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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Sicherheitsratgeber für normale Bürger, der in einem der größten Verlage der USA erscheinen werde. Er lächelte so breit, wie es seine Gesichtshaut zuließ, seine Zähne waren strahlend weiß, und in den Zwischenräumen war keine Spur von den gemahlenen Nüssen zu sehen.
    Dann erkundigte er sich nach meinem Leben. Hatte ich Familie? Was hatte ich nach meiner Ausbildung an der Sicherheitsakademie getan? Ich antwortete, ich wolle mich noch nicht binden, weil ich beruflich so viel unterwegs sei, und begann dann meine Jobs aufzuzählen. Anfangs nickte Mike zustimmend. Als ich meine Stelle als Sicherheitschefin des Restaurants Chez Monique erwähnte, veränderte sich der Ausdruck seiner Augen. Früher hätte sich sein Gesicht in Falten gelegt, doch jetzt blieb die Haut glatt.
    Dann musste ich meinen schlimmsten Fehler beichten. Ich berichtete von Anita Nuutinen, ihren zwielichtigen Geschäften, ihrem Betrug an Paskewitsch und schließlich von meiner Kündigung und ihren Folgen. Ich erwartete einen Wutanfall und anschließend die Absolution. Aber selbst die Tatsache, dass der Mord an Anita Nuutinen einem obdachlosen Alkoholiker in die Schuhe geschoben worden war, weckte bei Mike keine nennenswerte Reaktion, er forderte mich lediglich auf, weiter zu berichten.
    Plötzlich hatte ich keine Lust mehr. All die Jahre hatte ich mir vorgestellt, Mike könne meine sämtlichen Fragen beantworten und mir in problematischen Situationen helfen. Ich hatte seine Lehren rekapituliert, mir überlegt, was er tun würde, und mir sogar eingebildet, Antworten zu bekommen.
    Obwohl Mike kleiner war als ich, hatte ich ihn immer für groß gehalten. Selbstsicherheit schuf Autorität. Er war nicht mein Abgott gewesen, aber ich hatte ihm die Fähigkeit zugeschrieben, zu verzeihen und zu verurteilen. Während meiner Ausbildung hatte ich mich bemüht, meine Leistungen immer wieder zu steigern, weniger, um die anderen Kursteilnehmer zu überflügeln, als, um Mike zu zeigen, was ich taugte. Und Mike hatte mir sogar das Zimmer bei Marry Higgins besorgt, einer Kusine seiner Frau. Er hatte behauptet, nur ich sei fähig, Marys Zügellosigkeit zu ertragen und sie sogar ein wenig in Schach zu halten. Ich hatte geglaubt, in seinen Augen etwas Besonderes zu sein. Das glaubten ja auch die Frauen, die sich in Spiler und notorische Verführer verliebten – auch sie hielten sich für einzigartige Wesen, die die eingefleischten Verhaltensmuster der Männer ändern konnten. In diese Falle war ich allerdings nie getappt, ich war mit jedem ins Bett gestiegen, der mir gefiel, ob verheiratet oder nicht, und war froh gewesen, dass die gebundenen Männer und ein paarmal auch Frauen mir danach nicht weiter zur Last fielen. Aber bei Mike war es nicht um Sex gegangen. Ich hatte diejenigen Mitschüler verspottet, die unseren Lehrer vergötterten, aber offenbar hatte ich selbst mich nicht anders verhalten.
    Was hatte ich eigentlich erwartet? Dass Mike mich zusammenstauchte, weil ich meine Auftraggeberin im Stich gelassen hatte, dann aber zumindest bildlich seine Hand auf meinen reuigen Kopf legte und mich von meinen Sünden freisprach? Als ich den chirurgisch verjüngten Herrn betrachtete, der mir gegenübersaß, begriff ich, dass mir niemand diese Absolution erteilen konnte.
    Von da an setzte ich meinen Bericht nur noch oberflächlich fort. Ich sprach über Helena Lehmusvuo, ließ die Entführung aber aus. David erwähnte ich mit keinem Wort, ich sagte lediglich, ich hätte zwischendurch in Andalusien und in der Toskana Urlaub gemacht und einen Gelegenheitsjob am Flughafen übernommen. Über das Sans Nom ging ich schnell hinweg, dagegen prahlte ich ein wenig mit meiner derzeitigen Position als Leibwächterin von Julia Gerbolt. Es kam mir vor, als wäre ich mit großen Erwartungen zu einem Treffen mit meiner Jugendliebe gegangen und wunderte mich jetzt, was ich an dem Typen eigentlich gefunden hatte. Mike schien mir zuzuhören, doch sein Gesicht war ausdruckslos, und er reagierte mit keiner Geste oder Zwischenbemerkung. Ich stellte Julia und Syrjänen als finnische Superpromis dar und schmückte meinen Job so glanzvoll aus, wie ich nur konnte. Schließlich hatte ich mich nie gescheut, die Tatsachen zurechtzubiegen.
    «Jetzt bin ich hier in New York, um Julia bei ihren Einkäufen für die Hochzeit zu schützen. Ich habe sie vorübergehend in der Obhut der Wächter des Brautausstatters zurückgelassen. Ihr Vater kommt morgen auch her, er ist ein weißrussischer Diplomat,

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