Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
das in dir selbst steckt?»
    «Was ist das für eine verdammte Küchenpsychologie? Worauf beruhen denn deine ach so klugen Phrasen und großartigen Thesen? Die hast du dir doch allesamt selbst ausgedacht, sie haben keine wissenschaftliche Grundlage.»
    Mike hob die Hände in Brusthöhe, die Handflächen zu mir: eine Geste freundschaftlicher Abwehr.
    «Du verstehst mich falsch. Ich glaube nicht an Vererbung. Dass dein Vater ein Mörder ist, macht dich nicht zu seinesgleichen.»
    «Er war jahrzehntelang in einer geschlossenen Anstalt, weil bei der psychiatrischen Untersuchung nach dem Mord paranoide Schizophrenie diagnostiziert wurde. Das ist eine Erbkrankheit.»
    «Wer hat dir denn das erzählt? Wenn ein enger Angehöriger an paranoider Schizophrenie leidet, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass du die Krankheit ebenfalls bekommst, um zehn Prozent höher als beim Bevölkerungsdurchschnitt. Als Erbkrankheit würde ich das nicht bezeichnen.» Mike schob den Rest der Morchelsauce auf die Gabel.
    «Delikat. Vielleicht macht das Gefühl der Gefahr, das man mit diesen Pilzen verbindet, sie noch schmackhafter. In Japan habe ich einmal
fugu
gegessen, Kugelfisch. Auch das war einigermaßen furchtbar für einen wie mich, der am liebsten jedes Risiko meidet. Dich an die Akademie aufzunehmen war zweifellos ein Risiko. Aber ich würde sagen, es hat sich gelohnt.»
    Das Gespräch mit Mike war wie ein Judo-Match gegen ein Stück Seife: Ich bekam ihn nicht in den Griff. Also zog ich es vor, wortlos weiterzuessen. Der Krankenbericht, den Laitio mir zugespielt hatte, war eine verstörende Lektüre gewesen, denn daraus ging hervor, dass tatsächlich die psychische Krankheit meines Vaters seine entsetzlichen Taten erklärte. Dem Bericht zufolge hörte er gelegentlich Stimmen, die ihn aufforderten, andere zu vernichten. Ich selbst hörte seit Jahren in schwierigen Situationen Mike Virtues Stimme in meinem Kopf. War das etwa das erste Symptom?
    Mike bestellte zum Nachtisch koffeinfreien Kaffee, ich bat um einen Limoncello, obwohl ich wusste, dass der Likör meine Verbitterung auch nicht mildern würde. Ich wartete nur noch darauf, dass die Mahlzeit beendet war und ich die Phase meines Lebens, in der ich Mike Virtue wie einen Guru verehrt hatte, endgültig hinter mir lassen konnte. Es war, als habe man mir gezeigt, wie ein Zauberkünstler eine Frau durchsägt: Der ganze Trick beruhte auf doppelten Wänden und optischer Täuschung.
    Die mit kleinen Birkenblättern verzierte grünweiße Kombination von gebackenem Käse und Birkensaft befremdete Mike, und nachdem er ein paarmal davon probiert hatte, schob er den Teller beiseite.
    «Die sind gesund, sie wirken entwässernd», erklärte ich und kaute die Birkenblätter wie eine Kuh das Gras.
    «Sicher. Aber ich habe keinen Hunger mehr. Du erinnerst dich doch wohl, dass ich euch erklärt habe, was die größte Gefahr für einen Menschen darstellt?»
    Der Mensch selbst, seine Vorurteile und Fehlentscheidungen. Hatten wir das tatsächlich im Chor nachgesprochen wie bei einer Gehirnwäsche?
    «Hast du es vergessen?», hakte Mike nach.
    «Der Mensch selbst, bla bla. Das hast du aus irgendeinem Lebensratgeber abgekupfert.»
    Mike lächelte wieder, wie man ein Kind anlächelt, das immer noch nach einem Schokoriegel quengelt, obwohl der Erwachsene ihm gerade ausführlich erklärt hat, warum es keinen bekommt.
    «Doch, du hast dir meine Lehren gemerkt. Du hattest immer schon einen scharfen Verstand. Wenn du nun auch noch daran denkst, sie anzuwenden, wirst du die Begegnung mit deinem Vater überstehen und auch den richtigen Weg finden, mit dem kriminellen Vater deines Schützlings umzugehen.»
    Monika kam und erkundigte sich, ob alles zu unserer Zufriedenheit gewesen sei. Ich bat sie, sich einen Moment zu uns zu setzen und Mike zu erklären, wo das Sans Nom seine Rohstoffe bezog und wie deren Sauberkeit und Sicherheit garantiert wurden. Sie schien zu ahnen, dass ich nicht mehr mit Mike allein sein wollte. Bald darauf zahlte ich, dann brachen wir auf. Mike fragte, ob wir den gleichen Weg hätten. Ich war versucht, ihm eine Notlüge aufzutischen, bejahte dann aber und schlug vor, zu Fuß zu gehen. Es war immer noch mild und hell, die Sonne war noch nicht ganz untergegangen. Wir näherten uns dem Marktplatz Hietalahti, und als wir an einer Ampel stehen blieben, sagte Mike:
    «Nimm die Sache selbst in die Hand. Such deinen Vater, statt darauf zu warten, dass er dich findet. So bist du im Vorteil.»
    «Was

Weitere Kostenlose Bücher