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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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dem Ankömmling einen der Männer, die mir im Paternoster des Parlaments in den Ausschnitt gestiert hatten. Der Mann hatte nur Augen für meinen Busen gehabt und erinnerte sich natürlich nicht an mein Gesicht. Das war auch besser so. Mein Kurzzeitjob als Assistentin der Abgeordneten Helena Lehmusvuo sollte ruhig in Vergessenheit geraten.
    Ich ging mit Julia ins Fitness-Studio und in das Schwimmbad in der Yrjönkatu. Julia besuchte es nur dann, wenn man dort im Badeanzug schwimmen durfte, obwohl ihr Körper makellos war. Wenn Julia ein Tier gewesen wäre, dann ein perfekt getrimmter Pudel mit rosa gefärbtem Fell, der trotz seines niedlichen Aussehens jeden, der ihn bedrohte, erbarmungslos anknurrte.
    Kurz nach sieben Uhr fuhren Juri und ich los. Ich hatte aus meinem Fundus eine schwarze Bubikopf-Perücke und einen gepolsterten BH herausgesucht, der mir die Körbchengröße D verschaffte. Das hochgeschlossene bunte Kleid stammte vom Flohmarkt, Frau Voutilainen hatte mir versichert, es sei ein echtes Teil aus den sechziger Jahren. Jetzt hatte ich endlich Verwendung dafür. Den letzten Touch gab die Brille mit dem dicken schwarzen, katzenartig gebogenen Gestell. Ich schminkte mir die Augen so, dass sie kleiner wirkten.
    Makkonen wohnte in Saunalahti in einem Haus am Meer, der Waffenhandel schien also profitabel zu sein. Wie ich von Juri erfuhr, besaß er ein Geschäft für Jagdbedarf in Tapiola, kam mitunter aber auch an illegale Waffen, die er an der Steuer vorbei verschacherte.
    Juri hatte sich wieder als Operettenrusse gekleidet: dunkelvioletter Samtanzug und cremeweißes Hemd mit Rüschenkragen. Ich trug über dem Kleid einen weiten Blazer, unter dem mein Holster Platz fand. Es war leer, ich hatte es nur angelegt, um den für Laitio bestimmten Revolver darin zu verstauen. Ohne das Gewicht meiner Glock fühlte es sich seltsam an.
    Ich hatte im Laufe meines Lebens gelernt, dass man einem Menschen nicht von außen ansehen kann, welchen Beruf er ausübt. Das galt auch für Makkonen. Man stellte sich einen Waffenhändler wohl am ehesten als tückischen Marder vor, aber der Mann, der uns öffnete, war rundlich wie eine Robbe. Mit den dicken Brillengläsern, der Halbglatze und dem bis an die Ohren reichenden Haarkranz in der Farbe von dünnem Tee sah er aus wie ein Nerd, zumal er kaum dreißig war.
    «Juri!» Makkonen schüttelte Trankow die Hand, dann sah er mich an. «Und du hast eine Frau mitgebracht. Wie heißt sie denn?»
    «Kanerva», antwortete ich rasch. Das war mein zweiter Vorname. Wie ich wirklich hieß, ging Makkonen nichts an. Zum Glück war Juri schlau genug, den Mund zu halten.
    «Kommt rein, wir gehen gleich in den Waffenraum. Möchtet ihr was trinken? Wer von euch fährt?»
    «Nimm ruhig einen Drink, wenn du magst. Ich kann fahren», sagte ich zu Juri. Makkonen lachte schallend, sein Bauch wackelte unter dem Hemd mit dem Tarnmuster.
    «Ein Mädchen nach meinem Geschmack! Eine, die nicht gleich nörgelt.»
    Schon im Flur merkte man, dass dieses Haus einem Jäger gehörte. Überall ausgestopfte Tiere: Schneehühner, Hohltauben, Feldhasen, zwei Elchköpfe. Makkonen führte uns über eine Treppe ins Untergeschoss. Dort erblickte ich als Erstes ein hässlich grinsendes Wiesel.
    Auch der Waffenraum wurde seinem Namen gerecht. An zwei Wänden reihten sich verschlossene Stahlschränke aneinander. An der dritten hingen nicht funktionstüchtige, dekorative Waffen. Die ältesten Musketen waren Jahrhunderte alt. Mit ihnen waren Menschen erschossen worden, die nie von Flugzeugen oder elektrischem Licht gehört hatten.
    Makkonen öffnete einen der Schränke und entnahm ihm einen dekorativ geschmiedeten Trommelrevolver.
    «Wäre der recht? Nagant M 1895 . Eine Kriegsbeute von deinen Landsleuten. Ist es nicht recht und billig, dass das große Vaterland sein Eigentum zurückbekommt? Aber du hast ja schon so einen, was ist mit dem passiert?»
    «Dieser hier ist ein Geschenk für einen Freund.» Juri nahm die Waffe in die Hand, drückte auf den Abzug, drehte die Trommel, blickte in den Lauf. «Wie viel?»
    «Für einen guten Kumpel gar nichts», antwortete Makkonen. «Vorausgesetzt, du machst das Spiel noch mal mit. Ich spiele so gern mit dir, auch wenn ich manchmal verliere. Na, was meinst du dazu?»
    Juri war blass geworden, er gab Makkonen den Revolver zurück, als habe ihm die Waffe die Hand verbrannt.
    «Diesmal machen wir das Geschäft mit Geld.»
    An der Tür zum Waffenraum waren Schritte zu hören. Ich witterte den

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