Das Nest des Teufels (German Edition)
abbogen, wurde der Schneeregen heftiger, er war so dicht, dass ich das Fernlicht nicht einschalten konnte. Am Ziel tippte ich den Code für das Tor in mein Handy. Der Bewegungsmelder ließ die Gartenlampen aufflammen, ich fuhr vor das Ateliergebäude.
«Komm», forderte ich Juri auf. «Du hast doch den Schlüssel dabei?»
«Was willst du im Atelier?»
«Das wirst du gleich sehen.» Ich schob Juri ins Haus, schaltete das Licht ein und dimmte es auf das Minimum. Dann führte ich ihn zu der Schlafcouch und klappte sie auf.
«Ich erwarte nichts von dir. Leg dich einfach hin und entspann dich.» Ich küsste Juri auf die Wange, nahm ihm das Samtjackett ab und knöpfte sein Hemd auf. Nachdem ich ihn rücklings auf die Couch bugsiert hatte, zog ich ihm Schuhe und Socken aus. Dann kniete ich mich mit gespreizten Beinen über ihn, küsste seinen Hals, knabberte an seinen Schlüsselbeinen, streichelte ihm die Haare und die Wangen. Die Haut unter dem Hemd war weiß und glatt, ich fühlte die Rippen unter meinen Fingern. Ich rieb Juris Brustwarzen, glitt mit der Zunge darüber, spürte seine Erektion. Da entkleidete ich ihn ganz und nahm seinen Penis in den Mund, er schmeckte nach Schweiß und Salz. Juri griff in meine Haare und gab mir den Takt vor. Ich war auf seltsame Weise glücklich, als ich sein Stöhnen hörte und die immer heftigeren Stöße spürte. Ich wollte ihm geben, was er brauchte.
Juri schluchzte auf, als er kam. Ich schluckte sein Sperma und küsste seinen Bauch, dann kroch ich langsam höher und nahm ihn in die Arme, sodass sein Kopf auf meinem gepolsterten BH lag. Sein Gesicht war feucht und jung, viel zu jung zum Sterben.
«Hast du das aus Mitleid getan?», fragte er nach einer Weile.
«Almosen gebe ich nicht.» Ich streichelte seine Haare.
«Jede andere Frau hätte geschrien und geweint und mich angefleht, nicht beim russischen Roulette mitzumachen. Du hast seelenruhig zugeguckt.»
«Andere Frauen sind eben anders. Warum in aller Welt hast du dich auf diesen Irrsinn eingelassen?»
Juri antwortete nicht, er wusste wohl, dass es nicht nötig war. Im Atelier war es kühl, ich spürte die Gänsehaut an seinen Armen.
«Was ist dieser Makkonen für ein Typ? Woher kennst du ihn?»
«Er hatte gemeinsame Geschäfte mit Paskewitsch. Sie gehen auch zusammen auf die Jagd, in Finnland und in Russland. Ich habe ihn nie leiden können. Er hatte seinen Spaß daran, zuzugucken, wenn Paskewitsch mich zur Sau machte. Als Rytkönen mich dann zwang, ihn zu begleiten, brauchte ich ganz schnell eine Waffe, und ich wusste, dass ich von Makkonen eine bekommen würde, wenn ich Geld hatte. Aber als ich bei ihm aufkreuzte, war gerade eine Party in Gang, es waren andere alte Bekannte von Paskewitsch da und Frauen und aller möglicher Stoff, von dem ich lieber nichts genommen habe. Makkonen wollte mich triezen, er war ganz sicher, dass ich mich nicht trauen würde, russisches Roulette zu spielen, und dass er mich wieder einmal öffentlich demütigen konnte. Ich habe aber zugestimmt, unter der Bedingung, dass sein Jaguar der Einsatz war. Es waren an die zwanzig Zeugen dabei, es wäre ihm peinlich gewesen, einen Rückzieher zu machen. Das alles ist passiert, bevor ich die Stelle bei Syrjänen bekam. Ich hatte nichts zu verlieren, Rytkönen saß mir ja die ganze Zeit im Nacken. Damals wäre es mir fast egal gewesen, wenn es mich erwischt hätte. Man kriegt es ja gar nicht mehr mit, wie sich die Kugel in die Schläfe bohrt.»
Darauf verließ sich wohl auch Laitio. Ein Schuss, und alles war vorbei. Wir anderen blieben mit unserer Trauer zurück. Doch daran wollte ich jetzt nicht denken. Ich wollte mir auch nicht den Kopf darüber zerbrechen, was ich getan hätte, wenn Juri Pech gehabt hätte. Diese Überlegung war überflüssig, denn er lebte ja. Auch ein Luchs grübelte nicht lange, sondern sprang davon, wenn die Kugel des Jägers ihn verfehlte.
Ich stand auf und trank Wasser, Juri verschwand unter der Dusche. An der Wand hing das Porträt einer schwarzhaarigen Frau mit dem traurigen Hundeblick, den ich auch von Juri kannte. Ich hatte das Bild noch nie gesehen, nahm aber an, dass es ebenfalls Juris Mutter darstellte. Die Frau fror, ihre Haut hatte einen bläulichen Schimmer, und durch ein zerbrochenes Fenster stoben Schneeflocken herein. Sie hielt ein orthodoxes Kreuz in der Hand, dessen Kette gerissen war. Auf dem Tisch neben ihr lagen umgekippte Pillendosen, aus denen Tabletten auf das bestickte Tischtuch gerollt waren.
Ich
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