Das Mysterium Des Himmels
entdecken und entlarven. Er sprach es nur nicht aus. Aber Ekuos dachte dasselbe. Langsam begriff Ekuos, warum Atto ihm begegnen musste, obwohl der in der Nacht keine guten Erfahrungen gemacht hatte.
Atto warf sich erneut der Länge nach zu Boden und schluchzte. »Wenn wir Palmira finden, töte mich. Opfere mich den Göttern.«
Ekuos überließ Atto Amanda und den anderen, die inzwischen in bewaffneter Reihe am Waldrand Aufstellung genommen hatten. Amanda war der Schatten in der Nacht gewesen, sie hatte Atto mit dem Schwert am Kopf verletzt.
Ekuos ging zur Quelle. Vielleicht löste das reine Wasser seine wirren Gedanken auf. Prüften die Götter ihn durch Atto?
»Aber du musst wissen, wo Palmira ist«, schluchzte Atto, »sonst werde ich in Schande leben müssen.«
Ekuos schnalzte mit der Zunge, damit sein Pferd zu ihm kam und er sich in Bewegung setzen konnte. Atto hatte ihn überrumpelt. Wegen der Kälte und der Aufregung während der Nacht hatte er sich zum Reden verführen lassen. Noch war er längst kein Weiser, nicht einmal ein Herr.
»Wir werden zum Baum gehen und uns den Toten ansehen«, sagte Matu, weil Ekuos dort hinüberritt.
Ich bin ein Hirte und Seher, dachte Ekuos, ich darf mich nicht mehr in die alltäglichen Belange der Menschen einmischen. War er davon wirklich überzeugt? Er schaute auf Amanda, die ihm folgte. Ihre Männer nahmen Atto in ihre Mitte und schoben ihn voran. Amadas blieb bei den Pferden, während Matu den rückwärtigen Wald beobachtete.
Der Himmel über Ekuos war nun hell und voller Licht. Der Tod war gegangen. Jetzt schwebte der Geruch des Toten unter dem Baum. Ekuos drehte sich um und winkte Atto zu sich. Woher kam dieses Geräusch? Atto war es nicht. Drüben am Wald war ein Vogel auf einem Baum niedergegangen. Ganz ruhig, wie von Menschenhand aus Holz geschnitzt, saß er auf dem höchsten Ast. Ein Kranich, dachte Ekuos. Das war nicht möglich zu diesem Augenblick des Herbstes. Er schaute zu Atto hin, aber der sah den Vogel nicht, stand nur da und blickte zu Boden. Ein irdisches Feuer sollte bis zum Himmel reichen, um den Göttern zu sagen, hier steht Ekuos und bittet um eine Antwort. Ekuos wollte ein Feuer ohne Rauch anzünden lassen, mit sauberen Flammen, die seine reine Gesinnung bewiesen. Nicht für mich will ich eine Antwort, für die Leute in meiner Umgebung und für Palmira, die ich kenne, die Feinde wie gestohlenes Vieh verschleppt haben. Es würde einige Zeit dauern, zu dieser frühen Stunde genügend trockenes Holz zu sammeln. Ekuos wollte schon ein Zeichen geben, als er den Ruf des Kranichs hörte: Gehe fort!
Waren noch Feinde in der Nähe? Einer der ihren hing in einem Baum, sie mussten ihn beerdigen. Vielleicht taten sie das nicht und waren verschwunden?
Aus seiner Bewegung heraus sah Ekuos nach Osten. Die Helligkeit kam aus einer fernen Welt. Dort, wo die Sonne ruhte und die Mondgöttin über die Toten wachte, dorthin gingen seine Betrachtungen. Seine Pflicht wäre es gewesen, sich zu entfernen und seiner Bestimmung nachzukommen. Auch hatte er den Weisen von der kommenden Gefahr zu erzählen. Feinde fielen in das Land ein. Ein durchsichtiges Licht kam auf ihn zu, das seine Gedanken endgültig hell werden ließ. Es war noch früher Tag, feucht und dampfend wie ein neugeborenes Kind. Er würde die Suche nach Atles und den Freunden nicht vor ihrem Auffinden beenden, danach aber würde er in die Berge gehen und nur noch den Himmel beobachten. Ekuos wollte für sich sein, um nachzudenken. Wenn es die Feinde waren, die Palmira entführt hatten, dann musste er wissen, woher sie gekommen waren und wie viele sie waren. Feinde waren ebenfalls eine Bedrohung für seine Sippe. War es das, was die Nacht ihm erzählt hatte? Hatte er nicht die vielen Krieger gesehen? Atto hatte ihre Sprache auch nicht verstanden, also mussten sie von weither gekommen sein, denn die Sprache von Ekuos und Atto wurde überall gesprochen. Ekuos blieb in sich selbst zurückgezogen, bis die Wölfin sich erhob und Atto erschreckt zurückwich, denn jetzt erkannte er, dass Kida kein getarnter Mensch war und Ekuos keine Wölfin.
Ekuos ritt unter den Baum mit dem Toten darin. Da war sie also, die freie Fläche mit dem Baum, und in dem Baum der von Atto geopferte Feind. Die Augen fehlten bereits und am offenen Schädel hatten sich längst schwarze Vögel eingefunden.
Nein, dachte Ekuos, das dort ist kein Opferplatz für Gott Esus. Atto hatte es sich in seiner Verzweiflung nur gewünscht. Ekuos ließ nur
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