Das Nest des Teufels (German Edition)
mitteleuropäischen Pädophilenkreise sammeln, von denen es im Schutz der katholischen Kirche empörend viele gibt. Aber das macht meine eigenen Taten nicht ungeschehen.»
Ein Windstoß fuhr vom Meer zu uns. Rand kauerte sich vor Kälte schaudernd in die Felsnische.
«Warum erzählst du mir das alles? Ich habe dich nicht darum gebeten.»
«Du bist die Partnerin meines besten Freundes. Sehr wahrscheinlich haben wir noch oft miteinander zu tun.»
«Ich bin von niemandem die Partnerin.»
«David wird in zwei Tagen hier sein. Wir werden ihn beide treffen. Wartest du etwa nicht auf ihn?»
«Das geht dich nichts an.» Beim nächsten Windstoß klapperte auch ich mit den Zähnen, und mir stiegen Tränen in die Augen. Ich stand auf. Ich wollte die kurze Zeit, die Vanamo in Helsinki verbrachte, nicht mit Jaan Rand vergeuden.
«Du behauptest also, dass du nicht hier im Zoo bist, um kleine Mädchen anzustieren?», fragte ich, als ich wieder auf den Beinen war und Rand zu meinen Füßen saß, den Kopf auf die um die Knie geschlungenen Arme gestützt.
«Spielt es eine Rolle, was ich sage? Du willst ja doch nicht aufhören, mich zu hassen.»
Seine Märtyrerpose ärgerte mich. Ich wusste tatsächlich nicht, was ich von ihm halten sollte, und musste erst einmal Klarheit über meine Gefühle gewinnen. Es war viel leichter, wenn sie eindeutig schwarzweiß waren, mit den Grautönen hatte ich immer Schwierigkeiten gehabt. Ich machte mich auf den Weg zu den Eulenkäfigen. Rand rief mir etwas nach, aber der Wind trug seine Worte fort.
Saara und Vanamo bewunderten einen Pfau, der gereizt über den Weg trippelte und ab und zu ein katzenhaftes Fauchen ausstieß. Er durfte frei herumlaufen, weil er nicht wegfliegen konnte. Da auch Vanamo fror, gingen wir zum Aufwärmen ins Amazonien-Gebäude. Mir knurrte der Magen. Ich hatte versprochen, Saara und Vanamo zu einem späten Mittagessen ins Sans Nom zu führen, denn Monika wollte meine Schwester kennenlernen. Wir spazierten noch eine Stunde über die Zooinsel, wobei ich darauf achtete, nicht mehr in die Nähe des Luchsgeheges zu geraten. Ich beobachtete nicht nur meine Schwester, sondern auch Saara, und merkte, dass ihr Blick häufig an jungen Vätern hängen blieb, die einen Kinderwagen schoben oder ihr Kind auf den Schultern trugen.
Als Vanamo schließlich genug Tiere gesehen hatte, gingen wir über die Brücke auf die Nachbarinsel Mustikkamaa und fuhren mit dem Bus nach Hakaniemi, wo wir in die Metro umstiegen. Vanamo fuhr zum ersten Mal in einer Untergrundbahn und war begeistert. An der anderen Gangseite saßen zwei gleichaltrige, aber bereits wie Erwachsene gekleidete und stark geschminkte Mädchen, die unablässig Kaugummi kauten und Vanamo verächtlich anstarrten. «Scheiße, was für ein Landei», signalisierte ihr Blick, aber da Vanamo in meiner Begleitung war, wagten sie nichts zu sagen.
Im Sans Nom taten alle ihr Bestes. Monika hatte den schönsten Tisch für uns reserviert, und Jouni kam aus der Küche, um uns die Speisekarte zu erläutern. Seine Tätowierungen machten großen Eindruck auf Vanamo. Jouni bot ihr an, einen Kinderteller zuzubereiten, aber sie wollte so speisen wie die Erwachsenen. Sie entschied sich für Tartar vom Hering, langsam geschmorte Rinderbacke und Osterquarkspeise mit weißer Schokolade.
«Darf ich eine Cola trinken? Von einem Glas fallen mir doch die Zähne noch nicht aus?»
Ich lächelte. Die alte Legende lebte also immer noch. Als wir bestellt hatten, bat Monika mich kurz in ihr Büro, sie habe etwas zu besprechen.
«Ich wollte nicht vor deinen Verwandten darüber reden», begann sie, nachdem sie die Tür geschlossen hatte, «weil ich nicht weiß, worum oder um wen es sich handelt. In den letzten Tagen haben wir zwei Anrufe bekommen, von einem Mann, der nach dir gefragt hat. Seinen Namen hat er nicht genannt. Den zweiten Anruf habe ich selbst angenommen, er kam heute. Der Mann hatte eine seltsame Stimme, es klang, als spräche er durch einen Vorhang. Vielleicht hat er versucht, sie zu verfremden.»
Ich wusste, dass der Mann seine Stimme nicht verstellt hatte, sondern dass sie so war, heiser und ungeübt. Keijo Kurkimäki war probeweise in Freiheit und tat alles, um mich aufzuspüren.
20
Ich nutzte die Gelegenheit, Saara zu warnen, als Vanamo mit Jounis Erlaubnis die Küche besichtigte.
«Kurkimäki versucht mich zu erreichen. Es würde mich nicht wundern, wenn er auch mit dir Kontakt sucht. Oder mit Vanamo.»
«Bist du sicher? Du hast
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