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Das Nebelhaus

Das Nebelhaus

Titel: Das Nebelhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Berg
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dahingesagt. Ich habe meinen Vater dreißig Jahre lang mit Gärten in Verbindung gebracht, nicht mit Terror. Mit Blumen, verstehst du? Erst vor zwei Jahren habe ich die Wahrheit erfahren. Gut, okay, ich habe vorher etwas geahnt, das leugne ich nicht. Aber es ist etwas ganz anderes, Dinge zu befürchten, als sie zu wissen. Ist es so verwunderlich, dass man einer Wahrheit, vor der man Angst hat, nicht hinterherläuft?«
    Ich dachte kurz darüber nach. »Wie hast du die Wahrheit letztendlich erfahren?«
    Wir hatten einen ziemlich erregten Wortwechsel auf dem Bürgersteig geführt. Jetzt dämpften wir unsere Stimmen.
    »Am Tag nach dem Tod meiner Mutter«, sagte Yim, »bin ich in den Schuppen gegangen. Innerhalb von einer Minute habe ich verstanden.«
    Ich nickte. »Mir ging es ähnlich. Ich schätze, das ist der Grund dafür, dass dein Vater eine Glocke aus Blumen darüber gestülpt hat – er hat gespürt, was im Schuppen vorging. Vor nichts hatte er mehr Angst als vor seiner Vergangenheit und vor der Frau, die sie gekannt hat.«
    So wie Herr Nan seine hässliche Natur mit dem Kleid des Blumenliebhabers bedeckte, so verbarg er die Wunden seiner Frau unter den Blumen selbst. Eine stärkere Symbolik konnte ich mir kaum vorstellen.
    »Mein Vater war nicht in der Lage, den Schuppen zu betreten, er hatte Angst, sich den Bildern zu stellen. Und ich … Ich hätte sie am liebsten weggeworfen. Aber das Vermächtnis meiner Mutter wegwerfen – unmöglich.«
    »Du hast gut daran getan. Sie hat sicher sehr mit sich gerungen, bevor sie zum Pinsel griff. Ich stelle mir das Verhalten deiner Mutter als ein ständiges Zweifeln vor, ein Schwanken zwischen Selbstvorwürfen, Reue, Loyalität zu ihrem Mann und Furcht vor den Konsequenzen, falls sie offen über alles gesprochen hätte. Sie hat ein Ventil gebraucht. Zuerst waren es die Gedichte, dann das Malen im Verborgenen. Und wenn sie nicht gestorben wäre – wer weiß?«
    Yim schwieg. Für meinen Geschmack tat er es an der falschen Stelle.
    »Du kannst mir nicht erzählen, dass du nie gemerkt hast, dass deine Mutter malt. Die Farbflecke an ihren Händen, auf den Schuhen …«
    »Sicherlich. Ich habe auch gewusst, dass sie sich Acrylfarben bestellte. Das kostete Geld, das sie nicht hatte, also verdiente sie sich, was sie brauchte, bei Philipp und Vev. Aber sie hat nie über das gesprochen, was sie malte, und ich habe sie nicht gefragt, aus Gründen, die ich dir eben erklärt habe.«
    »Feststeht, das hast du selbst gesagt, dass du seit zwei Jahren die Wahrheit kennst. Und was hast du getan? Nichts. Das ist es, was ich dir übelnehme. Du hättest damit an die Öffentlichkeit gehen müssen, das wärst du deiner Mutter schuldig gewesen.«
    Damit hatte ich einen Nerv getroffen, härter und genauer, als ich wollte.
    Seine Stimme zitterte, als er sagte: »Du weißt nicht, was es bedeutet, der Sohn eines Schlächters der Roten Khmer zu sein. Ich verliere mein Gesicht, wenn das herauskommt, werde geächtet.«
    »Übertreibst du nicht ein wenig? Du warst damals noch ein Kind. Keiner kann dir etwas vorwerfen …«
    »Du hast ja keine Ahnung«, rief er und gestikulierte wild. So hatte ich ihn noch nie gesehen. »In meiner Kultur hängt die ganze Familie mit drin, wenn einer zum Verbrecher wird, und mein Vater ist weit schlimmer als ein gewöhnlicher Verbrecher. Er war nicht bloß ein unbedeutender Mitläufer, sondern einer der hundert ersten Brüder, das hat er mir selbst gesagt, als ich ihn vor zwei Jahren zur Rede stellte. Wenn er nach Kambodscha ausgeliefert und dort vor Gericht gestellt werden sollte, kann ich mein Restaurant zumachen. Die Hälfte meiner Gäste sind Kambodschaner und Vietnamesen, ohne sie kann ich nicht überleben, ich werde alles verlieren, was ich mir aufgebaut habe. Alles, Doro! Ich bin dann pleite. Davon mal abgesehen, ich bin mit diesem Mann, den sie wahrscheinlich in das finsterste Loch sperren würden, aufgewachsen. Ich habe auf seinem Schoß gesessen, in seinem Garten gespielt, von ihm meinen ersten Anzug bekommen. Er stand am Spielfeldrand, wenn ich gekickt habe, und ohne ihn hätte ich mein Restaurant nicht finanzieren können. Seit ich weiß, für welche Gräuel mein Vater verantwortlich ist, strafe ich ihn mit Verachtung, und ich sage dir, das tut ihm sehr weh. Aber ich werde ihn keinesfalls an ein Tribunal ausliefern, das ihn in den Tod schicken könnte. Das kannst du doch nicht ernsthaft von mir erwarten.« Er schluckte seine Empörung herunter und ergänzte

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