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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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in einen der Sessel, dass mein Gesicht im Schatten blieb. Dabei bemühte ich mich, gleichmäßig zu atmen, obwohl Mike Virtues Stimme in meinem Kopf schrie, ich müsse diesen Schwachsinn sofort stoppen. Paskewitsch nahm einen Billardstock in die Hand und machte ein paar angedeutete Stöße auf dem leeren Tisch. In Bromarv war Juri Zeuge seiner Demütigung geworden, jetzt wollte Paskewitsch es ihm heimzahlen, koste es, was es wolle.
    «Zum Glück habe ich ein Sechsmonatsvisum. So konnte ich den Frühzug aus Sankt Petersburg nehmen, nachdem Jussi mir gestern Abend am Telefon sagte, ich hätte die Möglichkeit, meinen Sohn zu treffen.»
    Bei dem Wort Sohn zuckte Juri zusammen. Er hatte den blassen Teint und die dunklen Haare von seiner Mutter geerbt, doch seine Augen hatten die gleiche tiefblaue Farbe wie die von Paskewitsch, und auch ihre Art, sich zu bewegen, war ähnlich. Die meisten Menschen ahnten nicht, wie verräterisch die Körpersprache sein konnte. Von hinten war die Gehweise der beiden Männer fast identisch.
    «Du bist mir in letzter Zeit aus dem Weg gegangen. Hast du an Vaterliebe keinen Bedarf mehr?», fuhr Paskewitsch fort. Ich wusste, dass er im Grunde ein elender Feigling war, den man mit kleinen Tricks zum Winseln bringen konnte, aber auf Juri hatte er dennoch großen Einfluss.
    Mir war nur nicht klar, ob meine Anwesenheit eher nutzte oder schadete. Juri wollte es seinem Vater zeigen, aber offenbar wollte er auch mich beeindrucken. Vatermord und sexuelle Anziehung. Aus diesem Stoff waren schon viele Tragödien entstanden.
    Makkonen drehte die Trommel des Revolvers. Dann setzte er sich an den Kartentisch, mit dem Rücken halb zu mir, und öffnete die Patronenschachtel.
    «Eine reicht wohl. Geben wir dem Jungen eine Chance.»
    «Wer fängt an?» Juri sprach langsam, als müsse er jede einzelne Silbe betont artikulieren, damit seine Stimme nicht zitterte.
    «Wie meinst du das?» Paskewitsch zeigte mit dem Queue auf ihn. «Das ist ein Solospiel, es sei denn, deine Freundin möchte mitmachen. Du hast sie mir übrigens gar nicht vorgestellt. Dabei habe ich jahrelang versucht, dir Manieren beizubringen. Und mit deinem Frauengeschmack ist es auch nicht weit her.» Paskewitschs Kritik störte mich nicht, schließlich hatte ich mich absichtlich hässlich gemacht. Ein Bodyguard musste solche Kommentare an sich abgleiten lassen. Und genau das war ich jetzt, Juris Leibwächterin. Der Kluge gibt nach, und manchmal beweist man seinen Mut gerade dadurch, dass man sich nicht provozieren lässt, hätte Mike Virtue gesagt.
    «Das ist unfair!», rief ich mit gewollt hoher Stimme. «Entweder spielen alle mit oder keiner.»
    «Du bestimmst die Regeln nicht, Kanerva», antwortete Makkonen. Sekundenlang zeigte der Lauf des Revolvers direkt auf meine Brust.
    «Ihr könnt Juri nicht zwingen», winselte ich. Paskewitsch lachte.
    «Das kleine Scheißerchen braucht Weiber zur Verteidigung! Hat er dir erzählt, dass er andauernd Prügel bezogen hat, sogar von Frauen? Der Junge ist ein elender Farbkleckser, hält sich aber für einen großen Künstler. Dabei hat er nicht mal die Architektenausbildung abgeschlossen.»
    «Weil du mich bei deinen dilettantischen Geschäften gebraucht hast!», rief Juri, doch seine Stimme kiekste wie bei einem halbwüchsigen Jungen. Paskewitsch lachte immer dröhnender. Ich hätte ihm das Maul stopfen können, indem ich ihn daran erinnerte, dass auch er sich von Frauen hatte besiegen lassen: Er hatte einen großen Teil seines Eigentums an Anita Nuutinen verloren und sich später aus Angst vor mir in der Rolle der Suzy in die Hosen gemacht. Doch im Moment war ich nicht diejenige, die eine Waffe hatte. Unter Paskewitschs gutsitzendem Kaschmirpullover war keine Ausbuchtung durch ein Holster zu sehen, aber Makkonen hatte den Revolver. Es fuchste mich, dass ich Juri nicht eingehend genug nach dem Waffenhändler ausgefragt hatte.
    «Schluss mit dem Theater, Junge. Zeig uns, ob du Mumm hast. Jussi, ist die Waffe schussbereit?», fragte Paskewitsch. «Gut, dass du in Begleitung gekommen bist. Wenn es dir schlecht ergeht, kann das Fräulein sich um die Leiche kümmern. Setz dich lieber hin, Juri. Dann hast du eine festere Hand. Komm hier an den Tisch.» Paskewitsch fuchtelte wieder mit dem Billardstock herum, sodass Juri zusammenzuckte. «Und, Jussi, nimm zwei Patronen. Dann stehen die Chancen eins zu drei, das ist was für richtige Männer.»
    «Bist du sicher?», fragte Makkonen, und für einen kurzen Moment

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