammengebunden. Zwei Kahlgeschorene schleppten ihn heran und drückten ihn zu Boden, bis er auf den Knien lag. Ekuos nahm sein Messer und wetzte es am Opferstein. Er hob es hoch und zeigte die scharfe Klinge den Göttern. Mit Geschick führte er das Messer durch die Haare des Gefangenen, bis seine Kopfhaut zu sehen war, die von den Kahlköpfigen mit nassen Tüchern von Blutspuren befreit wurde. Mit der Haarschur war dem Gefangenen seine Kraft genommen worden, von nun an war er für alle sichtbar entmannt und auf der Ebene eines Hundes angekommen. Seine Besitzer traten vor, befreiten ihn von

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