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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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sagen, dass er sehr böse Dinge getan hat, aber dass Gott nicht nur straft, sondern auch vergibt.»
    «Das ist sicher nicht leicht für dich», flüsterte David und streichelte meine Wange. Darauf brauchte ich nicht zu antworten. Ich war daran gewöhnt, mir die Übertreibungen und unhaltbaren Behauptungen meiner Arbeitgeber schweigend anzuhören, ich hatte oft genug miterlebt, wie sie logen und betrogen, ohne dass ich eingreifen konnte, so gern ich es auch getan hätte. Aber das hier war etwas anderes. Ich hatte Vanamo bisher erst zweimal getroffen, und beide Male hatte ich mich bemüht, mehr zuzuhören, als zu reden. Vanamo hatte mir von ihrer Familie und von ihren Tieren erzählt, von kleinen Alltagserlebnissen und von ihrem kindlichen Glauben, der sie immer umgab. Ich hatte versucht, ihr eine Version meines Lebens zu liefern, die für die Ohren einer Neunjährigen taugte, deshalb hatte ich ihr von Frida erzählt. Falls es ein Verbrechen war, einen Luchs zu zähmen, war das Delikt längst verjährt, außerdem war ich zur Tatzeit noch ein Kind gewesen.
    Ich küsste Davids Hals. Da schoss mir plötzlich ein Gedanke durch den Kopf.
    «Wenn du erfahren hast, dass mein Vater möglicherweise auf Probe freigelassen wird, wusstest du dann auch von seinen anderen Verbrechen? War dir bekannt, dass ich eine Schwester habe?»
    David versuchte, sein Gesicht zu verbergen, indem er es zwischen meinen Brüsten vergrub.
    «Noch nicht lange …», murmelte er. «Ich habe es kurz vor Weihnachten erfahren, hatte aber keine Möglichkeit, mit dir Verbindung aufzunehmen. Verstehst du? Ich hätte es dir heute erzählt, aber du bist mir zuvorgekommen. Warte, Hilja», sagte er hastig, als ich aufstehen wollte, «lauf nicht immer davon, wenn du wütend bist. Ich kann nicht deinetwegen mein ganzes bisheriges Leben aufgeben, und ich erwarte auch nicht, dass du es tust.»
    Ich nahm das Rumglas vom Fußboden und trank es aus. Die Wärme im Magen täuschte, sie würde mich nicht ausreichend und nicht lange genug betäuben.
    «Trotzdem spielst du mir alle möglichen Rätsel zu – Landkarten und Ringe! Da ist das kleine Mädchen beschäftigt, während die echten Kerle die Welt retten – ist es das, was du denkst?»
    «Ich halte dich wirklich nicht für ein Kind. Lass uns nicht wieder damit anfangen, Hilja. Wir haben nur diese wenigen Stunden, die sollten wir nicht mit Streit vergeuden.» David stand ebenfalls auf und zog mich an sich. Ich erwiderte seine Küsse, und wir waren kurz davor, wieder aufs Bett zu sinken, als irgendwo in dem Kleiderhaufen auf dem Fußboden Davids Handy klingelte. David ließ mich los und suchte es.
    «Hallo?
Da. Da.
Okay.» David antwortete knapp wie ein Bediensteter, der weiß, dass er gehorchen muss. Er legte auf und begann sich anzuziehen.
    «Tut mir leid, Hilja. Das war Lescha. In Aigle ist eine Sendung für Gezolian angekommen, ich soll sie abholen.»
    «Was für eine Sendung?»
    «Das erzählt man Dienstboten nicht. Kommst du mit? Die Limousine hat getönte Scheiben, niemand sieht dich, wenn du auf der Rückbank sitzt. Nach Aigle fährt man zwanzig Minuten, wir hätten also noch ein bisschen Zeit, miteinander zu reden. Auf dem Rückweg lasse ich dich im Dorf aussteigen, dann kannst du zu Fuß zum Chalet gehen.»
    Ich stimmte zu, denn es gab noch so viel zu sagen. Ich sah, dass David seinen Revolver aus einem Schrank holte, in dem er Lebensmittel aufbewahrte. Er fing meinen Blick auf und grinste.
    «Eine Müslipackung ist ein gutes Versteck. Diese Sorte enthält besonders viel Eisen. Jetzt noch die Kontaktlinsen, dann bin ich fertig.»
    Ich wartete im Hausflur, während David die Limousine aus einer Garage in der Nähe holte. Es erschien mir seltsam, dass Chagall sie nicht bei seinem Chalet abstellen ließ, aber als ich im Auto saß und danach fragte, erklärte David, es sei ein Mietwagen.
    «Chagalls Buick steht in Genf am Flughafen. Manche können es sich leisten, monatelang Parkgebühren zu zahlen.»
    Es war eine klare Nacht, die Wolken über dem See hatten sich verzogen, die Ufer weit unter uns waren von Lichtern gesäumt. Die Straße nach Aigle führte so steil bergab, dass meine Ohren zeitweise wie verstopft waren. Als wir Leysin hinter uns gelassen hatten, fragte ich David, wie er Deividas aufgespürt hatte.
    «Obwohl ich bei Europol in Ungnade gefallen bin, habe ich noch ein paar alte Freunde dort. Deividas ist in Kaunas zur Welt gekommen, in Gintares Heimatstadt. Dort war seine Geburt ordnungsgemäß

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