Das Mysterium Des Himmels
aufgebrochen und hielt sich in der Mitte des Flusses, als der Sohn am Bug felsigen Untergrund meldete und der Sohn am Heck seinem Vater zurief, sie näherten sich nun Loreley und das bedeute, es war höchste Zeit, an das Ufer zu gehen. Ekuos verstand nicht, worum es bei diesem Streit ging. Der alte Fischer flüsterte mit dem weisen Mann und sie entschieden, dass die Fahrt fortgesetzt wurde. Die Söhne hatten sich zu fügen, während Ekuos noch immer mit fragendem Gesichtsausdruck unter dem Segel stand.
»Es ist der murmelnde Fels, der hoch über dem Strom aufragt und der meinen Söhnen Furcht einflößt. In unserem Dialekt nennen wir ihn Loreley.«
Der alte Fischer sprach mit dem weisen Mann, der wie immer keinerlei Reaktion zeigte. Ekuos wunderte sich darüber, dass es einen sprechenden Felsen geben soll, aber es war immer besser, sich erst selbst von einer Behauptung zu überzeugen, bevor man den anderen Feigheit oder Schlimmeres vorwarf. Kaum war er mit seinem Gedanken zu Ende, da begann das Boot, sehr stark zu schwanken. Er griff nach dem Strick und hielt sich mit aller Kraft daran fest. Das Wasser wirbelte umher und versuchte, das Boot herumzuwerfen und es in die Tiefe zu ziehen. Die Strömung wurde immer heftiger und Strudel wickelten sich um den Kahn, während Wasserfäuste hart gegen das Holz schlugen. Dann sah Ekuos die Felsspitze aus dem Wasser ragen und das Boot raste darauf zu. Der Fischersohn stemmte sich mit aller Kraft in das Ruder, während sein Bruder flehend Rufe ausstieß und triefend vor Nässe am Bug ausharrte. Doch es schien, als kannte Gott Rhenus kein Erbarmen. Ekuos schaute auf die reißende Strömung, die immer schneller zu werden schien, es brodelte und zischte, und während der Strom vor Zorn schäumte, blieb der Himmel hell und nahm ein paar Wolken mit auf die Reise. Das Ufer schien nur ein paar Armlängen entfernt zu sein und doch würden sie es nicht mehr erreichen, wenn nicht schnell etwas geschah. Der weise Mann öffnete einen größeren Beutel und entnahm ihm eine Schale aus purem Gold. Es war eine Opferschale und Ekuos ahnte, dass sie eigentlich für Grannus gedacht war. Nun aber war die Not groß und der weise Mann übergab sie den Wellen und bat den mächtigen Rhenus, ihre Leben zu schonen. Ekuos stemmte sich gegen das Schicksal, mit dem kenternden Kahn unterzugehen, hielt sich fest am Strick und schloss die Augen. Geschah etwas? Noch immer schwankte und bebte das Boot, aber das Wasser rauschte nicht mehr. Jäh hörte er ein Summen und es schien ihm, als würde eine zarte Stimme leise ein Lied anstimmen, wie es Mütter tun, die ihre Säuglinge in den Schlaf wiegen. Es war anheimelnd und es machte sanft und schläfrig. Ekuos riss die Augen auf und schrie, denn der Fischersohn lenkte den Kahn direkt auf den steilen Felsen zu. Der Alte sprang zu seinem Sohn und schlug ihm ins Gesicht. Das Wasser war glatt und glänzte, vom Himmel mit blinkendem Licht beschenkt. Fische sprangen hoch und es schien, als neckten sie sich im Spiel. Ein Stoß in den Rücken brachte Ekuos zurück in die Wirklichkeit und bevor er noch darüber nachdenken konnte, saß er neben dem Fischer auf der Ruderbank und zog kräftig durch. Die Ruderblätter tauchten tief ein in den Strom und trieben das Boot fast an das Ufer der dem mächtigen Felsen gegenüberliegenden Seite. Nun war die Gelegenheit gekommen, zu verschnaufen, und Ekuos konnte sich dem Anblick dieses göttlichen Felsens nicht entziehen. Aber noch immer war das Summen dieses lieblichen Liedes in seinem Ohr. Gemächlich schwamm der Kahn weiter mit dem Strom zum Meer und Ekuos dachte, vielleicht waren die Berghöhe und dieses sanfte Lied die Mahnung, dass es nicht mehr weit war bis zum Ende des Stroms am großen Wasser und dem Ende mit allem, was die Mutter Erde für den Menschen bereithielt. Er sagte leise das Wort Loreley und der Fischersohn am Bug drehte ihm schnell den Rücken zu. Diesen Namen sprach man unter Fischern also lieber nicht aus. Stumm geworden erreichten sie das ersehnte Ufer und setzten ihren Weg fort.
Bald schon näherten sie sich dem Ziel der langen Reise. Immer häufiger trafen sie auf Wanderer, die alle Finger in die Luft streckten und damit bekundeten, dass sie auf dem Weg zu den Festlichkeiten zu Ehren des Grannus waren, die eben genauso lange begangen würden wie zwei Hände Finger hatten.
Leichtfüßig bewegten sie sich nicht. Ekuos musste seine Schritte immer wieder zähmen, damit der weise Mann und der alte Fischer nicht zu
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