Das Nest des Teufels (German Edition)
Gas. Jeder, der sich brav an das Tempolimit hielt, war ein Hindernis auf meinem Weg zu David, raubte uns einen Teil unserer gemeinsamen Zeit. Allerdings musste ich bei jeder Kamera abbremsen, denn Syrjänen durfte auf keinen Fall erfahren, dass ich mit seinem Jeep nicht im Zentrum von Helsinki, sondern in Kopparnäs gewesen war. Es wäre entsetzlich, wenn eine Mautgebühr eingeführt und die Fahrzeuge per Satellitenortung überwacht wurden. Aber irgendwer würde sicher eine Methode finden, das System auszutricksen.
Ich bog auf die Straße nach Kopparnäs ab und scherte mich nicht um das Fünfzig-Kilometer-Limit. Die leuchtenden Sonnen des Huflattichs am Straßenrand strotzten vor Lebensfreude, und mein Herz schlug wild. Zum Glück trug ich die passende Kleidung: Jeans, Turnschuhe und eine Fleecejacke. Nicht direkt erotisch, doch das spielte keine Rolle, David würde sie mir ohnehin ausziehen. Ich stellte den Wagen in einer Parkbucht in der Nähe von Råbergen ab und lief den Pfad entlang, der mit kleinen Steinhäufchen markiert war. Der Fels sah trocken aus, doch die Mooshöcker schmatzten unter meinen Schritten. Ich war überzeugt, dass zwischen den Felsspalten von Råbergen Lüchse lebten, ein paarmal hatte ich ihre Spuren gesehen. Aber derjenige, den ich gleich treffen würde, war mir noch lieber als ein Luchs.
Ich sah David schon von weitem. Er stand ganz oben auf dem Steinturm und blickte aufs Meer, ab und zu schrieb er etwas auf einen Block. Er trug eine schwarze Mütze, die seine Haare verbarg, den Tarnanzug, den er auch bei unserer ersten Begegnung in den Wäldern von Kopparnäs angehabt hatte, und eine Sonnenbrille. Diesmal war er glatt rasiert, und auf seinem Gesicht lag das vertraute Lächeln. Ich lief den Felshang hinauf und rief seinen Namen, er stieg vom Turm herunter. Wir trafen uns am Fuß des Turms und fielen uns in die Arme. Davids Lippen schmeckten nach Meerwind, sein Anzug roch nach Lagerfeuer, sein Körper fühlte sich warm an, ich wollte die Kleider ausziehen, die uns voneinander trennten.
Als wir schließlich aufhörten, uns zu küssen, war ich atemlos und erhitzt. David war die Mütze vom Kopf gefallen, er trug die Haare wieder kurz. Obwohl er denselben Namen verwendete wie als stellvertretender Chauffeur bei Chagall, sah er völlig anders aus.
«Hast du die Landkarten dabei?»
«Sowohl auf dem Stick als auch auf Papier.» Ich nahm den Rucksack ab und öffnete ihn. Wir setzten uns auf die windgeschützte Seite des Turms und betrachteten die Karten.
«Diese Steintürme lassen mir keine Ruhe. Ich begreife nicht, welchen Zweck sie haben und wer sie aufgeschichtet hat. Auf den offiziellen Karten sind sie nicht vermerkt», sagte David.
«Vielleicht hat irgendwer sie nur zum Spaß aufgetürmt, um die höchsten Stellen von Kopparnäs zu markieren.»
«Das muss eine Heidenarbeit gewesen sein. Na, wer auch immer der Baumeister war, ich bin ihm zu Dank verpflichtet, denn er hat mir ein gutes Versteck geliefert.»
«Wofür?»
«Für das, was Gezolian von mir will. Den Rest des SR - 90 -Isotops. Du weißt ja, dass ich Europol nur drei Viertel von dem abgeliefert habe, was ich mir bei der Explosion unter den Nagel reißen konnte.» David grinste, aber mir war das Lachen vergangen.
«Was soll das denn? Solche Stoffe müssen doch abgesichert sein, kilometertief vergraben! Was glaubst du zu erreichen, indem du das Zeug hier versteckst?»
«Ich will Gezolian schnappen. Mit Hilfe des Isotops werde ich es schaffen.»
Ich rückte von ihm ab. «Und Gezolian will dich. Ich glaube, ich konnte ihn tatsächlich davon überzeugen, dass ich das Lager gewechselt habe. Nun muss ich dafür sorgen, dass er das weiterhin glaubt, obwohl ich immer auf deiner Seite stehen werde. Du kannst mir vertrauen, aber gilt das auch umgekehrt? Du hast mir nicht einmal erzählt, warum du dich so für Syrjänens Kopparnäs-Projekt interessierst. Einiges habe ich von Juri erfahren. Syrjänen ist im Spätwinter mit einem Motorschlitten hier herumgefahren, einen Geigerzähler in der Hand. Hat Gezolian womöglich herausgefunden, dass du die Isotope hier versteckt hast?»
«Unmöglich, das Zeug ist so verpackt, dass keine Strahlung messbar ist. Glaubst du, ich würde das Risiko eingehen, die Umwelt zu zerstören? Ebendeshalb will ich Gezolian erwischen. Er geht zu sorglos mit den radioaktiven Isotopen um, als wären ihm Umweltschäden völlig gleichgültig.»
«Aber es ist dein privater Kreuzzug, von keiner Regierung oder
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