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Das Netz der Chozen

Titel: Das Netz der Chozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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zum besseren Wachstum der Gräser.
    Wir verbrachten einen Tag und eine Nacht, von Hunger gequält, und sahen ständig nach der dünnen Bodenschicht, die wir über unsere Fäkalien gestreut hatten. Das Virus war da und tat seine Pflicht, erkannten wir.
    Der Wachstumsprozeß setzte ein, wurde beschleunigt, und wir sahen fasziniert zu, wie die Gräser vor unseren Augen in die Höhe schossen.
    Ein flimmerndes Rosa breitete sich über das kleine Beet aus Fäkalien und Erde aus, aber es war nicht einmal annähernd ausreichend für uns beide. Aber der Wachstumsprozeß wurde noch mehr beschleunigt, nahm ein fast atemberaubendes Tempo an, das weit über der Norm lag. Die Halme reiften, starben ab, fielen zu Boden und bildeten neue Nahrung für die nachwachsenden.
    Das Virus tat mit der mageren Grasausbeute der Sonde genau dasselbe, was es mit mir während der Verwandlung getan hatte: es beschleunigte den Prozeß der Zellteilung um ein Vielfaches und gebrauchte das neue organische Material, um mehr zu produzieren.
    »Woher nimmt es nur die Energie dafür?« fragte ich.
    »Von der Beleuchtung«, sagte George. »So wie unsere Pflanzen das Sonnenlicht gebrauchen. Es verwendet die Strahlungsenergie und wandelt Materie in eine andere Form um. Wir werden bald wieder essen können!«
    Ich sah zu, wie aus meiner früheren Schlafkoje ein Dschungel wurde.
    »Ja«, sagte ich düster. »Aber wie können wir das Wachstum stoppen?«

11
    Aber dieses Problem war leicht zu lösen, stellten wir bald fest.
    Als wir den Humus verteilt und eine ausreichende Anbaufläche geschaffen hatten, um uns beide zu ernähren, drehte ich die Beleuchtung herunter. Sofort verlangsamte sich der Wachstumsprozeß. Das Virus schaffte nur soviel, wie die Lichtenergie zuließ.
    Nach einigen Versuchen fand ich die richtige Lichtmenge, um unsere Ernährung sicherzustellen, aber ein Wuchern der Pflanzen zu verhindern. Natürlich mußten sie auch bewässert werden, doch auch für dieses Problem fanden wir rasch eine Lösung: George drückte mit einem Vorderhuf auf den Druckknopf des Wasserhahns, und ich schlürfte einen Mundvoll Wasser, das ich über ein Teilstück unserer kleinen Plantage versprühte. Das reichte, um den Boden feucht zu halten. Und auch die regelmäßige Düngung wurde sichergestellt, auf eine sehr natürliche Weise.
    Einem zivilisierten Menschen mag das alles ziemlich schockierend, fast grotesk erscheinen, vielleicht sogar widerlich, aber einmal blieb uns keine andere Wahl, wenn wir nicht verhungern wollten, und zum anderen waren wir keine Menschen mehr, standen der Natur viel näher als sie. Für uns war es ein völlig normaler und notwendiger Teil unserer Existenz.
    Am vierten Tag spürte ich ein seltsames Drücken in der Bauchgegend, als wenn sich dort etwas bewegte, und gelegentlich traten dumpfe Schmerzen auf. Ich fühlte mich auch schwächer als sonst. Ich sprach mit George darüber, doch er lachte nur.
    »Klar. Sie haben sich so mit Ihren Sorgen und mit der Arbeit beschäftigt, daß Sie nichts anderes bemerkt haben. Betrachten Sie meinen Beutel.«
    Ich tat es; er schien vergrößert und ausgebeult. Auch bei mir stellte ich eine Schwellung fest, genau wie bei George.
    »Die Eier sind ausgebrütet«, sagte George lachend. »In zwei oder drei Tagen ist es soweit!«
    Irgendwie hatte ich die Brutperiode und Mara völlig vergessen. Aber jetzt zeigten sich ihre Folgen, unübersehbar. Es war kein Schwangerschaftsgefühl, kam ihm aber sicher ziemlich nahe.
    Ich erinnerte mich an Maras Schilderung dieses Zustands.
    »He!« rief ich empört. »Sie sollten doch nach acht oder zehn Tagen ausgebrütet sein. Es hat viel länger gedauert.«
    »Wahrscheinlich war die Kälte daran schuld«, meinte George.
    »Oder etwas anderes. Denken Sie daran, daß wir keine unabhängigen Organismen sind — wir leben in Symbiose mit dem Virus.
    Wenn man das Virus ausschaltet, fallen die meisten Prozesse aus, die von ihm geregelt werden. Menschen haben Genmuster, die so etwas dirigieren, wir nicht. Die Viren nehmen die Stelle der Gene ein, der DNA in den Zellen — oder zumindest ihre Funktionen.«
    Ich nickte. Es störte mich nicht mehr so sehr wie früher, da unsere unsichtbaren Partner nun nicht länger unter der Kontrolle einer fremden Intelligenz standen. Auf sich gestellt, tat das Virus nur noch das, was ihm seine eigenen DNA- und RNA-Moleküle diktierten, und nichts anderes — doch diese beruhigende Überlegung führte zu einer möglichen anderen Gefahr, die vielleicht

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