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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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verschaffte er sich Raum. Er konnte nur hoffen, daß sie auf dieser Seite des Platzes
     niemanden postiert hatten. Dann würde sie die Menschenmenge vor den Blicken der Verfolger schützen.
    Er nahm Adelines Hand und rannte los.
    »Was tust du!« keuchte sie.
    Unerbittlich zog er sie mit sich. Er stieß die Tür der »Schenke zum güldenen Rad« auf und zerrte Adeline hinein. Hinter ihr
     schlug er die Tür zu und drückte ihre Handgelenke dagegen. »An wen hast du mich verraten?«
    »An niemanden. Ich wollte dich sehen. Ich wollte mit dir reden! Das ist alles.« Ihre Brauen waren vor Verzweiflung schräg
     gestellt. Die blauen Augen sahen ihn bittend an.
    »Hör auf zu lügen. Das ist nicht dein Geschäft, Adeline, du bist keine Lügnerin. Wem erstattest du Bericht?«
    Sie schlug den Blick nieder.
    »Wem? Rede!«
    |210| »William Ockham.«
    Er hieb eine Faust gegen die Wand. »Ockham! Willst du, daß er mich wieder in Ketten legt? Sollen sie mich foltern? Ist es
     das, was du willst?«
    Sie wimmerte Unverständliches.
    Mit hartem Griff nahm er ihren Arm und zog sie fort von der Tür. Sie durchquerten den Schankraum. Die Blicke der Trinker kümmerten
     ihn nicht. Er betrat die Küche. Kohlsuppe kochte in einem Kessel über dem Feuer. Der Koch ließ erstaunt den Löffel sinken,
     von dem er gerade gekostet hatte.
    Nemo öffnete die Tür zum Hof. Er zog Adeline an der Sickergrube vorbei. Hinter einigen Brombeerbüschen befand sich ein hölzerner
     Zaun, der den Hof vom Nachbarhof abgrenzte.
    Sie blieb stehen. Mit einer Kraft, die er ihr nicht zugetraut hätte, entwand sie ihm ihren Arm. »Heinrich! Oder Nemo, meinetwegen
     Nemo. Du vertraust Amiel von Ax, du glaubst seinen Lehren, richtig? Dann laß mich dich eines fragen: Warum sprechen Kinder
     nicht sofort nach ihrer Geburt, wenn doch eine alte erfahrene Seele in sie hineingeschlüpft ist?«
    »Wie bitte?«
    »Er lehrt, daß wir Seelengefängnisse sind und unsere Seele vorher in einem anderen Körper steckte. Warum müssen wir dann immer
     wieder neu das Sprechen erlernen?«
    »Das hat dir William Ockham eingeflüstert.«
    »Ja, so ist es. Na und? Beantworte mir diese Frage.«
    Er wollte jetzt nicht über Williams tückische Fragen nachdenken, er mußte fort von hier, mußte verschwinden, bevor die Häscher
     ihnen nachkamen.
    »Warum arbeitest du für Amiel von Ax?« fragte sie. »Ich könnte dir eine andere Arbeit beschaffen.«
    »Ich will nicht fort von Amiel. Die Arbeit als Leibdiener gefällt mir.«
    »Das ist nicht die Wahrheit. Du bist doch Student! Du bist zu klug dafür. Und Amiel ist gefährlich, er ist tückisch. Er wird
     dir schaden.«
    |211| Sie glaubte, daß er seinen eigenen Sohn erschlagen hatte. Vielleicht stimmte das sogar. Je länger er bei Amiel war, desto
     mehr Grausamkeit traute Nemo ihm zu. »Bevor es soweit kommt, verlasse ich ihn. Ich habe gewisse Ziele, wegen derer ich noch
     eine Weile bei ihm bleiben muß.«
    Sie strich sich die blonden Haare aus der Stirn. »Kannst du ihn bitte – für mich! – ein einziges Mal prüfen? Geh in seine
     Kammer, wenn er nicht da ist, schau dir seine Sachen an. Wenn du etwas entdeckst, das ihn belastet, dann sage es mir.«
    Hatte sie seine Pläne durchschaut? Er rührte mit der Hand an seine Brust, wo er die Zeichnung für den Feinschmied verbarg.
     »Du verlangst, daß ich ihm in den Rücken falle?«
    »Aber wenn es wahr ist, daß er ungefährlich ist, dann wirst du nichts finden. Dann war es auch nicht schlimm, daß du seine
     Kammer betreten hast.«
    »Ein Diener schnüffelt seinem Herrn nicht hinterher.« Eilig trat er das Brombeergesträuch nieder und faßte die Streben des
     Zaunes. Seine Beinkleider hingen in den Dornen fest. Er riß sie los. Wenn der Nachbarhof einen Ausgang in die Salzburger Straße
     besaß, würde er den Häschern entkommen. Er stemmte sich hoch. Sein Rücken zerplatzte vor Pein, aber er ließ nicht los.
    »Du bist kein Diener, Nemo«, rief sie ihm nach.

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    |212| 15
    »Und wenn er das Schwert zieht und uns angreift?«
    »Dann schießt Ihr.«
    Der Anführer der Armbrustschützen schüttelte den Kopf. »Wir schießen nicht den städtischen Hauptmann über den Haufen!«
    Vizenz faßte ihn scharf ins Auge. »Hindert Euch etwas daran, gegen den Ketzer vorzugehen?«
    Einige Atemzüge lang maßen sie sich mit Blicken.
    Der Söldnerführer unterlag. »Nein.« Er drehte sich zu seinen Männern um und befahl:
» Sagitarii
, spannt die Armbrüste!«
    Von der Isarbrücke scholl

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