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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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war es geradezu heiß, denn dort regte sich kein Lüftchen. Im Nu war ich in Schweiß gebadet. Ich holte mein Handy hervor, um Julia anzurufen, denn sie war nirgends zu sehen. David dagegen stand neben der Limousine und unterhielt sich mit einem jungen Mann. Er winkte mir zu.
    Julia sagte, sie sitze im Restaurant beim Tee. Ich zog Skier und Helm aus und brachte sie David, der auf Englisch fragte, wie die Abfahrt gewesen sei.
    «Temporeich.»
    «Ich wusste gar nicht, dass du auch die alpinen Sportarten beherrschst.»
    «Meine Bravournummer ist das Skispringen. Am besten bin ich auf der Flugschanze. Mein Rekord steht bei hundertdreiundvierzigeinhalb Metern.»
    Der junge Mann neben David lachte auf. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Dann holte ich die Straßenschuhe aus dem Wagen. Als ich sie anhatte, war ich wieder ich selbst.
    Julia saß an einem Fenstertisch und rührte in ihrer Teetasse.
    «Du warst langsam. Was nützt mir eine Leibwächterin, die mir nicht folgen kann?»
    Ich verkniff mir eine Antwort und holte mir an der Theke eine Flasche Fruchtlimonade. Unter dem Tisch dehnte ich die schmerzenden Beine. Eine heiße Dusche hätte mir jetzt gutgetan, doch Julia hatte es nicht eilig. Sie betrachtete die deutschsprechenden Männer am Nachbartisch. Sie waren um die dreißig und allesamt ziemlich gutaussehend. Als zwei der Männer Julias Blick bemerkten, entspann sich ein kleiner Flirt. Ich mischte mich selbst dann nicht ein, als der eine, ein großer dunkelhaariger Bursche, an unseren Tisch kam und Julia fragte, ob sie am Abend schon etwas vorhätte. Julia erwiderte, sie sei mit dem Mann ihres Lebens verabredet.
My Heart Belongs to Daddy
, fuhr mir durch den Kopf. Hatte Gezolian seine Tochter überredet, Syrjänen zu heiraten, um die Geschäftsverbindungen zwischen den beiden Männern zu festigen? Auch Königsfamilien und andere Regenten hatten seit jeher durch Ehen Bündnisse geschlossen, um den Frieden zu sichern oder gegen einen gemeinsamen Feind zu kämpfen. Wieso sollten die Reichen nicht auch so handeln wie die Mächtigen? Syrjänen war in Julia verliebt, doch sie zeigte ihre Gefühle nicht. Vielleicht waren sie rein wirtschaftlicher Art.
    Als der Mann trotz der ablehnenden Antwort an unserem Tisch blieb und Julia um ihre Telefonnummer bat, wurde sie frostig. Sie trank ihren Tee aus und stand auf. Der Mann gestikulierte, sie breche ihm das Herz, doch Julia lachte nur.
    David saß schlummernd am Steuer, aber ich kannte ihn und wusste, dass es ein Katzenschlaf war, nur scheinbar tief und entspannt, aus dem er in einer Zehntelsekunde vollständig erwachte. Wegen Julia spielte er jedoch den langsamen Tölpel. Erst als ich fest ans Fenster klopfte, schrak er hoch und dehnte sich ausgiebig, bevor er uns die Türen öffnete. Die Härchen auf meiner Haut richteten sich auf, als ich seinen Geruch wahrnahm, mein Unterleib verkrampfte sich lustvoll. Ich hasste die Macht, die David über mich hatte! Dennoch wusste ich, dass ich am Abend zu ihm gehen, dass ich jedes Risiko auf mich nehmen würde, um wenigstens für kurze Zeit mit ihm zusammen zu sein.
    Julia wollte in Leysin Käse einkaufen, ich brauchte Sonnencreme. David setzte mich vor dem Supermarkt ab und erklärte mir den Weg zum Käsegeschäft.
    «Ich wohne in derselben Straße», sagte er, «Nummer einundzwanzig.» Tatsächlich war die Hausnummer achtunddreißig; er versuchte mir wohl zu erklären, dass ich um neun Uhr zu ihm kommen sollte. Der Parkplatz vor dem Supermarkt war zu eng für die Limousine, vor dem Käsegeschäft war angeblich mehr Platz.
    Wenn es nach Syrjänen gegangen wäre, hätte ich Julia keine Sekunde aus den Augen lassen dürfen, aber im Notfall würde David sie wohl schützen – falls es in seinem Interesse lag. Ich hatte den Supermarkt bereits betreten, als mir aufging, dass die Tochter seines Erzfeindes für ihn natürlich das perfekte Opfer einer Entführung und Erpressung war. Die Leibwächterin hatte sich in ihrer Naivität auf den Chauffeur verlassen, und der hatte die Gelegenheit genutzt. Konnte David mich derart hintergehen? Wieder einmal war ich bereit, ihm alles zuzutrauen.
    Die Sonnencreme fand ich sofort, aber an der Kasse stand eine lange Schlange. Als ich nur noch eine Kundin vor mir hatte, eine kleine Japanerin, zappelte ich bereits vor Ungeduld. Die Frau, die Bananen kaufen wollte, versuchte der Kassiererin auf Englisch zu erklären, dass sie ihr Geld nicht fand. Die Kassiererin schüttelte den Kopf: Sie verstand

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