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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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U-Bahn rappelte so wie früher. Als wir uns der Station bei der Sicherheitsakademie Queens näherten, spürte ich, dass sich die Härchen auf meiner Haut aufrichteten. Auf der Straße schnupperte ich wie ein Tier: Verströmte das thailändische Restaurant immer noch den Geruch von Massaman-Curry? Doch das Restaurant gab es nicht mehr, ein Waschsalon hatte seine Stelle eingenommen, und statt nach Curry roch es nach süßlichem Waschpulver. Das Bagel-Café war noch da, dort hatten wir uns oft Proviant geholt, nachdem wir uns beim Training verausgabt hatten. Bagel mit Räucherlachs und Knoblauchkäse war mein Favorit gewesen.
    Das zweistöckige Gebäude der Sicherheitsakademie Queens hatte einen neuen Anstrich bekommen. Die Wände, die zu meiner Zeit hellblau geleuchtet hatten, waren jetzt terrakottabraun, eine Farbe, die das Gebäude kleiner wirken ließ. Auch die Gegensprechanlage am Eingang war gegen ein neueres Modell ausgetauscht worden, aber wie vor zehn Jahren meldete sich der gute alte Jack.
    «Hilja Ilveskero, ich bin mit Mike Virtue verabredet.»
    «Hilza!» Jack hatte sich nie die Mühe gemacht, die Namen der ausländischen Kursteilnehmer richtig zu lernen, sondern sprach sie aus, wie es ihm gefiel; wir mussten selbst erkennen, wen er meinte. «Mike hat mir gesagt, dass er dich erwartet. Komm rein.»
    Die Tür sprang auf. Auch innen waren die Wände gestrichen worden, doch der Stahlgeruch der ehemaligen Industriehalle lag noch immer in der Luft. Jack stand auf, um mir die Hand zu geben. Er war ein harmlos wirkender, kleiner kahler Bursche, aber wer ihn einmal beim Taekwondo beobachtet hatte, unterschätzte ihn nie wieder. Jack hatte sich eine Brille zugelegt, trug aber immer noch das gleiche Beatles-Shirt wie damals.
    «Den Weg zu Mikes Büro kennst du wohl noch. Heute ist es still hier. Wie geht es dir? Wo wohnst du jetzt?»
    «In Finnland. Da bin ich ja auch geboren.»
    «Richtig, das kleine nordeuropäische Land, wo die Leute Eisbären essen und den ganzen Abend um den Block fahren», sagte Jack. Ich verzichtete darauf, sein Finnlandbild zu korrigieren, und ging den Flur entlang, der mit einem neuen Teppichboden mit Zebramuster ausgelegt war. Offenbar warf die Akademie Gewinn ab.
    Die Tür zu Mikes Büro stand offen, ich klopfte an. Keine Antwort. War die offene Tür ein Zeichen, dass ich eintreten durfte? Mike erwartete mich ja. Oder war es eine Falle? Ich trat ein und huschte sofort hinter die Tür, um nachzusehen, ob dort jemand lauerte.
    Gelächter füllte den Raum. Mike hatte an der Wand Platz genommen, die von der Tür aus nicht zu sehen war, und ich war ihm beinahe in die Arme gestürzt.
    «Die gute alte Hilja! Nicht einmal in der Sicherheitsakademie fühlst du dich sicher!» Mike rollte seinen Stuhl wieder an den Schreibtisch. Ich wunderte mich über sein Benehmen, denn früher hatte er nie Schabernack getrieben.
    Im Prinzip sah Mike unverändert aus. Seine Haare waren so dunkel wie früher, sein mittelgroßer Körper war muskulös. Er trug seine übliche Arbeitskleidung, Chinos, ein Hemd und ein dunkles Jackett, dazu Turnschuhe, in denen er, wenn nötig, einen Spurt hinlegen konnte. Bei genauem Hinsehen entdeckte ich jedoch etwas Neues in seinem Gesicht. Die Haut war gespannt, und die Augen hatten eine seltsame Form, sie wirkten runder als früher, als seien sie künstlich verbreitert worden. Irgendetwas an seinem Äußeren ließ mich an Silvio Berlusconi denken.
    «Möchtest du einen Tee?», fragte Mike, und als ich nickte, griff er zum Telefon. «Hallo, Bianca, bring mir bitte eine Kanne Vanille-Rooibos und zwei Muffins. Ich habe einen Gast.»
    Offenbar war Bianca Mikes neue Sekretärin, die vorige war bereits sechzig gewesen, als ich mein Abschlusszeugnis bekommen hatte. Seit wann aß der Gesundheitsfanatiker Mike Muffins? Als Bianca mit dem Tablett hereinkam, stellte sich heraus, dass die Muffins aus Vollkornmehl, Nüssen und getrockneten Apfelringen gebacken waren, direkt aus dem Sortiment von Whole Foods. Das passte schon eher. Mike rührte eine winzige Menge Vollrohrzucker in seinen Tee und brach daumengroße Stücke von seinem Muffin ab, die er sorgfältig kaute, bevor er sie hinunterschluckte. Er erzählte mir, die Akademie floriere, er habe viermal so viele Bewerber, wie er aufnehmen könne, es kämen ständig Kaufangebote, er halte in ganz Amerika Vorträge und berate die Sicherheitschefs von Spitzenmanagern und ehemaligen Vizepräsidenten. Im Moment schreibe er einen

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