Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
auch nicht über den Wechsel des Chauffeurs gewundert oder es zumindest für besser gehalten, seine Verwunderung zu unterdrücken. Gut so. Er begann mich nach den finnischen Essgewohnheiten auszufragen, und ich musste mich bremsen, um ihm nicht von meiner Kindheit in Hevonpersii zu erzählen. Als zufälliger Bekannter brauchte er davon nichts zu erfahren. An der Sicherheitsakademie Queens hatte man mir Verschlossenheit vorgeworfen, weil ich mich nicht am Austausch von Kindheitserinnerungen beteiligte, doch Mike Virtue hatte mich in Schutz genommen.
    «In dem Beruf, für den ich euch ausbilde, ist euer Privatleben unwichtig. Eure Auftraggeber interessiert es nicht, ob ihr als Kinder Bonbons bekommen habt oder nicht, wichtig ist nur, wie gut ihr eure Pflicht tut.»
    Ich plauderte mit Pierre über verschiedene Gerichte und übernahm schließlich das Kartoffelschälen, das mir dank der Übung im Sans Nom leicht von der Hand ging. Julia schien mich nicht zu vermissen, aber ich ging dennoch irgendwann zu ihr und fragte, ob ich im Laufe des Abends noch gebraucht würde. Die Antwort fiel so aus, wie ich gehofft hatte: Nein, Julia wollte den Abend mit ihrem Vater im Chalet verbringen. Lescha leistete mir beim Essen Gesellschaft, wie am vorigen Abend. Gegen halb neun Uhr war ich bereit, ins Dorf zu gehen. Ich fragte Lescha nach den Codes für die Tore und Türen des Chalets, die sich per Handy öffnen ließen, und speicherte sie. Das war zwar riskant, aber wir würden nur noch eine Nacht in Leysin verbringen. Ich nahm die Glock und eine halbvolle Schachtel Patronen mit. Unter meiner dicken Daunenjacke war die Waffe nicht zu sehen.
    Vom Chalet war es gut einen Kilometer ins Dorf, wenn ich die Abkürzung über die steile Treppe nahm. Ich war auf gefährlich vereiste Stufen gefasst, aber hierzulande hielt man die Wege offenbar auch im Winter passierbar. Als ich gerade die letzten Stufen hinter mich gebracht hatte, ohne ein einziges Mal zu straucheln, meldete mein Handy eine SMS . Ich war sicher, dass David unser Treffen absagte.
    Die Nachricht kam von einer unbekannten Nummer, doch sie war auf Finnisch geschrieben. «Leber und Bauchspeicheldrüse so kaputt wie die Lunge. Habe die Therapie abgelehnt, ich will nicht in die Klinik. Besuch mich, wenn du kannst, bring Zigarren mit. Sie wollen mir das Rauchen verbieten. LDG »
    LDG war die Abkürzung für Löwe der Gerechtigkeit. So nannte sich der Kripomann Teppo Laitio manchmal im Spaß, allerdings nur mir gegenüber. Laitio lag also tatsächlich im Sterben. Ich wischte mir die Tränen ab, die der Wind mir in die Augen getrieben hatte. Dann schrieb ich zurück, ich sei in der Schweiz, und fragte Laitio, ob er eine neue Telefonnummer habe.
    Ich fand das richtige Haus, doch am Klingelkasten kam ich ins Grübeln. An den Klingeln standen keine Namen, sondern nur die Nummer der jeweiligen Wohnung. Schließlich kam ich zu dem Schluss, dass mit 21 nicht nur die Uhrzeit, sondern auch die Wohnungsnummer gemeint war, und versuchte mein Glück.
    «Yes?»
, meldete sich eine Männerstimme. Ich nannte nur meinen Vornamen, gleich darauf öffnete sich die Tür. Das Apartment  21 befand sich im dritten Stock. Ich ging absichtlich langsam hinauf, David sollte sich nicht einbilden, dass ich unserer Begegnung entgegenfieberte. Noch im Treppenhaus öffnete ich meine Jacke und vergewisserte mich, dass das Holster richtig saß.
    David stand im Türspalt, die Augen hinter einer Sonnenbrille verborgen, die langen schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Er trug ein dunkelblaues Polohemd und schwarze Jeans, unter denen schwarze Stiefel hervorschauten. Am rechten Ohr funkelte ein Ohrring. Im Treppenhaus war niemand zu sehen, es roch ganz leicht nach Schokolade, als hätte jemand Kakao gekocht.
    Ich ging an David vorbei in die Wohnung. Auf keinen Fall würde ich ihn zuerst berühren. Das Apartment bestand nur aus einem einzigen, etwa zwanzig Quadratmeter großen Zimmer, in dem ein Bett, ein kleiner Esstisch, eine Kochplatte und ein Kühlschrank Platz gefunden hatten. Durch das einzige Fenster sah man die Wand des Nachbarhauses, der Reif am unteren Teil der Scheibe deutete auf eine schlechte Wärmeisolierung hin. Auch die Schallisolierung schien nicht die beste zu sein, denn ich hörte den Fernseher in der Nachbarwohnung. Ich setzte mich an den Esstisch, David aufs Bett. Wir warteten beide darauf, dass der andere etwas sagte. David nahm die Sonnenbrille ab. Er trug keine Kontaktlinsen, ich sah die

Weitere Kostenlose Bücher